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Eike Hovermann
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Frage von Holger F. •

Frage an Eike Hovermann von Holger F. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte r Herr Hovermann,

im Rahmen der demografischen Wandels ist es notwendig das die Bundesregierung Maßnahmen ergreift die dem gegensteuert.

Nun habe ich ein paar Fragen dazu:

1.Wenn in Deutschland zu wenige Kinder geboren werden, warum müssen die Kosten für ein künstliche Befruchtung, bei den ersten 3 Versuchen zur Hälfte und nachher komplett von den zu künftigen Eltern übernommen werden und dies auch nur wenn man verheiratet ist?

Würden Sie einer kompletten Kostenübernahme durch die Krankenkassen zustimmen damit mehr Kinder geboren werden? Auch bei unverheirateten Paaren?

2.Ein anderer Weg wäre die Aufnahme von Menschen aus anderen Ländern allerdings sind hier bei die Einreisebestimmungen eine hohe Hürde. Hinzu kommt noch die unzureichende Integrationsbemühungen der Bundesregierung.

Würden Sie für eine leichtere Integration und besser Förderung die Migranten stimmen?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und für die Beantwortung der Fragen.

Mit freundlichen Wählergruß

Holger Förster

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Förster,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 10. Januar 2009 über das Internetportal Abgeordnetenwatch, in der Sie die gesetzlichen Regelungen zur Übernahme der Kosten für künstliche Befruchtungen durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) kritisieren.

Insbesondere kritisieren Sie, dass die GKV nicht die kompletten Kosten von künstlichen Befruchtungen, sondern lediglich die Hälfte der Kosten für die ersten drei Versuche übernimmt. Zudem kritisieren Sie, dass die Kostenerstattung nur bei verheirateten Paaren gewährt wird.

Ich möchte gerne im Folgenden zu den von Ihnen genannten Punkten Stellung nehmen.

Mit dem gemeinsam von der damaligen rot-grünen Bundesregierung sowie der CDU/CSU ausgehandeltem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) wurde im Jahr 2003 beschlossen, dass die Kosten für künstliche Befruchtungen nur noch zur Hälfte von der Krankenkasse übernommen werden. Mit dem GMG wurde auch festgelegt, dass statt der bislang erstatteten vier Versuche nur noch die ersten drei Versuche von den Kassen (teil-)finanziert werden.

Begründet wurde diese Beschränkung vor dem Hintergrund stetig ansteigender GKV-Ausgaben zum einen damit, dass es sich bei künstlichen Befruchtungen um so genannte „versicherungsfremde Leistungen“ handelt. Zwischen den Gesundheits- und Sozialpolitikern besteht tatsächlich ein Streit darüber, ob es sich bei Infertilität um eine Krankheit handelt, deren Behandlungskosten über das Solidarsystem der GKV erstattet werden sollten oder ob es sich nicht vielmehr um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, die somit aus Steuermitteln finanziert werden sollte. Andere wiederum vertreten die Auffassung, dass es sich bei künstlichen Befruchtungen um Leistungen handle, die nicht zu Lasten Dritter, sondern privat finanziert werden sollten.

Ziel der Gesundheitspolitik ist es, die medizinisch notwendigen Leistungen in der GKV nach Stand der Forschung für alle Versicherten bei einem angemessenen Beitragssatz langfristig finanzierbar zu halten. Daher halte ich persönlich die im Jahr 2003 getroffene Einschränkung des Erstattungsanspruches für künstliche Befruchtungen für einen vertretbaren Kompromiss. Ich halte es aber auch für durchaus sinnvoll darüber nachzudenken, ob – gerade unter dem Aspekt, dass gerade finanziell schlechter gestellte Paare durch den Eigenanteil oftmals davon abgehalten werden, reproduktionsmedizinische Verfahren in Anspruch zu nehmen – nicht das Element der Steuerfinanzierung in Zukunft stärker betont werden müsste.

Mit der Einschränkung der GKV-Erstattung auf drei Versuche wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass die meisten Versuche der künstlichen Befruchtung leider sehr häufig erfolglos bleiben. Auf 100 Behandlungen kommen gerade einmal 18 geborene Kinder. Entscheidend ist vor allem, dass die Erfolgschancen einer künstlichen Befruchtung nach dem dritten Versuch sinken. Die GKV übernimmt also nur für diejenigen Versuche die anteiligen Kosten, bei denen hinreichende Erfolgsaussichten bestehen.

Was die von Einschränkung der Kostenerstattung auf verheiratete Paare anbelangt: Diese Regelung stammt nicht aus dem Jahr 2003, sondern besteht bereits seit dem Jahr 1990.

Jüngst hat aber das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Urteil vom 28. Februar 2007 entschieden, dass die Beschränkung der GKV-Kostenerstattung für künstliche Befruchtung auf verheiratete Ehepaare nicht gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstoße und nicht grundgesetzwidrig sei. Die Richter begründeten ihr Urteil unter anderem damit, dass sie medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Krankheitsbehandlung angesehen würde. Die Ehe ist laut Urteil der Richter „besonders geeignet“, um die Belastungen und Risiken einer künstlichen Befruchtung gemeinsam zu bewältigen. In der Begründung des Bundesverfassungsgerichtes heißt es außerdem: „Die ehelichen Bindungen bieten einem Kind grundsätzlich mehr rechtliche Sicherheit, von beiden Elternteilen betreut zu werden“.

Ich persönlich bin aber auch dafür offen, über eine Lockerung dieser Regelung nachzudenken. Eine enge Beschränkung der Erstattungspflicht auf Ehepaare erscheint mir mehr ganz zeitgemäß, zumal in einigen unserer europäischen Nachbarländern künstliche Befruchtungen auch für unverheiratete, in fester Partnerschaft lebende Paare bereits (teil-)erstattet werden.

Sehr geehrter Herr Förster,

in Ihrem Schreiben argumentieren Sie, dass Sie insbesondere vor dem Hintergrund des drängenden Problems des demographischen Wandels nicht verstehen können, warum künstliche Befruchtungen nicht zur Gänze von der GKV erstattet werden können.

Aufgrund der leider bislang deutlich geringen Erfolgschance der Reproduktionsmedizin halte ich es persönlich für einen Trugschluss, zu hoffen, dass künstliche Befruchtungen tatsächlich einen nachhaltigen Beitrag dazu leisten können, das Problem des demographischen Wandels in Deutschland zu lösen.

Wir brauchen darüber hinaus vor allem gezielte medizinische Präventionsmaßnahmen, wie dies etwa auch das Robert-Koch-Institut ( http://www.rki.de/cln_091/nn_199850/DE/Content/GBE/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsT/ungewollte__kinderlosigkeit,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/ungewollte_kinderlosigkeit.pdf ) fordert. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die darauf zielen, die Risikofaktoren für Unfruchtbarkeit, wie etwa Nikotin-, Alkohol- und Drogenmissbrauch, chronische hormonelle Störungen, aber auch Adiposität und Magersucht zu vermindern.

Zum anderen brauchen wir aber auch eine Verbesserung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die dafür sorgen, dass sich die Paare wieder dazu entscheiden, in jüngeren Jahren Kinder zu bekommen – gilt doch das Alter der Paare als deutlicher Risikofaktor für Unfruchtbarkeit. Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich die Eltern auch trauen, mehr als nur ein Kind zu bekommen. Wir müssen versuchen, den Trend zu Ein-Kind-Familie umzukehren.

Lange Ausbildungszeiten und die Schwierigkeit, Beruf und Familie zu vereinbaren, führen leider heute sehr häufig dazu, dass die Entscheidung, Kinder zu bekommen, immer weiter nach hinten verschoben wird. Hierbei spielen – neben vielen anderen Faktoren – auch die fehlenden Betreuungsangebote für jüngere Kinder eine entscheidende Rolle, die es vielen Eltern erschweren, nach der Geburt ihren alten Job wieder aufzunehmen.

Die SPD setzt sich seit jeher engagiert für familienpolitische Lösungen ein, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Stichpunktartig seien hier unter anderem genannt: Elterngeld, Elternzeit, Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, steuerliche Begünstigung von Kinderbetreuungskosten und die Verbesserung von Betreuungsangeboten für jüngere Kinder.

Zum Abschluss möchte ich noch kurz auf Ihren zweiten Fragekomplex eingehen. Kurz: Ja, ich glaube, dass Zuwanderung eine entscheidende Rolle zur Abfederung des demographischen Wandels bedeuten kann. Und: Ja, ich bin für eine leichtere Integration und bessere Förderung der Migranten.

Hierzu möchte ich auf das Konzeptpapier „Integrationspolitik geht uns alle an“ verweisen, in dem sie die zentralen Positionen der SPD zur Integrationspolitik nachlesen können. Sie finden dieses Papier auf der Internetseite meines Fraktionskollegen Fritz Rudolf Körper ( http://www.koerperspd.de/homepage/content/2007/c_2007-07-13_1_b_integration.pdf )

Mit freundlichen Grüßen

Eike Hovermann, MdB