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Frank Beß
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Frage von Saul A. •

Frage an Frank Beß von Saul A. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Beß,

vielen Dank, dass Sie sich den Fragen der WählerInnen stellen.

Meine Frage klingt eigentlich ganz einfach: Wenn Sie Mitglied des Bayerischen Landtags werden, würden Sie sich dafür einsetzen, dass mehr freistaatliche/kommunale Betriebe privatisiert werden? Oder sollte nicht eher wieder re-kommunalisiert werden?
Wie sehen Sie die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs?
Wie stehen Sie beispielsweise dazu, die Deutsche Bahn wieder zu entprivatisieren?!?

Zugegeben - ein umfangreiches Thema, vielleicht nehmen Sie sich die Zeit. Würde mich freuen.

MfG

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Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrter Herr Alinski,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte.
Die Frage der Privatisierung von kommunalen Betrieben ist relativ leicht zu beantworten. Die Erfahrungen in dem Bereich, besonders aus den europäischen Ländern Frankreich (Wasserprivatisierung) als auch Großbritannien (Eisenbahn) zeigen deutlich, dass die versprochenen Effekte der Privatisierungen (Steigerung der Effizienz, Wettbewerb und damit niedrigere Preise für die Verbraucher) nicht eintreten sondern im Gegenteil der Bereicherung von Unternehmen dienen und ein Einfallstor für Korruption darstellen, wie man an den s.g. Drehtüreffekten (raus aus der Politik-rein in die Unternehmen und umgekehrt) erkennen kann. Nicht unbeachtet sollte bei dem gesamten Themenkomplex auch die grundsätzliche Frage der Eigentumsverhältnisse bleiben. Ein kommunaler Betrieb gehört letztlich den Bürgerinnen und Bürgern der Kommune. Wird dieser verkauft ist dieses Eigentum in der Regel unwiederbringlich weg. Selbst, wenn sich herausstellt, dass die Leistungen durch die Kommune dann doch besser und günstiger erbracht wurden, wird ein Rückkauf auf Grund der schwachen Finanzlage der Kommunen und der s.g. "Schuldenbremse" nicht mehr möglich sein. Letztlich stellt eine Privatisierung also eine Enteignung der Bürgerinnen und Bürger dar. Das diese auch schleichend voranschreitet z.B. durch s.g. ÖPP (Öffentlich-Private-Partnerschaften) Projekte, ist den wenigsten bekannt. Hierbei treten private Unternehmer als Finanzierer, Bauherren und Betreiber von bspw. Schulen auf, da die Kommunen die hohen Investitionssummen so nicht aufbringen müssen. Im Gegenzug erhalten diese Privaten Betreiber dann langfristige Verträge für den Betrieb mit garantierten Einnahmen. Für die privaten Unternehmen dank der garantierten Einnahmen ein absolut sicheres Geschäft ohne Risiko - für die Kommune eine Verlagerung von Investitions- in Betriebskosten und für die Bürgerinnen und Bürger die Unklarheit, ob die Dienstleistung nicht günstiger und besser von der Kommune selbst hätte erbracht werden können - bleibt außerdem das Risiko der Insolvenz des privaten Unternehmers und damit die Gefahr der Kostenübernahme durch die Kommune, wenn sie denn dann die Schule doch noch behalten möchte.

Mittlerweile werden in Bayern sowohl Justizvollzugsanstalten als auch Autobahnen in diesem Sinne projektiert. Um an dieser Stelle Ihre Frage eindeutig zu beantworten: Ich werde mich im Landtag gegen Privatisierungen und für Rekommunalisierungen einsetzen. Was mir als Gewerkschafter außerdem am Herzen liegt sind die Arbeitsbedingungen in privatisierten Bereichen. Lohndumping, Leiharbeit, befristete Beschäftigung bis hin zu Löhnen die eine Aufstockung notwendig machen (was nichts anderes als eine Subventionierung von Lohnkosten darstellt) sind mögliche Folgen die verhindert werden sollten.

Zum Themenkomplex "Deutsche Bahn" fasse ich mich kürzer. Personalabbau, Verlängerung von Wartungsintervallen, Verlangsamung von Streckenabschnitten auf Grund fehlender Investitionen die lieber in unsinnige Prestigobjekte wie Stuttgart 21 gesteckt werden, Ausfall von Klimaanlagen bis dahin, dass wie jüngst in Mainz geschehen, Bahnhöfe gar nicht mehr angefahren werden, zeigen das Desaster der Bahnprivatisierung. Aus meiner Sicht wäre eine drastische Umkehr der Privatisierung notwendig - realistisch müssten wir zur Umsetzung aber einer Mehrheitskoalition der zukünftigen Bundesregierung angehören, für die kommende Wahl möchte ich Ihnen das noch nicht versprechen ;-)

Öffentlicher Nahverkehr soll nach den Konzepten der Piraten vollkommen umorganisiert werden. Bisher zahlen nur die tatsächlich nutzenden Bürgerinnen und Bürger für den ÖPNV. Regelmäßige Fahrpreiserhöhungen schwächen den ÖPNV weil sie immer mehr Menschen ausgrenzen, die sich die Benutzung nicht leisten können. Die Forderung nach einem Sozialticket bekämpft hierbei nach unserer Meinung nur die Symptome und nicht die Ursachen. Die Piraten fordern einen "ticketfreien" Nahverkehr, der solidarisch finanziert wird (beispielsweise über einen Aufschlag zur Grundsteuer), damit alle Unternehmen und Einwohner gleichermaßen an dessen Finanzierung beteiligt werden. Vertriebskosten der Tickets (bis zu 20% der Gesamtkosten) könnten so eingespart werden. Eine ticketfreie Nutzung würde mittel- und langfristig die Verkehrssituation in den Städten vollkommen umwälzen. Immer mehr Menschen würden statt dem Auto den ÖPNV nutzen, weniger Investitionen in die Infrastruktur "Straße" wären notwendig und ein Ausbau von Bus, Straßen-, S-, und U-Bahn die Folge. Sinkende "Nebenkosten" wie Umweltentlastung und eine gesamte Steigerung der Lebensqualität wären die angenehmen Folgen.

Vielen Dank für Ihr Interesse, falls Sie bis hierhin gelesen haben.

Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Und nicht vergessen - machen Sie Ihren Änderhaken bei der Wahl an der richtigen Stelle!

Mit freundlichen Grüßen

Frank Bess