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Frage von Witoslaw K. •

Frage an Gisela Piltz von Witoslaw K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Piltz,

das Urheberrecht verbietet das Vervielfältigen ohne Zustimmung des Urhebers.

Das ist heute nicht mehr durchsetzbar. Kopiertechnik (P2P, VPN-P2P, Darknets, USB-Sticks, Bluetooth-Handys,...) wird den Schutzmaßnahmen (DRM) immer weit vorraus sein.

Kopierschutz verhindert eine Archivierung von Kultur. Bibliotheken und Museen werden in Zukunft heutige DRM-geschützte Werke nur mit hohem Aufwand (nur illegal durch Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen) anbieten können.

Menschen, die sich Lizenzen aus westlicher Welt nicht leisten können, werden ausgeschlossen, obwohl den Urhebern kein Schaden entstünde, wenn diese Menschen freien Zugang zu den Werken hätten.

Weiterverarbeitung von Werken (Mashups, Zusamenstellungen, Änderungen, ...) werden extrem behindert. All das verpassen wir gerade.

Das Tauschen und Schenken von gekaufter Musik und Büchern in digitaler Form ist heute nicht legal möglich.

Bürger werden kriminalisiert, da man ihnen vorgaukelt, sie würden mp3´s kaufen. Dabei erhalten sie nur eine Nutzungslizenz. Verwenden sie es wie Eigentum (verkaufen, verleihen, verschenken, tauschen), verletzen sie Urheberrechte.

Dem entgegen scheint nur ein Argument zu stehen:

Wie entlohnt man die Kreativen, wenn nicht durch Monopol auf Lizenzverkauf?

Sollte man nicht versuchen, das Urheberrecht zu lockern und dieses eine Problem zu lösen, anstatt die vielen des Urheberrechtes zu flicken und dabei riesige Kollateralschäden zu verursachen?

Mit freundlichen Grüßen,
Witoslaw Koczewski

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Koczewski,

Das Thema Urheberrecht in der Informationsgesellschaft ist meines Erachtens ein zentrales Thema, das vielerlei Bereich berührt, wie z.B. die Frage nach Eigentumsverständnis in der digitalen Welt, Verbraucherschutz, Vertrags- und Lizensgestaltungen, also Zivilrecht, aber auch die strafrechtliche Fragen wie die Verfolgung von Urheberrechtsverstößen und nicht zuletzt Fragen nach der Regulierung des Internets bzw. ähnlicher Netze.

Die FDP bekennt sich zu einem starken Urheberrecht, aber zugleich auch zu Bildung. Künstlerisches und wissenschaftliches, literarisches oder musikalisches Schaffen sind zivilisatorische Antriebsfedern, die die Menschheit erst zu dem gemacht haben, was sie ist. Eine Zivilisation wie die unsere ist ohne diese Schaffenskraft nicht denkbar. Schon zu Urzeiten haben Künstler, Poeten oder Literaten Anstöße gegeben und damit die Gesellschaft bewegt. Zugleich haben Künstler und Wissenschaftler schon fast von Anbeginn der Menschheit von ihrem Können gelebt, mithin mit ihrem Schaffen auch ihren Lebensunterhalt verdient. Dies mag für einige nicht der eigentlich Antrieb sein, sich in Wort, Schrift oder Bild auszudrücken, zu forschen oder zu erfinden, doch umgekehrt ist es kaum denkbar, dass ohne die Aussicht auf eine auch monetäre Verwertung der eigenen Werke kaum der zivilisatorische Stand von heute hätte erreicht werden können. Das Streben des Menschen, mit den ihm mitgegebenen oder erworbenen Talenten, nach persönlichem Glück zu streben und damit auch den Lebensunterhalt verdienen zu können, ist ein nicht wegzudenkender Teil unseres Menschenbildes wie auch unserer Wirtschaftsordnung.

Auf der anderen Seite ist in der Wissensgesellschaft der Zugang zu Wissen - und mithin auch zu urheberrechtlich oder patentrechtlich geschützten Werken - notwendig. Auch unter dem Gesichtspunkt von Transparenz und Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen ist der FDP ein Anliegen, dass die Menschen Zugriff auf Informationen haben. Dies ist ebenfalls Voraussetzung für Eigenverantwortung und Selbstbestimmung. Es gilt daher, faire und angemessene Lösungen zu finden, um ein modernes Urheberrecht für die Informationsgesellschaft zu schaffen, das alle diese Aspekte berücksichtigt.

In der Informationsgesellschaft und mit der Digitalisierung verändern sich selbstverständlich auch die Vertriebswege. Der Erfolg von Angeboten, die faire und transparente Bedingungen zum Download von Musik, Filmen oder Literatur bieten, zeigt, dass ein gerechter Interessenausgleich zwischen Urhebern und Nutzern auch in der Informationsgesellschaft möglich ist. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass neue Vertriebswege auch neue Vertragsformen mit sich bringen können. Während an einer verkörperten Sache, also einer CD, Eigentum erworben werden kann, ist dies bei unverkörperten Werken nicht möglich. Im Übrigen ist es aber auch beim Erwerb einer CD selbstverständlich, dass die darauf befindlichen urheberrechtlich geschützten Werke nicht beliebig kopiert werden können, sondern die Nutzung entsprechend der eingeräumten Nutzungsrechte, die mit dem Erwerb des Ton- oder Bildträgers miterworben wurden, beschränkt ist. Insoweit unterliegt auch der Eigentümer einer CD oder DVD urheberrechtlichen Einschränkungen.

Bei der anstehenden und im Koalitionsvertrag zwischen FDP und CDU/CSU vereinbarten Reform des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft wird zu berücksichtigen sein, dass ein fairer Interessenausgleich zwischen Urhebern, Rechteinhabern und Verbrauchern sichergestellt wird. Hierbei wird auch über die Übertragbarkeit von Lizenzen zu reden sein müssen, wenn zugleich sichergestellt ist, dass beim Veräußerer keine Kopie verbleibt und mithin urheberrechtlich geschützte Werke nicht zum Nachteil der Urheber vervielfältigt werden.

Ihre Auffassung, dass den Urhebern bei unentgeltlicher Nutzung ihrer Werke kein Schaden entstünde, da diejenigen, die die Werke dann nutzen, diese ansonsten nicht gekauft hätten, verkennt, dass es Bestandteil der Urheberpersönlichkeitsrechte ist, über die Verwertung der eigenen Werke selbst zu entscheiden, mithin auch darüber, ob Werke nur entgeltlich genutzt werden können.

Mit freundlichen Grüßen

Gisela Piltz