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Bijan Djir-Sarai
FDP
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Frage von Edgar K. •

Frage an Bijan Djir-Sarai von Edgar K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Djir-Sarai,

sind Sie der Auffassung, dass ein Arbeitnehmer der in Vollzeit beschäftigt ist, von seinem Einkommen leben und seinen Haushalt bestreiten kann?

Immer mehr Arbeitnehmer haben in den letzten Jahren prekäre Arbeitsverhältnisse annehmen müssen, ohne dass sie von ihrem Verdienst leben können und zusätzlich aufstocken müssen. Inzwischen sind sogar schon Akademiker davon betroffen.

Es ist schade, dass in einem wirtschaftlich so erfolgreichen Land wie Deutschland es noch kein Mindestlohn gibt, der es erlaubt, einfachste Lebensverhältnisse ohne Aufstockung zu finanzieren.

Könnten sich alle schlecht bezahlten Arbeitnehmer solidarisieren, würden die Arbeitgeber schnell erkennen, wie wichtig so gering geschätzte Tätigkeiten sein können und sie entsprechend entlohnen, sodass auch diese Menschen ihre laufenden Kosten aufbringen können.

Ein Mensch, der ganztätig arbeitet, hat ein Recht darauf, dass er mit dem Lohn seiner Arbeit, egal ob als Straßenkehrer, Regalauffüller oder Brotverkäufer, leben und seine monatlichen Belastungen auffangen kann. Diese Lohnkosten haben sich in den Produkt- und Dienstleistungspreisen niederzuschlagen. Auch beim Konkurrenten, sodass es zu fairen, menschenwürdigen Wettbewerb kommt, ohne dass faire Arbeitgeber in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen, wenn sie gerecht entlohnen.

Es grüßt Sie recht herzlich der wahlfreudige Bürger
Edgar Klüppelberg

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Klüppelberg,

ich bin mit Ihnen der Auffassung, dass Arbeitnehmer, die in Vollzeit beschäftigt sind, von ihrem Einkommen leben können müssen. Wer sich anstrengt, soll entsprechend seiner Leistung fair entlohnt werden, gerade auch am unteren Ende der Lohnskala.

Bereits heute gibt es in Deutschland aber nach Tarifvertragsgesetz, Arbeitnehmerentsendegesetz und Mindestarbeitsbedingungengesetz die Möglichkeit, in einzelnen Branchen Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären oder eine Lohnuntergrenze festzulegen. So hat die FDP in den letzten vier Jahren zusammen mit der Union 14 Mindestlöhne für allgemeinverbindlich erklärt - ganz im Gegensatz übrigens zu rot-grün, die zwischen 1998 und 2005 keinen einzigen Mindestlohn eingeführt haben.

Die FDP hat damit für weit über zwei Millionen Beschäftigte Lohnuntergrenzen in der jeweiligen Branche gesetzt. So haben wir bisher zum Beispiel die Stellung von Leiharbeitern oder Gebäudereinigern gestärkt. Wir sind weiterhin der Meinung, dass sich gute Löhne für gute Arbeit vor allem von starken Tarifpartnern vereinbaren lassen. Aufgabe der Politik kann es höchstens sein, die ausgehandelten Löhne für allgemeinverbindlich zu erklären, um kleine Belegschaften zu schützen. Unser Arbeitsmarktmodell ist genau deshalb bereits sehr erfolgreich: Es beruht auf Tarifautonomie und flexiblen Tarifpartnerschaften von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften basiert. Die FDP bekennt sich daher deutlich zur Tarifautonomie.

Pauschale Lohnfestsetzung durch die Politik wird auch der differenzierten Arbeitsmarktlage und den unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in Deutschland nicht gerecht.

Deshalb lehnen wir einen allgemeinen, flächendeckenden Mindestlohn strikt ab. Er spiegelt nicht die unterschiedlichen Verhältnisse der Angestellten wieder. Ein Arbeiter in einem Single-Haushalt im Osten der Republik kann dank der niedrigen Lebenshaltungskosten auch von einem geringeren Lohn gut leben. Einem Familienvater mit zwei Kindern in München wären allerdings wohl auch 8,50€ noch zu gering, denn auch damit müsste er vermutlich weiterhin eine Stütze vom Staat erhalten.

Ein allgemeiner, flächendeckender Mindestlohn politisiert zudem nur die Lohnfindung und verhindert, dass Menschen in den Arbeitsmarkt einsteigen können. Besonders jüngere und diejenigen mit geringer Qualifizierung. Zudem fördert er Umgehungen wie die Schwarzarbeit.

Der Mindestlohn wird damit zu einem sozialpolitischen Bumerang: Die Gruppe der Arbeitnehmer, die durch einen einheitlichen Mindestlohn geschützt werden soll, steht am Ende ohne Arbeitsplatz und mit schlechteren Einstiegschancen da.

Weitere Informationen zur Position der FDP beim Thema Mindestlohn finden Sie unter folgendem Link: http://www.fdp.de/files/1463/Flugblatt_Mindestlohn.pdf

Es grüßt zurück,
Bijan Djir-Sarai

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