Schulden für Konsumausgaben: Warum Ihr prinzipielles Nein zu konsumtiven Defiziten?
Sehr geehrter Herr Gysi,
Ich habe den Podcast "Wenn ich mir was wünschen dürfte" mit Ihnen und Jan van Aken gehört und schätze Ihre klare, soziale Fiskalpolitik, warum aber Schulden für Konsum meiden? Volkswirtschaftlich sind Staatsausgaben die Einkommen des Privatsektors. Wenn der Staat z.B. Löhne finanziert, stabilisiert er Nachfrage, Beschäftigung und Steuereinnahmen – gerade in Abschwüngen. Solange Menschen für Arbeit zur Verfügung stehen (Arbeitslose) stärken gezielte Staatsausgaben die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, schöpfen Kapazitäten und steigern Einkommen. Das erhöht private Sparmöglichkeiten und verbessert die Wirtschaftsleistung. Austerität zeigt häufig das Gegenteil. „Konsum“ ist zudem Daseinsvorsorge: Pflege, Bildung, soziale Sicherung – kein vergeudetes Geld, sondern Stabilisierung heutiger Lebensrealität und künftiger Produktivität. Warum also Ihr prinzipielles Nein zu konsumtiven Defiziten; entscheidend ist doch Zielgenauigkeit und die Lage der realen Wirtschaft.

Sehr geehrter Herr T.,
mit Interesse habe ich Ihre Nachricht vom 04. September zur Kenntnis genommen. Selbstverständlich muss der Staat Löhne finanzieren, wenn er selbst Eigentümer einer Einrichtung ist oder es eben um den Staatsdienst geht.
Das Problem ist, dass wir 830.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte zusätzlich Bürgergeld zahlen müssen. Darunter sind nicht wenige Beschäftigte, die in Vollzeit arbeiten. Hier steht ja die Frage, ob wir mit Steuermitteln ersetzen, dass bestimmte Unternehmen zu niedrige Löhne bezahlen. Aber wenn irgendetwas in öffentlicher Hand ist, müssen wir ohnehin aus Steuermitteln die Löhne finanzieren. Das ist auch richtig. Und für die öffentliche Daseinsvorsorge gilt das ohnehin.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi