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Frage von Dirk H. •

Frage an Gabriele Frechen von Dirk H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Frechen
Ich bin alleinerziehender Vater und bin voll Berufstätig in 3 Schichten!
mein Lohn wird mit der Steuerklasse 2 versteuert, dadurch werde ich Steuerlich im Endeffekt genauso behandelt wie ein Alleinstehender in Steuerklasse 1! Das heißt also, das ein verheiratetes Ehepaar ohne Kinder, Die beide Arbeiten, ein Ehepartner in der Steuerklasse 3 und der andere in 5 oder halt in 4 und 4 sind, Monatlich mehr Geld zur Verfügung haben, als ein Alleinerziehender der im Endeffekt die gleichen Lebensunterhaltskosten für sich und seine Kinder Tragen muss!
Und sogar noch hohe Mehraufwendungen durch betreuungskosten, Lernhilfen und etc. hat.
Wieso kann man nicht Alleinerziehenden Eltern die Steuerklasse 3 geben. Dies wäre in meinen Augen gerechter wie das, was bisher gehandhabt wird.
MFG
Dirk Helmer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Helmer,

zuerst einmal bitte ich um Entschuldigung, dass Sie erst heute Antwort bekommen. Die Finanzmarktkrise und die Berichterstattung des Jahressteuergesetzes 2009 ließen keine frühere Antwort zu.

Ich bedanke mich für Ihre Frage vom 16. September. Sie bemängeln darin, dass Ehepartner in den Steuerklassenkombinationen III/V oder IV/IV geringer besteuert werden als ein Alleinerziehender in Steuerklasse II und schlagen die Anwendung der Steuerklasse III für Alleinerziehende vor. Gern nehme ich dazu Stellung.
Ihre Aussage stimmt nur zum Teil. Tatsächlich ist es so, dass das Einkommen eines Alleinstehenden dann höher besteuert wird, wenn in einer Ehe nur ein Partner zu dem Erwerbseinkommen beider Ehepartner beiträgt. Das liegt daran, dass Ehegatten vom Ehegattensplitting profitieren, das unabhängig davon, ob Kinder da sind, gewährt wird. Bei Verheirateten tut man so als ob jeder der beiden Ehegatten zum gleichen Teil zum Erwerbseinkommen beiträgt.

Vergleicht man die Steuerlast eines Alleinstehenden mit der Steuerlast eines Ehepaares, in dem beide das gleiche Einkommen wie der Alleinstehende haben, ergibt sich für alle die gleiche Steuerlast. Sie haben natürlich Recht: Ein Ehepaar, bei dem Mann und Frau jeder 40.000 Euro verdient hat mehr in der Tasche als ein Alleinstehender, der 40.000 Euro verdient. Das liegt aber daran, dass es zwei Einkommen gibt, nicht daran, dass die Ehegatten weniger Steuern bezahlen. Steuerklasse I (Alleinstehender) und Steuerklasse IV (Verheirateter) sind identisch. Die folgende Tabelle soll das verdeutlichen.

Bei der Splittingtabelle wird so getan, als ob jeder Ehegatte denselben Anteil am Familieneinkommen erzielt.
Grund dafür ist, dass jeweils zwei Ehepartner von dem Einkommen leben müssen, egal wer es erzielt.
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Anmerkung der Redaktion
Die Tabelle finden Sie im Anhang.

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Ledige Steuerpflichtige zahlen die gleiche Steuer, die in der Spalte Ehefrau/Ehefrau ausgewiesen ist. Der Vorteil wird also nicht für Kinder sondern für die Ehe als solche gewährt. Deshalb kann dieser Splittingvorteil auch nicht auf Alleinstehende ausgeweitet werden.

Die Besserstellung von Ehegatten ist vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17. Januar 1957 dem Gesetzgeber aufgetragen worden. Hintergrund waren die grundrechtliche Verankerung der Ehe in Artikel 6 des Grundgesetzes sowie der Gleichheitsgrundsatz gemäß Artikel 3 Grundgesetz, wonach Ehepaare mit gleichem Gesamteinkommen gleich belastet werden müssen, und zwar unabhängig von der Verteilung der erzielten Individualeinkommen. Dementsprechend ist das Ehegattensplitting ausdrücklich kein Instrument der Förderung von Familien mit Kindern, sondern allein der Ehe.

Am 10. November 1998 folgte ein weiteres Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches den Gesetzgeber aufforderte, den Haushaltsfreibetrag, der die persönliche Situation der Alleinerziehenden berücksichtigen sollte, in eine steuerliche Entlastung für den Erziehungsbedarf für alle Eltern umzuwandeln und so vom Familienstand unabhängig zu gestalten. Ich weiß um die besondere Situation von Alleinerziehenden. Schon der Besuch des Elternabends in der Schule erfordert einen Babysitter, da kein Partner da ist, mit dem man sich die Aufgabe teilen kann. Das BVerfG hat das leider anders gesehen und meinte aus verfassungsrechtlichen Gründen alle Eltern gleich stellen zu müssen.

Kinder werden unabhängig vom Familienstand der Eltern beim Familienausgleich berücksichtigt. Das Existenzminimum der Kinder muss dazu steuerfrei gestellt werden. Dies wird erreicht durch Kinderfreibeträge sowie durch die Zahlung von Kindergeld, die eine laufende Abschlagszahlung auf den Kinderfreibetrag darstellt. Am Jahresende prüft dann das Finanzamt, was für den Steuerpflichtigen günstiger ist.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen darlegen, warum eine Anwendung der Splittingtabelle für Alleinstehende nicht in Frage kommt. Sollte Sie Rückfragen habe, beantworte ich diese gerne.

Herzliche Grüße
Ihre
Gabi Frechen