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Frage von Christoph B. •

Frage an Gregor Gysi von Christoph B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sie haben die Wiedereingliederung der Krim in die russische Förderation als völkerrechtswiedrig (Deutschlandfunk) bezeichnet.
Welche Maßnahme oder welchen Artikel des Völkerrechts sie damit genau meinen, bleibt jedoch unklar. Vielmehr ist schon in Artikel 1 der UN-Charta das Recht auf Selbstbestimmung der Völker (und nicht der Staaten) verankert. Ist die Situation auf der Krim nicht vielmehr so zu interpretieren, dass Russland durch den Einsatz von Truppen eine Wahl über die Unabhängigkeit der Krim erst ermöglicht und damit das Völkerrecht gewahrt hat? Auf welchen Artikel des Völkerrechts beziehen sie sich in ihren Aussagen und hat das Selbstbestimmungsrecht hier nicht ein größeres Gewicht?
Und was ist mit der Regierung in Kiew, welche die Unabhängigkeit der Bevölkerung in der Ostukraine nicht anerkennt und mit militärischer Gewalt zu Unterdrücken versucht? Wiederspricht dieses Vorgehen nicht dem Artikel 1 der UN-Charta?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Borgwardt,

Ihre Nachricht vom 10. Juni hat mich erreicht.
Es gibt das Prinzip der territorialen Integrität von Staaten, das verletzt worden ist. Das gilt aber selbstverständlich auch für den Kosovo oder die Besetzung von Nordzypern durch die Türkei. Hinzu kommt in diesem Falle, dass es ein Vertrag zwischen der Ukraine, Russland, den USA und Großbritannien dergestalt gab, dass die Ukraine sämtliche Atomwaffen aus der früheren Sowjetunion an Russland übergab. Russland hat in diesem Zusammenhang die territoriale Integrität der Ukraine anerkannt und diesen Vertrag unterschrieben. Auch daraus ergibt sich die Völkerrechtsverletzung.

Allerdings habe ich immer wieder darauf hingewiesen, welchen großen Anteil die USA, die NATO und die EU daran haben, dass Putin zu dieser Völkerrechtsverletzung griff. Insbesondere die Androhung, die Ukraine zum Bestandteil der NATO zu machen, hätte bedeutet, dass die russische Schwarzmeerflotte mitten in der NATO gestanden hätte, sich nicht mehr hätte nach der Entscheidung der russischen Regierung bewegen können.

Auch meine Kritik an der Regierung in Kiew war überdeutlich, auch bei meinen Reden vom 13. Und 20. März 2014 im Bundestag. Die so genannten Separatisten sollen ihre Waffen abgeben, von dem Rechtsblock wird dies nicht gefordert. Außerdem muss man aufhören Gewalt an zuwenden, wenn es denn Lösungen geben soll. Meines Erachtens muss das Ganze auf eine hohe Autonomie der Ost- und der Südukraine hinauslaufen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gysi

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