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Frage von Roman D. •

Frage an Franz Thönnes von Roman D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Thönnes,

als Stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses können Sie mir vielleicht erklären, warum es separatistische Bewegungen in Europa schwer haben. Ob Schotten, Basken, Katalanen, Südtiroler, Flamen oder gar die Russen auf der Krim: Warum wird das Selbstbestimmungsrecht der Völker selten anerkannt?

Gerade im heutigen Europa, in dem Grenzen zwischen Nationalstaaten kaum mehr sichtbar sind und stattdessen Europaregionen immer wichtiger werden, sollte es doch möglich sein, Referenden abzuhalten, wenn dies ein Großteil der jeweiligen Bevölkerung wünscht.

Warum ist die Loslösung von einem Staat ein so großes Tabu?

Herzliche Grüße,
Roman Deisler

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Deisler,

um ein friedliches Zusammenleben der Völker zu ermöglichen, wurde von den Vereinten Nationen ein gemeinsamer Rechtsrahmen geschlossen (Charta der Vereinten Nationen - Völkerrecht). In diesem ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker (Art. 1, Abs. 2) festgeschrieben, jedoch auch das Recht auf territoriale Integrität oder Unversehrtheit eines Staates (Art. 2, Abs. 4). Beide stehen also in einem Spannungsverhältnis zueinander.

Die Abspaltung bzw. der Übergang eines Gebietes in ein anderes Land ist für die Menschen mit weitreichenden Folgen verbunden. So ist zum Beispiel zu berücksichtigen, dass Existenzen im Vertrauen auf das geltende Rechtssystem aufgebaut wurden und sich die Voraussetzungen durch ein erfolgreiches Referendum drastisch verändern können. Damit wiegt so eine Entscheidung deutlich schwerer, als zum Beispiel ein einfacher gesetzgeberischer Akt in einem anderen Politikfeld. Darüber hinaus birgt die Abspaltung von Staaten auch immer eine Gefahr der Destabilisierung in den jeweiligen Regionen.

Aus diesen nur beispielhaft genannten Gründen gehört sie zu den völkerrechtlich besonders sensiblen Bereichen. Die vorherrschende Position unter Völkerrechtlern ist hierbei, dass eine politische Loslösung nur als letztes Mittel und bei massiven Menschenrechtsverletzungen in Frage kommt. Vielmehr muss das Selbstbestimmungsrecht innerhalb des jeweiligen Staates realisiert werden, z.B. durch Minderheitenschutz sowie Respektierung der jeweiligen Kultur und Sprache.

Als Abgeordneter aus Schleswig-Holstein und mit Blick auf die deutsch-dänische Grenzregion kann ich Ihnen versichern, dass dieser Weg durchaus erfolgreich gestaltet werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Franz Thönnes