Portrait von Dagmar Enkelmann
Dagmar Enkelmann
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Dagmar Enkelmann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Susanne H. •

Frage an Dagmar Enkelmann von Susanne H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Enkelmann,

Meine Frage ist: Haben Sie Kenntnisse über die Beschäftigungspolitik der aktuellen Bodenabfertigungsfirma am Flughafen (globeground/ seit einigen Jahren von WISAG übernommen)?

Denn ich finde, dort sind einige Arbeitsbedingungen unsozial, ungerecht und nicht akzeptabel.

Mein Fall: gemeinsam mit ca. 30-40 (insgesamt über die Jahre sicher Hunderte) anderen Erwerbslosen habe ich bei der Firma globeground, (die für die großen Airlines die Passagier- und Flugzeugabfertigung betreibt), am Flughafen TXL und SXF in Kooperation mit Jobcenter und gaetan data GmbH ein "Praktikum" absolviert. Eine Maßnahme, die immerhin vom Steuerzahler subventioniert und von der Politik indirekt "abgesegnet" ist.

Die Arbeitsbedingungen: 5 Monate lang 30-40 Stunden pro Woche, in Schichtarbeit ohne Bezahlung bzw. bei weiterhin Bezügen von AlgII, ohne Rentenversicherungsbeiträge, ohne anschließenden Arbeitsvertrag. Einzige Option im Anschluss an die Maßnahme, die am 09.05.12 endet: bei der globeground/WISAG angegliederten Zeitarbeitsfirma waps sich zu bewerben, für 8,50 Euro brutto, befristet auf ein halbes Jahr.

Das ist für mich nicht akzeptabel und ich bin dadurch erneut arbeitslos, habe aber in den letzten Monaten trotz 40-Stunden-Woche nicht einmal Rentenansprüche erworben!!!

Tut mir leid, wenn das Thema gar nicht zu Ihrem Fachgebiet gehört. Für diesen Fall könnten Sie meine Nachricht entsprechend weiterleiten?

Vielen Dank fürs Lesen,
mit freundlichen Grüßen

Portrait von Dagmar Enkelmann
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Hornig,

die von Ihnen geschilderten Arbeitsbedingungen bei der Bodenabfertigung an den Flughäfen Schönefeld und Tegel sind mir leider nur zu gut bekannt. Auch dass Jobcenter Erwerbslose – andernfalls drohen bekanntlich Sanktionen – in Jobs mit Billiglöhnen und prekärer Beschäftigung drängen, gehört zu den Praktiken, mit denen Betroffene um jeden Preis aus der Arbeitslosen-Statistik gebracht werden sollen.

Auch wenn die Bedingungen nach wie vor vergleichsweise schlecht sind, so hat sich im Bereich der Bodendienstleistungen dank verschiedener Streiks der Gewerkschaft ver.di in den letzten zwei Jahren einiges verbessert, wurden der uneingeschränkten Herrschaft von Flexibilität und Profitorientierung einige Grenzen gesetzt. Es gelang insbesondere, gemeinsame tarifliche Standards und eine Lohnerhöhung für die Beschäftigten beider Bodendienstleister - GlobeGround und Acciona – zu erreichen. So wurde die Abwärtsbewegung der Löhne zunächst wenigstens gestoppt.

Durch die geltenden Tarifverträge ist sichergestellt, dass Mindestlöhne, die durch die Politik im Berliner und auch im Brandenburger Vergabegesetz festgeschrieben sind, eingehalten werden. Allerdings weiß ich sehr wohl, dass bei Einstiegslöhnen um die 1500 Euro monatlich bei einer 36-Stunden-Woche es kaum möglich ist, das tägliche Leben einer Familie zu finanzieren.

Verschärft wird das mit der Flexibilisierung durch Leiharbeit. Vor ca. zwei Jahren noch arbeiteten an den Berliner Flughäfen bei der Firma GlobeGround rund 2000 Beschäftigte, nur wenige davon waren in Leiharbeitsverhältnissen. Mittlerweile soll bei GlobeGround die Stammbelegschaft 1500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern betragen. Zugleich sollen rund 500 Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeiter beschäftigt sein. Die Situation droht sich weiter zu verschärfen, wenn - wie geplant - die Flughafengesellschaft eine dritte Lizenz für die Bodenverkehrsdienste vergibt. Aus Sicht der Gewerkschaft ver.di bedarf es am BER aber keiner dritten Lizenz.

Wie Sie sicher wissen, fordert DIE LINKE seit langem u.a. einen Mindestlohn von 10 Euro, die Abschaffung prekärer Beschäftigungsverhältnisse wie Leiharbeit sowie das Verbot von Sanktionen gegen Bezieherinnen und Beziehern von ALG II, damit diese nicht gezwungen sind, prekäre Arbeitsverhältnisse einzugehen. Dafür gibt es gegenwärtig leider keine parlamentarischen Mehrheiten. Um diese wird DIE LINKE aber weiter kämpfen.

Um die Arbeitsbedingungen in der Bodenabfertigung zu verbessern, wäre es sicher hilfreich, die Eigner - die Länder Berlin und Brandenburg und den Bund - aufzufordern, dass bei Ausschreibung und Auftragsvergabe soziale Standards eingefordert werden, die über das tarifvertragliche Mindestniveau hinausgehen. In dem Zusammenhang habe ich Ihre Hinweise auch an die zuständigen Fachleute in der Fraktion weitergeleitet.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dagmar Enkelmann