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Christian Ahrendt
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Frage von Jürgen M. •

Frage an Christian Ahrendt von Jürgen M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ahrendt,

Was genau verstehen Sie unter dem derzeit vieldiskutierten Begriff „Online-Durchsuchung"? Befürworten Sie diese Maßnahme oder lehnen Sie diese ab?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Melchior,

Vielen Dank für Ihre interessante Frage. Sie sprechen da ein Problem an, dass momentan ganz oben auf der politischen Agenda steht und auch in der Öffentlichkeit zunehmend kritisch diskutiert wird.

Dieses Thema wurde im letzten Jahr im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Terrorismus diskutiert und von manchen Politikern als ein wichtiger Baustein zur Stärkung der Inneren Sicherheit gesehen. Konkret ist damit die Fähigkeit, PCs durchsuchen zu können, ohne tatsächlich am Standort des Gerätes zu sein gemeint. Diese Methode heimlicher staatlicher Informationsgewinnung wird jedoch aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken mit einer gewissen Distanz betrachtet. Hauptsächlich sollen "Online-Durchsuchungen" im Rahmen der Strafverfolgung, Gefahrenabwehr oder dem Nachrichtendienst eingesetzt werden. Diese Form der Informationsbeschaffung greift jedoch erheblich in die Privatsphäre der Betroffenen ein. Bedenklich ist dabei insbesondere, dass der Eingriff ohne Wissen der Betroffenen erfolgt und dabei große Datenmengen unbemerkt kopiert und zur Auswertung gespeichert werden können.

Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst führen bereits seit 2005 heimliche Online-Durchsuchungen von Computern durch. Grundlage dafür lieferte eine geheime Dienstanweisung des ehemaligen Innenministers Otto Schily (SPD). Auf Antrag der FDP musste die Bundesregierung in einer Sitzung des Innenausschusses die Katze aus dem Sack lassen und einräumen, dass Online-Durchsuchungen von Computern durch Nachrichtendienste des Bundes bereits seit 2005 stattfinden.

Der Gesetzesentwurf zum Thema "Online-Durchsuchungen" von Innenminister Schäuble wurde wie Sie wissen, in den letzten Monaten scharf diskutiert. Dazu soll, dem Willen Schäubles nach die Verfassung entsprechend geändert werden. Das umstrittene Gesetz soll dem BKA die gesetzliche Grundlage zur terroristischen Gefahrenabwehr geben, die ihm durch die Föderalismusreform übertragen wurde. Der wirkliche Streitpunkt zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD liegt nicht in der Frage ob, sondern wann.

Zurzeit ist Nordrhein-Westfalen das einzige Bundesland, in welchem eine Rechtsgrundlage für Online-Durchsuchungen durchgesetzt worden ist. Die Karlsruher Richter prüfen gerade das nordrhein-westfälische Verfassungsgesetz. Ein Urteil darüber wird im März 2008 erwartet. Auf Grundlage dieses Urteils will die Regierung ihr weiteres Vorgehen abwägen. Ich denke, dass die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Durchführung von Online-Durchsuchungen mit großen Herausforderungen verbunden sein wird. Das betrifft insbesondere den extremen Eingriff in die Privatsphäre. Deshalb ist aus Sicht der Liberalen die heimliche Online-Durchsuchung ein massiver Grundrechtsverstoß, worauf zum Wohle des Rechtsstaates verzichtet werden muss. Als bürgerrechtliche Partei lehnt die FDP die von der Bundesregierung geplante Möglichkeit zu Online-Durchsuchungen entschieden ab. Denn auch höchstpersönliche Daten wie Arztrechnungen, die Verwaltung eines Aktiendepots, Bankverbindungen, Tagebucheinträge oder andere persönliche Aufzeichnungen sind so nicht mehr sicher.

Mit freundlichen, liberalen Grüßen

Ihr Christian Ahrendt