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Frage von Susanne G. •

Frage an Annette Schavan von Susanne G. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Prof.Dr. Schavan,

meine Frage an sie, warum bekommt nicht jedes Kind in Deutschland Bäfög? Egal ob die Eltern viel oder wenig Geld haben.Ist es nicht so das Bafög ein zinsloses Darlehen ist das es jungen Menschen leichter machen soll eine gute Ausbildung anzustreben. Meiner Meinung nach sollte doch jedes Kind ein Recht darauf haben.
Bafög muß zurückgezahlt werden und warum bekommen dann nur Kinder von Einkommens schwachen Eltern Bafög? Und was heißt Einkommensschwach?
Schulden von Eltern werden nicht angerechnet? Wenn also eine Familie ein Häuschen baut und Zins und Tilgung zahlen muß , ist es doch in den meisten Fällen so das es schwierig wird auch für eine Familie die Gutverdiener sind, noch die zusätzlichen Kosten für ein Studium der Kinder aufzubringen. Es wird immer erzählt das in Deutschland jeder die Möglichkeit hat eine gute Ausbildung zu machen aber offentsichtlich liegt es oft am Geldbeutel der Eltern wie oder was ihre Kinder werden können. Frau Prof.Dr. Schavan ich wäre ihnen sehr dankbar, wenn sie sich mit meinen Fragen auseinander setzen würden. Da ich in der Kommunalpoltik und auch im Elternbeirat unseres Gymnasiums tätig bin, wurde ich in den letzen Monaten öfters von Eltern angesprochen die auch dieser Meinung sind, dass unser Bafögregelung nicht gerecht ist. Es gibt in der heutigen Zeit viele Menschen die sowohl bewußt, als Häuslebauer oder Existensgründer Schulden haben, aber auch ungewollt durch Arbeitslosigkeit oder Krankheit.
Wäre es nicht gerecht die tatsächlichen Einkünfte nach verbleib von Schuldentilgung oder sonstigen Verpflichtungen zum Grundsatz her zunehmen. Denn die Kinder können doch nichts für die Schulden ihrer Eltern.

Vielen Dank für ihre Bemühungen
Mit freundlichen Grüßen

Susanne Grebner

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Grebner,

gerne beantworte ich Ihre Frage vom 7. August 2012.

Das BAföG dient der Verwirklichung der Chancengleichheit im Bildungswesen. Die Förderung wird sowohl für schulische als auch für hochschulische Ausbildungen gewährt, und sie erfolgt im Bereich der Schülerförderung komplett als nicht rückzahlbare Zuschussförderung; für Studierende an Hochschulen wird die Förderung zur Hälfte als zinsloses Darlehen und zur Hälfte als Zuschuss gewährt. Die notwendigen finanziellen Mittel für die Ausbildungsförderung werden von der Allgemeinheit aus steuerfinanzierten Haushaltsmitteln aufgebracht.

Sie werden sicher Verständnis dafür haben, dass eine aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanzierte Sozialleistung wie das BAföG auch dem Interesse der Allgemeinheit an einem sparsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln Rechnung tragen muss. Wenn Eltern grundsätzlich selbst über ausreichendes Einkommen verfügen, wäre es der Allgemeinheit nicht zu vermitteln, warum diese die Ausbildungskosten trotzdem übernehmen müsste. Eine Förderung unabhängig vom Familieneinkommen entspräche daher nicht dem Sinn des BAföG, Unterhaltsleistungen dort zu ersetzen oder zu ergänzen, wo Eltern aus finanziellen Gründen ihren Kindern keine angemessene Ausbildung ermöglichen können.

Als Sozialleistungsgesetz tritt das BAföG daher grundsätzlich nur nachrangig und familienabhängig ein, das heißt, ein Rechtsanspruch auf Ausbildungsförderung besteht nur, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und für seine Ausbildung erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Auf den Bedarf des Auszubildenden werden daher Einkommen und Vermögen des Auszubildenden sowie das Einkommen der nach Bürgerlichem Recht zur Leistung von Ausbildungsunterhalt verpflichteten Eltern angerechnet. Die förderungsrechtlichen Vorschriften des BAföG sind weitestgehend auf die zivilrechtlichen Unterhaltsregelungen des Bürgerlichen Rechts abgestimmt: nach § 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind Eltern verpflichtet, ihrem Kind eine seinen Begabungen und Fähigkeiten angemessene Vorbildung zu einem Beruf zu finanzieren. Daher sind Eltern von in Ausbildung stehenden Kindern grundsätzlich stärker gefordert, ihre beruflichen und wirtschaftlichen Aktivitäten so auszurichten, dass sie die Unterhaltsleistungen aus ihren positiven Einkünften erfüllen können. Dies dient letztlich der Sicherung des Nachrangs der staatlichen Sozialleistung BAföG.

Ausgangspunkt für die Feststellung des Einkommens nach §§ 21 ff BAföG ist die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 Einkommensteuergesetz (Summe der Bruttoeinnahmen abzüglich der für den Berechnungszeitraum zu leistenden Einkommen­steuer, Kirchensteuer sowie der Sozialabgaben und geförderter Altersvorsorgebeiträge, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nicht überschreiten). Abgestellt wird somit auf die reale Leistungsfähigkeit der Eltern beziehungsweise des unterhaltsverpflichteten Elternteils des Auszubildenden. Die Aufwendungen der Eltern für die eigene Lebensführung und die ihrer unterhaltsberechtigten Kinder hat der Gesetzgeber aufgrund seines bei Leistungsgesetzen weiten Ermessenspielraums anhand eines Freibetragssystems in § 25 angemessen berücksichtigt.

Die Höhe der Freibeträge und der Bedarfssätze wird in einem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren - unter Berücksichtigung der Entwicklung der Einkommensverhältnisse und der Vermögensbildung einerseits und der Veränderung der Lebenshaltungskosten sowie der finanzwirtschaftlichen Entwicklung andererseits - ermittelt und alle zwei Jahre auf ihre Angemessenheit hin überprüft und bei Bedarf vom Gesetzgeber angepasst. Die letzte Anpassung ist zum 1. Oktober 2010 erfolgt; im Rahmen des 23. BAföG-Änderungsgesetzes sind die Elternfreibeträge um rund drei Prozent angehoben worden. Für verheiratete oder in einer Lebenspartnerschaft verbundene Eltern wird zum Beispiel derzeit ein Freibetrag von 1605 Euro eingeräumt, und für unterhaltsberechtigte Kinder, die nicht in einer förderungsfähigen Ausbildung stehen, sind jeweils 485 Euro monatlich freigestellt. Das die Freibeträge übersteigende Einkommen der Eltern wird nur zu 50 Prozent angerechnet, jeder Mehrverdienst bleibt also wenigstens zur Hälfte anrechnungsfrei. Als „einkommensschwach“ im Sinne des BAföG kann daher gelten, wer ein Einkommen erzielt, das unterhalb der zustehenden Freibeträge liegt, beziehungsweise diese nicht überschreitet.

Es ist richtig, dass Eltern bei der Ermittlung ihres nach BAföG relevanten Einkommens Schulden grundsätzlich nicht mindernd geltend machen können. Auf der anderen Seite bleibt aber auch vorhandenes Vermögen, wie zum Beispiel der Wert einer (teilweise) abgezahlten Immobilie, unbeachtlich. Die von Ihnen angesprochenen Aufwendungen für die Abzahlung eines Immobilienkredits können also nicht einkommensmindernd geltend gemacht werden, genauso wenig wie aber auch die Miete für eine Wohnung. Diese Kosten gehören zu den allgemeinen Kosten der Lebensführung, die durch die im BAföG gewährten Einkommensfreibeträge pauschal abgegolten werden. Dabei verkenne ich nicht, dass solche Kredit- und Tilgungskosten im Einzelfall hoch sein können und das tatsächlich für die Ausbildung der Kinder zur Verfügung stehende Einkommen stark mindern. Ich bitte jedoch auch hier um Verständnis dafür, dass die Kosten für die private Entscheidung von Eltern mit Kindern, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen und über viele Jahre hinweg abzuzahlen, nicht durch eine spätere, zumindest teilweise, Übernahme der Ausbildungskosten durch den Steuerzahler auf die Allgemeinheit abgewälzt werden können, während der Wert der Immobilie im Familienbesitz bleibt. Geschäftliche Verluste, die Existenzgründern entstehen, können hingegen innerhalb einer Einkommensart, also mit Gewinnen aus dieser Geschäftsgründung, saldiert werden, so dass diese durchaus einkommensmindernd wirken können.

Ich hoffe, dass meine Ausführungen zum besseren Verständnis der förderungsrechtlichen Regelungen des BAföG beigetragen haben und wünsche Ihnen für Ihre Arbeit im Elternbeirat weiterhin viel Erfolg.

Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.
Ihre Annette Schavan