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Hans-Joachim Otto
FDP
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Frage von Karl-Heinz S. •

Frage an Hans-Joachim Otto von Karl-Heinz S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Otto,

vorweg möchte ich betonen, daß ich mich sehr auf den 13.10.07 und den Freiheitskongress freue. Speziell freue ich mich darüber, daß die FDP die einzige Partei zu sein scheint, die zu dem Thema etwas zu sagen hat. Respekt!
Weiterhin möchte ich an die Frage von Herrn Thomas Müller anknüpfen.
Ich möchte dazu betonen, daß definitiv nicht alle Gesetze die in den letzten Jahren abgenickt wurden, sinnvoll sind!
Jungendschutz ist sicher sinnvoll, wenn er denn überhaupt durchsetzbar wäre. Im Falle der Erotik im Internet geht der Schuss leider genau nach hinten los. Alle großen Firmen der Erotikbranche sind inzwischen ins Ausland abgewandert. Übrig bleiben kleine Firmen (wie meine) die sich an die Gesetze halten und immer mehr ins Hintertreffen geraten. Ich will aber nicht jammern!
Das Problem dabei ist, daß natürlich alle ausländischen Angebote aus Deutschland erreichbar sind. Wo greift dann der Jugendschutz?
Wenn man nun aber solche Aktionen von Arcor auch noch gut heisst, dann bedeutet das definitiv Zensur! Dann wird nämlich zwar dem Jugendschutz zum Recht verholfen, aber leider können dann auch Erwachsene, die durchaus das Recht auf Pornografie haben, diese nicht mehr sehen.
Ich weiss, daß dieses Thema extrem kompliziert ist. Ich weiss aber auch, daß die Erotikindustrie durchaus dazu bereit ist an Lösungen mitzuarbeiten. Sie wissen vielleicht selber, daß viele technische Lösungen bzgl. Internet zuerst von dieser Industrie auf den Markt gebracht wurden.
Ich persönlich erwarte von der Politik in absehbarer Zeit eine Lösung, da ich in einem Land mit Zensur, auch wenn sie sich nur aufs Internet beschränkt, nicht leben möchte.
Meine direkte Frage an Sie: Beschäftigt sich die FDP mit diesem Thema, oder wird sowas wie bei allen anderen eher "unter dem Tisch" behandelt?

Mit freundlichem Gruß
K.-H. Schneider

PS. Erotik ist ja von jeher immer nur "igitt", was aber an den Gesetzen in Deutschland liegt. Bei unseren europäischen Nachbarn sieht das durchaus anders aus.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schneider,

vielen Dank für Ihre Frage. Mich freut es, daß Sie dem Freiheitskongreß der FDP so positiv gegenüberstehen. Vorweg möchte ich Ihnen mitteilen, daß ich nach wie vor konsequent gegen Zensur und Bevormundung eintrete, egal in welchem Bereich der Medien. Im Hinblick auf meine früheren Antworten möchte ich Sie - wie alle anderen Leser auch - bitten, genau zwischen allgemeinen Erläuterungen und der Darstellung meiner eigenen Positionen zu unterschieden. Wenn ich etwa gefragt werde, auf welcher gesetzlichen Grundlage jugendschutzrechtliche Maßnahmen durchgeführt werden, dann weise ich auf das Jugendschutzgesetz und den Jugendmedienschutzstaatsvertrag hin, ohne diese in Gänze gutzuheißen oder abzulehnen. Nun zu Ihren Fragen:

Erstens: ich gebe Ihnen absolut recht, daß Jugendschutzmaßnahmen in Deutschland häufig kontraproduktiv sind, nicht nur im Bereich der Erwachsenenunterhaltung. Ich arbeite mit der gesamten FDP-Bundestagsfraktion ständig daran, die Gesetze zu verbessern. Das ist in Zeiten einer Großen Koalition wahrlich nicht einfach. Insbesondere setze ich auf Selbstkontrollmechanismen, die sich m.E. - so z.B. im Bereich der Unterhaltungssoftware durch die USK - absolut bewährt haben.

Zweitens: mir ist bekannt, daß es Anbieter von Erwachsenenunterhaltung in Deutschland gibt, die an produktiven Diskussionen interessiert sind. Ich persönlich halte auch das Post-Ident-Verfahren für anachronistisch und darüber hinaus ineffektiv, nicht zuletzt auf Grund der von Ihnen beschriebenen Abwanderung ins Ausland, wo Anbieter der deutschen Gesetzgebung gänzlich entzogen sind. Ich hoffe sehr, daß sich vorhandene effektivere Altersverifikationsmaßnahmen durchsetzen werden, die Jugendschutz und Mündigkeit Erwachsener gleichermaßen berücksichtigen. Entsprechende Urteile des BGH bleiben abzuwarten.

Drittens: Sie selbst führen aus, daß ausländische Angebote jederzeit im Internet zu erreichen sind, während deutsche Angebote die volle Härte des Jugendschutzes trifft. Gerade vor diesem Hintergrund ist allerdings auch das Vorgehen Arcors zu sehen. Wer die alleinige "Schuld" beim Zugangsanbieter sucht, der unter Umständen auf Grund des fehlenden staatlichen Zugriffs auf ausländische Inhalteanbieter rechtlich belangt werden könnte, macht sich die Sache zu einfach. Der Staat ist hier in der Pflicht, Haftungsbestimmungen und -ausschlüsse zu präzisieren und so Rechtssicherheit herzustellen. Ohne diese Rechtssicherheit wandern alle Host- und Accessprovider in Deutschland weiterhin auf einem schmalen Grat. Das muß geändert werden.

Schließlich: Selbstverständlich haben erwachsene Menschen das Recht, Erwachsenenunterhaltung zu konsumieren. Auch hier stößt das "Zulässige" natürlich an Grenzen, etwa im Bereich der Volksverhetzung oder der Verletzung der Menschenwürde. Daran will ich auch nicht rütteln. Trotzdem muß die Verbotsschwelle äußerst hoch liegen, damit es nicht zu unzulässigen Grundrechtseinschränkungen kommt. In diesem Sinn setzt sich die FDP-Bundestagsfraktion natürlich nach wie vor mit dieser diffizilen Thematik auseinander.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Otto