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Frage von Marco C. •

Frage an Gabriele Frechen von Marco C. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Frechen,

ich frage mich, ob die BRD noch irgendwelche finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Siegermächten und Israel hat.
Leider konnte ich bis dato keine zufriedenstellenden offiziellen Informationen diesbezüglich finden.

Ich wäre Ihnen äußerst verbunden, wenn Sie mir mitteilen könnten a) um welche Summen es sich handelt(e) und b) bis wann die BRD zu zahlen hat(te).
Natürlich möchte ich das gerne mit Bezug auf Quellen!
Ich bedanke mich bereits im voraus für ihre zügige und fundierte Antwort

Mit freundlichen Grüßen

Marco Chalupka

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Chalupka,

vielen Dank für Ihre Frage vom 18. September 2008.

Die nach dem 2. Weltkrieg bestehenden finanziellen Ansprüche der Westalliierten, der Sowjetunion und Israels wurden größtenteils bereits in den 1950er-Jahren erfüllt. Dies geschah unter anderem kurz nach Kriegsende durch die Beschlagnahmung des gesamten deutschen Auslandsvermögens, über dessen Höhe zu diesem Zeitpunkt zahlreiche stark voneinander abweichende Schätzungen bis hin zu 20 Milliarden Reichsmark. existieren. Weiterhin wurden auch alle deutschen Patente, sowie die gesamte deutsche Handelsflotte beschlagnahmt. Hinzu kamen bis 1950 Demontagen von Industrieanlagen in Ost und West, die in der DDR durch den Verzicht der Sowjetunion auf weitere Reparationszahlungen am 1.1.1954 endgültig beendet wurden.

Als Schlusspunkt in Bezug auf die Reparationsansprüche gegenüber der BRD wird allgemein das Londoner Schuldenabkommen vom 27.2.1953 angesehen, dessen Gesamtforderungen sich insgesamt auf 13,73 Milliarden DM beliefen. Die letzte Ratenzahlung im Rahmen dieses Abkommens wurde im Jahre 1988 gegenüber den USA beglichen, was in der Rücksichtnahme der Westalliierten auf die damalige Wirtschaftssituation der BRD begründet liegt. Eventuelle weitere Reparationsforderungen wurden bis zum Zustandekommen eines Friedensvertrages verschoben, der aber durch den Wortlaut des Vertrags über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland vom 12. September 1990 bis heute nicht existiert. Dieser Vertrag sicherte die Souveränität des wiedervereinigten Deutschlands, wurde aber wörtlich „anstatt eines Friedensvertrages“ abgeschlossen, womit eine Umsetzung des Londoner Beschlusses über spätere Reparationsforderungen nicht möglich war.
Eine Teilforderung des Londoner Schuldenabkommens, die sich auf Zinsschulden aus Auslandsanleihen bezieht, wurde wegen der zum damaligen Zeitpunkt gegebenen territorialen Beschränkung auf Westdeutschland bis zur Wiedervereinigung verschoben. Die sogenannte „Schattenquote“ aus Art. 25 des Abkommens ist zahlbar bis 2020 und beläuft sich noch auf insgesamt 95 Millionen Euro.

Belege für diese Aussagen finden Sie unter anderem in den genannten Dokumenten, nämlich insbesondere dem Londoner Schuldenabkommen und dem Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland, auch bekannt als „Zwei-plus-Vier-Vertrag“. Lesenswert zu diesem Thema wäre außerdem das Luxemburger Abkommen von 1952, in dem die Wiedergutmachungszahlungen an jüdische Opfer des Nationalsozialismus geregelt werden.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen angemessen beantworten konnte. Falls weitere Nachfragen bestehen sollten, können Sie sich gerne erneut an mich wenden oder alternativ gerne entsprechende Fachliteratur bzw. auch das Internet nutzen. Ich bin mir sicher, dass auf diesem Wege, etwa mit Hilfe von Informationsseiten wie de.wikipedia.org, Ihrer Bitte nach schneller und fundierter Information entsprochen wird.

Mit freundlichen Grüßen
Gabi Frechen

Quellen:
- „Das Londoner Schuldenabkommen“ von Hermann Josef Abs (Sprecher dt. Delegation), in Zeitfragen der Geld- und Wirtschaftspolitik, Frankfurt 1959
- „Das Londoner Schuldenabkommen. Die Regelung der deutschen Auslandsschulden nach dem 2. Weltkrieg“ von Ursula Rombeck-Jaschinski, München 2005, S. 443 ff.
- „Von deutschen Schulden“ von Jörg Friedrich, Berliner Zeitung vom 09.10.1999
- „Gespenst Reparationen“ von Michael Jach und Thomas Zorn, Focus Nr. 50, 1999
-http://www.bpb.de/publikationen/JNSEQM,0,0,Wiedergutmachung.html (Stand 25.09.2008, 18:28 Uhr)