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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Frank S. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Frank S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

sehr geehrter herr ströbele,

die grünen traten einnmal mit dem rotationsprinzip an, aus diesem grund frage ich sie:
was halten sie von einer amtszeitbegrenzung von politikern z.b. nach us - muster: 2 x 5 Jahre und finish?
davon könnte man sich u.a versprechen: - ein gegengewicht zum schleichenden trend zum berufspolitiker ohne beruf, - die automatische ablösung verbrauchter,aber selbstherrlich gewordener und nicht rückzugsbereiter politiker, - die auflockerung von verkrustungen und - die verbreiterung des einzugsbereichs von politik und verbesserte chancen für jüngere kandidaten und seiteneinsteiger.
zu kurzen untermauerung: schon der erste bundeskanzler - k. adenauer mußte nach 14 jahren von der eigenen cdu aus dem amt geschoben werden.
unter den versäumnissen der letzten jahre der kohlschen kanzlerschaft leidet die republik noch heute -

mit freundlichen grüßen,

frank schmidt

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schmidt.

Vom Rotationsprinzip in der Politik halte ich viel. 1987 habe ich mich auch streng an die damals bei den Grünen noch geltende Rotationsregelung für Ämter und Mandate gehalten und nach zwei Jahren Abgeordnetentätigkeit im Bundestag nicht wieder kandidiert.
Die Rotation wurde bei den Grünen aber nach heftigen Diskussionen abgeschafft. Inzwischen ist in einigen Landesverbänden an deren Stelle eine sog Neuenquote getreten. In Berlin ist bei der Aufstellung von Landeslisten jeder 3. Platz für eine oder einen Neue/n reserviert.
Ich befürworte die Rotation weiterhin grundsätzlich auch bei Abgeordnetenmandaten, vor allem aber bei Ämtern, in denen Macht ausgeübt wird. Allerdings war die Rotation nach jeweils zwei Jahren gut gemeint, aber nicht praktikabel, weil der ganze heutige Parlamentsbetrieb auf die Länge der Legislaturperiode angelegt ist. Die von Ihnen vorgeschlagene Rotation nach zwei Legislaturperioden wäre sicher praktikabeler.
Allerdings spricht auch einiges dafür, den Fachleuten unter den Abgeordneten weitere Kandidaturen zu erlauben, weil sie für die Parlamentsarbeit doch sehr wichtig und durch Neue schwer ersetzbar. So könne die notwendige Kontinuität gesichert werden. Problematisch ist die Rotation aber, wenn sie nur von einer Partei und dort auch nur von wenigen praktiziert wird. Das kann ungerechte Auswirkungen haben.
Ich selber habe nicht mehr rotiert, seit ich 1998 erneut über die grüne Landesliste in den Bundestag gewählt worden bin.

Die Rotation war ja schließlich abgeschafft. Ich habe nicht eingesehen, daß ich mich wieder als einer der wenigen daran halten soll. Gerade 2002 wollte ich gern die Arbeit im Bundestag fortsetzen. Als ich auf den aussichtsreichen Platz der Landesliste kandidiert habe aber nicht gewählt wurde, habe ich mich um das Direktmandat im Wahlkreis Kreuzberg-Friedrichshain Prenzlauer Berg Ost bemüht und allen Vorraussagen zum trotz gewonnen.
Für Direktmandate gab es bei den Grünen von Anfang an keine Rotationsregelung. Die Erringung der Mehrheit in einem Wahlkreis war so fern und nicht im Bereich unserer Überlegungen. Hier paßt die Rotation ja auch nicht, weil ein Austausch der Kandidaten nicht so einfach ist.
Bei der Bundestagswahl 2009 wurde ich zum 3. Mal im Wahlkreis direkt mit der bisher höchsten Zustimmung weit vor den Mitbewerbern und der Mitbewerberin gewählt. Die Bevölkerung wollte also, daß ich meine Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter fortsetze entgegen dem Grundgedanken der Rotation.
Für politische Wahlämter auf Regierungsebene sollte es die Rotation geben oder die Bevölkerung sollte sie herbeiwählen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele