Sie fordern einen neuen Vertrag ähnlich der Charta von Paris. Warum sollte Russland einen neuen Vertrag nicht so brechen wie den alten?
Sehr geehrter Herr Rudolph,
im Rahmen des European Peace Projects sagten Sie (Zitat):
„Im Rahmen einer OSZE- Friedenskonferenz fordern wir die Schaffung einer europäischen Sicherheitsarchitektur mit und nicht gegen Russland, wie in der Charta von Paris 1990 festgelegt.“
https://www.facebook.com/watch/?v=1010078864583450
Die von Ihnen zitierte Charta hat kein Verfallsdatum und ist nach wie vor gültig. Die Charta verpflichtet die Unterzeichnerstaaten in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen und der Schlussakte von Helsinki, sich jeder gegen die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit eines Staates gerichteten Androhung oder Anwendung von Gewalt oder jeder sonstigen mit den Grundsätzen oder Zielen dieser Dokumente unvereinbaren Handlung zu enthalten. Dagegen hat Russland verstoßen. Wie auch gegen die Schlussakte von Helsinki und die NATO- Russland- Grundakte. Was würde also ein neuer Vertrag ändern?
Danke für Ihre Mühe.

Bei der Beantwortung Ihrer Frage muss man die Hintergründe des Krieges Russlands gegen die Ukraine berücksichtigen. Sie sind zwar auch aus meiner Sicht keine Rechtfertigung für den Völkerrechtsbruch, können aber zur Erklärung und Einordnung hilfreich sein. Es waren vor allem die wortbrüchige Ausdehnung der NATO bis an die Grenzen Russlands und die Kündigung aller Rüstungskontrollabkommen, die Russlands Vertrauen in eine europäische Sicherheitsarchitektur zerstörten. Insofern muss eine heutige, auf langfristigen Frieden ausgerichtete Architektur die Sicherheitsinteressen aller beteiligten Länder, auch Russlands berücksichtigen und respektieren. Oder, um mit Gorbatschow zu sprechen, wir brauchen ein gemeinsames Haus Europa, in dem jeder leben kann, wie er es für richtig hält und in dem jeder die Sicherheit des anderen respektiert.