Was sagen Sie zur öffentlich artikulierten Kritik des Bundestagsabgeordneten Leon Eckert (B.90/Die Grünen) am IKEA-Konzern wg. angeblicher systematischer Steuervermeidung?
Sehr geehrte Frau Haßelmann MdB,
um den Sachverhalt nicht wiederholen zu müssen, verweise ich auf meine Frage vom 08.11.24 an Ihren Fraktionskollegen Leon Eckert: https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/leon-eckert/fragen-antworten/haben-sie-fuer-ihren-oeffentlichen-angriff-auf-den-schwedischen-moebelkonzern-ikea-belastbare-beweise
Meine Fragen:
- Wie beurteilen Sie die Kritik von Leon Eckert an IKEA?
- Teilen Sie meine Auffassung, dass Eckert hier den Falschen kritisiert (m.E. müsste die EU-Kommission und nicht IKEA wg. nicht einheitlicher Besteuerung von Konzernen innerhalb der EU kritisiert werden)?
- Würden Sie freundlicherweise Herrn Eckert bei nächster Gelegenheit an meine Frage vom 08.11.24 an ihn erinnern?
In Erwartung Ihrer baldigen, selbstverständlich ehrlichen Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen aus E. (Lkr. F.)
Guido L.

Lieber Herr L.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Frau Haßelmann hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.
Die Stellungnahme von Leon Eckert geht ersichtlich auf ein europäisches Prüfverfahren über mögliche staatliche Beihilfen durch steuerliche Vorteile zugunsten der Inter IKEA Group in den Niederlanden zurück.
Angaben in folgendem Bericht der Grünen Fraktion im Europäischen Parlament zufolge (https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2016/02/studie.pdf) gingen europäischen Ländern durch die steuerliche Behandlung der Inter IKEA Group in der Zeit zwischen 2009 und 2014 ca. eine Milliarde Euro verloren.
Auch unter dem Eindruck dieses Berichtes entschied die EU-Kommission am 18. Dezember 2017, die steuerliche Behandlung der Inter IKEA Group in den Niederlanden zu untersuchen. Gegenstand der Untersuchung waren zwei niederländische Steuerregelungen, die dem Konzern unter Umständen ermöglicht hätten, weniger Steuern zu zahlen. Damit wären unfaire Wettbewerbsvorteile verschafft worden, die wiederum beihilferechtlich unzulässig gewesen wären, so die Befürchtung.
2020 erfolgte dann eine Ausweitung dieses förmlichen Prüfverfahrens gegen die Niederlande. Die Grüne Bundestagsfraktion unterstützt das Prüfverfahren insgesamt.
Wir Grüne setzen uns für eine faire Besteuerung von Gewinnen und eine angemessene Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage bei international agierenden Konzernen – auch auf internationaler Ebene – ein. Dabei steht für uns insbesondere die Eindämmung aggressiver Steuervermeidungsmodelle im Vordergrund. Unser Ziel ist weniger die Kritik an einzelnen Konzernen, die entsprechende aggressive Steuervermeidungsstrategien verwenden, als vielmehr die Verbesserung gesetzlicher Regelungen, die übermäßige Steuergestaltungen verhindern, sowie die schlagkräftige Aufstellung nationaler und internationaler Behörden zur Verfolgung von Finanz- und Steuerkriminalität.
Der Einsatz gegen aggressive Steuervermeidungspraktiken dient dabei nicht nur der Sicherung des Steueraufkommens in Deutschland und Europa, sondern auch der Sicherung eines fairen Wettbewerbs. Unternehmen sollen keine Vorteile aus einem unlauteren Steuerwettbewerb ziehen.
Ende 2023 haben wir im Bundestag daher die Gesetzesgrundlage für die Einführung einer Mindeststeuer beschlossen, die zudem europaweit und auch in anderen Staaten im Rahmen einer OECD-Initiative eingeführt wird. Hierdurch soll erreicht werden, dass eine globale Mindestbesteuerung von Unternehmen sichergestellt wird. Das Ertragsteuerrecht in Europa ist nicht einheitlich und obliegt grundsätzlich den EU-Mitgliedstaaten; eine vollständige Vereinheitlichung ist nach der derzeitigen Rechtslage auf EU-Ebene nicht vorgesehen. Dennoch hat es in den vergangenen Jahren Fortschritte bei der Harmonisierung des Ertragsteuerrechts innerhalb der EU gegeben, die wir begrüßen.
Mit besten Grüßen
Team Haßelmann