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Burkhardt Müller-Sönksen
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Frage von Andreas T. •

Frage an Burkhardt Müller-Sönksen von Andreas T. bezüglich Recht

Lieber Herr BMS,

warum sollen Intendanten genau wie Beamte "auf Nebeneinkünfte verzichten" und Politiker nicht. Bzw. warum verzichten Sie nicht freiwillig als Politiker im Bundestag auf Nebeneinkünfte?

Herzliche Grüße
Andreas Traumer

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Antwort von
FDP

Lieber Herr Traumer,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die mir Gelegenheit gibt, die Unterschiede zwischen einem Beamtenverhältnis und dem Abgeordnetenmandat zu erläutern.

Beamte stehen in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat. Das bedeutet nicht nur eine „Rechtstreue“, die man von allen verantwortungsvollen Bürgerinnen und Bürgern erwarten darf, sondern beschränkt insbesondere das Tätigkeitsfeld. Beamte sind diejenigen Personen, die der Staat wählt um seine Aufgaben zu erfüllen. Staatsrechtlich gehören sie also zur ausführenden Gewalt, der Exekutive (2. Gewalt), und der Staat muss sich auf ihre besondere Weisungstreue verlassen können.
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags hingegen nehmen gemäß Artikel 38 des Grundgesetzes ihr Mandat frei war und sind an Aufträge und Weisungen ausdrücklich nicht gebunden. Sie sind Organ der gesetzgebenden Gewalt, der Legislative (1. Gewalt), die im Auftrag der Wählerinnen und Wähler die Exekutive führt und kontrolliert. Die Teilung der Staatsmacht auf Exekutive, Legislative und Judikative (3. Gewalt) bildet unter dem Schlagwort „Gewaltenteilung“ das Fundament jeder demokratischen Staatsordnung. Würde man nun die Abgeordneten denselben Regeln unterwerfen wie die Beamten, dann würde der Staat die Abgeordneten kontrollieren und nicht umgekehrt. Die Gewaltenteilung wäre faktisch aufgehoben.

Abgeordnete können deshalb durchaus einseitig Interessen vertreten, beispielsweise die ihres Wahlkreises, oder die einer gesellschaftlichen Gruppe, der sie zugehörig sind. Es ist nicht möglich, Abgeordnete wie Beamte strikt und objektiv dem Gemeinwohl zu unterwerfen und Abgeordnete sind auch nicht verpflichtet, ein gleiches durchschnittliches Gesamtinteresse zu vertreten. Sie dürfen – und sollen! – auch Interessen einzelner Interessengruppen vertreten. Gemeinsam mit meinen Fraktionskollegen begrüße ich es außerordentlich, dass es immer wieder Gewerkschaftsvorsitzende im Deutschen Bundestag gegeben hat, die sehr einseitig die Interessen der Arbeitnehmer vertreten haben, obwohl der Kollege als Vorsitzender der Gewerkschaft für die Wahrnehmung gleicher Interessen von der Gewerkschaft Gehalt bezogen hat.

Auch ich schätze die Möglichkeit, neben meinem Mandat als selbstständiger Rechtsanwalt in begrenztem Maße anwaltlich tätig zu sein. Ich bleibe dadurch mit meinem Berufsumfeld im Austausch und kann – wie jüngst in einem urheberrechtlichen Fall – die Wirkung unserer Gesetzgebung unmittelbar überprüfen. Außerdem kann ich so jederzeit in meinen Beruf zurückkehren. Klar ist auch, dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen verpflichtet ihr Mandat erfüllen sollen. Deshalb dürfen sie bei Ausübung einer Nebentätigkeit keinesfalls in materielle Abhängigkeit geraten. Das Abgeordnetengesetz bestimmt ausdrücklich, dass die Ausübung des Mandats im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages steht. Es verpflichtet die MdB, Tätigkeiten und Einkünfte neben dem Mandat anzuzeigen und zu veröffentlichen.
Die veröffentlichungspflichtigen Angaben der Abgeordneten werden von der Verwaltung des Deutschen Bundestages im Internet auf den Profilseiten der Abgeordneten unter www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/biografien/index.html veröffentlicht und laufend aktualisiert. Verstöße gegen die Anzeigepflichten können durch ein Ordnungsgeld geahndet werden, das je nach Schwere des Einzelfalles und nach dem Grad des Verschuldens festgelegt wird. In diesem Zusammenhang nenne ich ausdrücklich auch die Presse, die als sogenannte „4. Gewalt“ eine wichtige Funktion in der demokratischen Kontrolle erfüllt, und deren Veröffentlichungen manche Abgeordnete mehr fürchten als Sanktionen.

Zusammenfassend lässt es sich so formulieren:
Abgeordnete schulden ihren Wählern maximale Transparenz, damit die Wähler entscheiden können, wer ihre Interessen wahrnehmen soll.
Beamte erfüllen ausschließlich die Aufgaben des Staates und schulden ihm besondere Treue.
Und Intendanten erfüllen den Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie gehen ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis ein und werden aus den Beitragsgeldern der Bürgerinnen und Bürger bezahlt. Ich sehe sie damit gegenüber den Beitragszahlern in vergleichbarer Treuepflicht wie Beamte gegenüber dem Staat. Für Nebeneinkünfte bleibt da kein Raum.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Burkhardt Müller-Sönksen MdB