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Eva Bulling-Schröter
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Frage von Helmuth J. •

Frage an Eva Bulling-Schröter von Helmuth J. bezüglich Umwelt

Ab Herbst dieses Jahres dürfen in Neuwagen angeblich nicht mehr die Kühlmittel eingesetzt werden, die bisher verwendet wurden. Die Mittel mit den Namen R12 und R134a fördern angeblich den Treibhauseffekt.

An diese Stelle könnte dann ein angeblich neu entwickeltes Kühlmittel mit dem Namen HFO-R1234yf (2,3,3,3 Tetrafluorpropen) treten. Dieses Kühlmittel soll laut dem ADAC zwar besser für die Umwelt sein, kostet jedoch deutlich mehr als das bisherige - dabei gäbe es auch billige Alternativen sowie andere Techniken (CO2). HFO-R1234yf berge aber eine Gefahr, es ist leicht entzündbar. Dadurch entsteht ätzende Flourwasserstoffsäure (Flusssäure), die sehr gefährlich (d.h. tödlich) ist.

Selbst die Bundesanstalt für Materialforschung und -Prüfung (BAM) warnt vor dieser Säure.
Der Artikel http://www.autobild.de/artikel/auto-klimaanlagen-gefaehrliches-kaeltemittel-hfo-1234yf-1893003.html deckt auch die finanziellen Vorteile für die Hersteller auf.

Inwieweit besteht die Möglichkeit, die Verbraucher vor der Einführung (Verwendung) dieses gefährlichen Kältemittels und der geschickten Lobbyarbeit zu schützen?

Welche Kältemittel sind für Neuwagen nun zugelassen bzw. kommen in Frage und welche Auswirkungen auf Umwelt und Nutzer haben diese?

Ist eine Rücknahme der Entscheidung geben die bisherigen Kältemittel (mangels Alternativen) absehbar bzw. möglich?

Wie ist der Ablauf der Zulassung eines neuen Kältemittels und inwieweit besteht dabei die Möglichkeit der Einflussnahme von Verbrauchern?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Justin,
vielen Dank für ihre Fragen, die ich hiermit beantworte:

1. Inwieweit besteht die Möglichkeit, die Verbraucher vor der Einführung (Verwendung) dieses gefährlichen Kältemittels und der geschickten Lobbyarbeit zu schützen?

Kaufverweigerung, Klagen, Protest an Politik und Wirtschaft und Petitionen sind vier Wege, die BürgerInnen einschlagen können. VerbraucherInnen können sich vorbeugend mit der Verweigerung des Kaufes von PKW-Modellen mit diesem Klimamittel wehren. Noch sind es nur einige wenige Modelle. Sollte es zu Personenschäden kommen kann man versuchen die Hersteller über die Produkthaftung zu belangen bzw. Klage einreichen. Protestschreiben an Abgeordnete, Industrie, Medien, Verbraucherorganisationen und Automobilclubs helfen. Besonders wenn es sehr viele werden (ab 100.000). Möglich ist auch das Einbringen einer BürgerInnen-Petition im Bundestag.

2. Welche Kältemittel sind für Neuwagen nun zugelassen bzw. kommen in Frage und welche Auswirkungen auf Umwelt und Nutzer haben diese?

Es gibt eine ganze Reihe von technisch möglichen Kältemitteln. Derzeit besteht keine gesetzliche Regelung darüber welche Kältemittel zum Einsatz kommen sollen. Die EU schreibt ab 2011 lediglich einen Grenzwert für die zulässige Klimaschädlichkeit von Kältemitteln für neue Fahrzeugtypen vor. Für den praktischen Betrieb im KFZ ist die Auswahl aus technischen Gründen relativ klein. Die bekanntesten Kältemittel-Varianten für KFZ sind R134 (aktuelles Mittel – klimaschädlich) HFO-1234yf (geplantes Mittel – gesundheitsgefährdend) CO2 (möglich – Einsatz war geplant).

Das Kältemittel von Honeywell-Dupont HFO-1234yf ist technisch möglich und die jetzigen Klimaanlagen müssen nur wenig modifiziert werden. Aus der räumlichen Nähe resultieren jedoch erhebliche Gefahren für Mensch und Gesundheit.

DIE LINKE hat die Einführung von Kohlendioxid als Kältemittel gefordert. Dieser Antrag wurde von der Regierungskoalition niedergestimmt. Im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages wurde das Honeywell-Dupont-Kältemittel seitens der Regierungskoalition absolut verharmlost. Kohlendioxid ist prinzipiell ungiftig, unbrennbar und weist im Vergleich zu anderen Kältemitteln eine extrem niedrige Umweltschädigung auf (GWP =1, gefordert werden seitens der EU-Richtlinie maximal 150). Die Gefahr des Erstickens durch Kohlendioxid bestünde „rein theoretisch“ nur bei einer völligen Verdrängung der normalen Atmosphäre durch den Stoff. Das kann man im Kfz sicher ausschließen.

Die politischen Wege sind fast ausgeschöpft. Warum die Verbraucherorganisationen und Automobilclubs so still halten ist unklar. Die Fraktion DIE LINKE. prüft intern derzeit eine Option zur Zulassungsverordnung, eine Gesundheitsprüfung soll in die Typzulassung eingefügt werden. Juristisch stehen dieser Gesundheitsprüfung viele Hürden im Weg. DIE LINKE. wird sich für die Beseitigung dieser Hürden für eine Gesundheitsprüfung stark machen.

3. Ist eine Rücknahme der Entscheidung gegen die bisherigen Kältemittel (mangels Alternativen) absehbar bzw. möglich?

Die EU-Entscheidung zur Klimaschädlichkeit von Kältemitteln wird angesichts der Mehrheitsverhältnisse nicht zu kippen sein. Ohne massiven Druck der Öffentlichkeit wird es zu keiner Rücknahme der Entscheidung von Schwarz-Gelb für das gesundheitsgefährdende Honeywell-Dupont-Kältemittel kommen. Die deutschen Auto-Hersteller haben sich gegen Kohlendioxid entschieden. Und das, obwohl die Zulieferindustrie entsprechende Geräte serienreif entwickelt hat. Diese werden zum Teil bereits in Bussen, aber auch optional in KFZ der Premium-Klasse eingesetzt. Die Mehrkosten pro KFZ lägen bei ca. 100 Euro. Damals war nicht bekannt, dass das neue Kältemittel HFO-1234yf rund zehnfach teurer ist als das alte Kältemittel. Eine Befüllung wird neben den gesundheitlichen Gefahren mit dreistelligen Mehrkosten sehr teuer.

4. Wie ist der Ablauf der Zulassung eines neuen Kältemittels und inwieweit besteht dabei die Möglichkeit der Einflussnahme von Verbrauchern?

Kältemittel werden zuerst nach der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006, Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zugelassen. Für die Bundesrepublik erteilt das Kraftfahrt-Bundesamt die Typgenehmigung. Die Prüfung des Klimamittels ist nicht Bestandteil der Typprüfung. Verbraucher können sich darum in der Tat nur über öffentlichen Druck einbringen.

DIE LINKE.-Antrag: http://dokumente.linksfraktion.de/drucksachen/19621_1703432.pdf

EU-Verordnung: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:396:0001:084:de:PDF

Mit vielen Grüßen nach Ingolstadt

Eva Bulling-Schröter MdB