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Antje Tillmann
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Frage von Blaise Francis E. •

Frage an Antje Tillmann von Blaise Francis E. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Liebe Frau Tillmann,

nach dem Gesetze zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen gilt ab 2021 eine neue Beschränkung der Verlustverrechnung auf 10.000 € pro Veranlagungszeitraum bei Termingeschäften nach § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG, während die Gewinne aus Termingeschäften aus dem selben Veranlagungszeitraum der vollen Besteuerung unterliegen. Die durch den Bundestag und Bundesrat beschlossene Regelung führt im schlimmsten Fall dazu, dass Steuern gezahlt werden müssen, obwohl faktisch ein Verlust vorliegt.

Beispiel:

Gewinn aus Termingeschäften 2021: 50.000 €
Verlust aus Termingeschäften 2021: 50.000 €
Faktischer Gewinn minus Verlust 2021: 0 €
Rechtlich ansetzbarer Verlust 2021: 10.000 €
Zu versteuernder Gewinn 2021: 40.000 €

Die Regelung erscheint für mich offenkundig verfassungswidrig zu sein, da die Regelung gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip und das objektive Nettoprinzip aus Art. 3 GG verstößt.

Einen zusammenfassenden Beitrag mit weiteren Berechnungsbeispielen zu dem Thema finden Sie auf der Seite vom Nachrichtensender NTV unter dem folgenden Link:

https://www.n-tv.de/mediathek/sendungen/Zertifikate/Steuerpflicht-trotz-Verlust--article21538592.html

Einen Beitrag aus der steuerrechtlichen Fachliteratur finden Sie hierzu in der Fachzeitschrift Deutschtes Steuerrecht (DStR 2020, Seite 81) mit dem Titel: "Die neue Beschränkung der Verlustverrechnung nach § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG – Schlimmer geht immer!"

In dem Fachbeitrag heißt es u.a.:

"Nachdem der Deutsche Bundestag die im Regierungsentwurf des sog. „JStG 20191“ vorgesehenen Regelungen zur Beschränkung der Verrechnung von Verlusten aus dem Verfall von Optionen und wertlosen Anlageinstrumenten (§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a und Abs. 2 S. 3 EStG) – unter anderem auf Grund der Ablehnung durch den Bundesrat – nicht übernommen hat3, wurde von den Koalitionsparteien im Rahmen der Beratungen des „Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ ein neuer Vorschlag für eine Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften und dem Verfall wertloser Anlageinstrumente in § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG-neu mit Wirkung zum 1.1.2020/1.1.2021 eingebracht4 und ohne weitergehende Diskussion von Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Im Anschluss an den Beitrag der Autoren in DStR 2019, 1239 wird ein Überblick über die neue Vorschrift gegeben und aufgezeigt, dass eine sachgrundlose Begrenzung der Verlustberücksichtigung den gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken wie die ursprünglich vorgesehene Einschränkung des Veräußerungsbegriffes ausgesetzt ist."

Wie stehen Sie zu dem nunmehr ab 2021 geltenden Gesetz und was werden Sie und die FDP in dieser Hinsicht unternehmen?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr E. M.,

danke für Ihre Nachricht. Sie wollten Ihre Frage augenscheinlich nicht mir, sondern einer Kollegin/einem Kollegen der FDP-Fraktion stellen.

Fragen zur ab 2021 geltenden Besteuerung von Termingeschäften habe ich auf Abgeordnetenwatch bereits mehrfach beantwortet. Ich tue das hier gern noch einmal.

§ 20 Abs. 6 EStG sollte bereits im Elektromobilitätsgesetz (JStG 2019) ergänzt werden, wurde aber dort nach wochenlangen zähen Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner SPD zunächst herausgenommen. Die SPD wollte sogar eine komplette Nichtberücksichtigung dieser Verluste erwirken: Hier sollte die bis 2016 geltende Finanzverwaltungspraxis gesetzlich manifestiert und die BFH-Rechtsprechung vom 12. Januar 2016 (BStBl. I 2017 II, S. 264) überschrieben werden. Danach wären Verluste dann in Gänze nicht anzuerkennen gewesen, wenn der Steuerpflichtige eine Option bei Fälligkeit verfallen lässt. Das konnten wir verhindern. Die jetzige Lösung ist ein Kompromiss: Verluste werden anerkannt, aber nur bis zu einer Höhe von 10.000 €. Damit wollten wir zumindest die Kleinanleger davor schützen, einen Totalverlust komplett nicht geltend machen zu können.

Die Unionsfraktion spricht sich grundsätzlich gegen die Nichtberücksichtigung von Verlusten im Rahmen des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 EStG aus und hat in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner auch entsprechend argumentiert: Wie wir auch schon nach dem Beschluss im Finanzausschuss öffentlich formuliert haben, halten wir eine vollständige Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten - unabhängig davon, ob Totalverlust oder einfacher Verlust - weiterhin für sachgerecht. Wir mussten aber mit dem Koalitionspartner einen Kompromiss finden, dem wochenlange Verhandlungen vorausgegangen waren. Ansonsten hätte dieser möglicherweise alle weiteren, wichtigen Steuergesetze blockiert. Unser Koalitionspartner wollte Totalverluste steuerlich überhaupt nicht anerkennen und bestand zunächst rigoros auf einem Nichtanwendungsgesetz zur neuen BFH-Rechtsprechung. Die Regelung ist dank der Hartnäckigkeit der Unionsfraktion aber zumindest besser als die bis 2016 zum Verfall bestehende Verwaltungsauffassung. Die Verfassungsmäßigkeit wurde zuvor vom Bundesfinanzministerium geprüft.

Meine Fraktion ist derzeit mit betroffenen Verbänden im Austausch und führt Gespräche mit diesen. Auch auf unseren Koalitionspartner werden wir nochmals zugehen.

Mit freundlichen Grüßen

Antje Tillmann

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