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Hartmut Koschyk
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Frage von Christian E. •

Frage an Hartmut Koschyk von Christian E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Koschyk,

wie stehen Sie denn zur geplanten Novelle des Telemediengesetzes?
Wie Ihnen vielelicht bekannt ist, unterstützen inzwischen fast 85.000 Bürgerinen und Bürger eine Petition gegen diese Novelle - halten auch Sie all´ diese Menschen für potentielle Kinderschänder (wie Ihr Parteifreund zu Guttenberg)?

Ich möchte Ihnen folgende Informationen zum Thema an die Hand geben, die Ihnen vielleicht noch nicht vorliegen:
Laut einer aktuellen Veröffentlichung des CCC (falls Sie diesem nicht vertrauen, die Zahlen sind leicht recherchierbar) liegen 96% der Websites, die auf den Sperrlisten von Dänemark und Finnland stehen, in Europa, den USA, Australien und Kanada, also in Ländern, in denen rechtlich ohne große Probleme gegen Server mit Kinderpornographie vorgegangen werden kann. Dass dies nicht getan wird, obwohl die Server bekannt sind, sondern der Straftatbestand in Deutschland einfach ausgeblendet werden soll, ist schon ein Indiz dafür, dass es eben keinesfalls um die Ausblendung von Kinderpornographie geht - die einfacher und effektiver erreicht werden könnte -, sondern um die Ausblendung von Websites, ohne dass diese mit verfügbaren rechtlichen Mitteln vom Netz genommen werden könnten, weil sie legal sind.

Wenn Sie die Sperrlisten der skandinavischen Länder durchsuchen, was in Deutschland allerdings schon eine Straftat ist, dann werden bzw. würden Sie dort auch Websites von Online-Casinos, legaler homosexueller Pornographie sowie bekannte internationale Web-Foren und private Weblogs finden. Möglich wurde dies dadurch, dass, genauso wie in Deutschland geplant, die Kriterien für zu sperrende Seiten nicht explizit in einem Gesetzestext verankert, sondern geheimgehalten wurden und einer staatlichen Behörde unterlagen. Spätestens hier ist ein Eingriff in die Informationsfreiheit gegeben, da nicht mehr nur Seiten mit illegalem Inhalt unterdrückt werden, sondern auch Seiten, die nach deutschem Recht legal sind.

Hochachtungsvoll,

Christian Eberle

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Eberle,

die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, die derartige oder ähnliche Mechanismen der Zugriffserschwerung auf kinderpornographisches Material im Internet nutzen, sprechen dafür, dass die Zugriffserschwerung in erheblichem Maße wirksam ist. Allein in Schweden werden täglich rund 50.000 Klicks auf kinderpornographische Seiten verhindert. Das zeigt deutlich, dass die Zugriffserschwerung auf kinderpornographisches Material im Internet wirkt. Es ist völlig unbestritten, dass die geplante Zugriffserschwerung nicht zum Verschwinden von Kinderpornographie aus dem Internet führen wird. Aber jeder verhinderte Klick auf eine derartige Internetseite ist nach meiner Überzeugung ein Erfolg.

Die geplante Zugriffserschwerung auf Kinderpornographie im Internet wird die Sensibilität für dieses wichtige Thema in unserer Gesellschaft weiter erhöhen. Es werden aber weitere Anstrengungen und Maßnahmen notwendig sein, um nachhaltige Erfolge gegen Kinderpornographie zu erzielen. Die geplante Zugriffserschwerung ist aber deshalb ein wichtiger Baustein, weil sich die Server, auf denen sich Kinderpornographie befindet, in der Tat zum Teil im Ausland - insbesondere außerhalb der Europäischen Union - befinden. Wenn derartiges Material auf Servern in Deutschland festgestellt wird, wird die sofortige Entfernung des Materials durchgesetzt. Befindet sich der Server allerdings im Ausland - und insbesondere außerhalb der Europäischen Union - können deutsche Behörden hingegen in der Regel die Entfernung kinderpornographischer Inhalte nicht durchsetzen. Die Erschwerung des Zugriffs deutscher Internet-Nutzer auf die entsprechenden Seiten ist in diesen Fällen praktisch der einzige Ansatzpunkt, um die Verbreitung solcher abscheulicher Bilder wenigstens in Deutschland in einem gewissen Umfang zurückzudrängen.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Es gibt auch im Internet keinen Freibrief zur Begehung von Straftaten oder zur Verbreitung von Material, die in jedem anderen Kommunikationsmedium aus guten Gründen untersagt ist. Ein Staat, der nicht in der Lage wäre, der massiven Verbreitung solcher menschenverachtender Inhalte etwas entgegenzusetzen, würde sich in den Augen der Bürgerinnen und Bürger auf Dauer zu Recht unglaubwürdig machen.

Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Koschyk MdB