Portrait von Annette Schavan
Annette Schavan
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Annette Schavan zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Ralf B. •

Frage an Annette Schavan von Ralf B. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrte Frau Dr. Schavan,

im Spiegel-online stand heute ein Bericht, in dem Ihnen vorgeworfen wird, die Ergebnisse eines von Ihnen selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens zur Nutzung der Kernenergie bis nach der Bundestagswahl unter Verschluss zu halten, obwohl Ihnen die Ergebnisse bereits sei Juni diesen Jahres vorliegen sollen. Hierbei handelt es sich angeblich um die Studie mit dem Titel "Konzept für ein integriertes Energieforschungsprogramm für Deutschland."

Zitat: "CDU-Forschungsministerin Annette Schavan verhindert einem Zeitungsbericht zufolge, dass eine neue AKW-Studie vor der Wahl an die Öffentlichkeit gelangt."

Ferner heisst es: "Die Union tritt wie die FDP für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken ein. Jedoch wirbt sie im Wahlkampf nicht offensiv dafür. Mit Kernkraft lassen sich kaum Wählerstimmen gewinnen... Allerdings haben sich die Präsidien der Akademien und das Bundesforschungsministerium darauf verständigt, das Konzept erst nach der Bundestagswahl der Öffentlichkeit vorzustellen, da sonst die Gefahr bestünde, dass es im Wahlkampf untergeht oder zerredet wird."

Ich würde es begrüßen, wenn Sie zu diesen Vorwürfen und der Ihnen unterstellen Informationspolitik, auch bezüglich der Gewinnung von Wählerstimmen, noch vor der Bundestagswahl Position beziehen würden.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Ralf Behnke

Portrait von Annette Schavan
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Dr. Behnke,

vielen Dank für Ihre Frage vom 16. September 2009.

Sie sprechen darin die über die Medien verbreiteten Ergebnisse einer angeblich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Auftrag gegebenen Studie an. Die in der Presse veröffentlichte Darstellung, es handele sich dabei um eine Studie, deren Ergebnis die Empfehlung zum Bau neuer Atomkraftwerke sei, ist falsch.

Ich vertrete seit jeher die Position, dass Kernkraft eine Brückentechnologie ist. Solange unser Energiebedarf nicht vollständig durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann, müssen alle Optionen bedacht werden, auch die Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken.

Um offene Fragen der Energieversorgung der Zukunft zu klären, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung ein gemeinsames Gutachten über künftigen Forschungsbedarf der Nationalen Akademie der Naturforscher Leopoldina, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech, und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften gefördert, das ein Konzept für ein integriertes Energieforschungsprogramm liefern soll. Dabei wird der gesamte Energieforschungsbereich umfassend behandelt. Es handelt sich also nicht um eine "Atomstudie". Eine solche wurde weder in Auftrag gegeben noch von der Wissenschaft geliefert.

Im Juni 2009 wurde dem Bundesministerium für Bildung und Forschung von der Wissenschaft ein erster vorläufiger Bericht vorgelegt, der 60 Seiten umfasst, wovon vier Seiten die Kernenergieforschung betreffen. Er enthält weder eine Empfehlung zum Neubau von Kernkraftwerken noch zur Endlagerfrage. Der Bericht bildet die Grundlage für ein ausführliches endgültiges Papier, das von der Wissenschaft bis zum Frühjahr 2010 erarbeitet werden soll. Die Zeit bis dahin soll für vertiefende Analysen genutzt werden. Dieser Zeitplan wurde von der Wissenschaft vorgelegt und von mir so akzeptiert. Dass der Zwischenstand erst nach der Bundestagswahl im Oktober präsentiert werden sollte, war ebenfalls eine Entscheidung der Forscher, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung akzeptiert hat. Dass den Zeitpunkt der Veröffentlichung die Wissenschaft festlegt, ist eine bewährte Selbstverständlichkeit im Dialog von Politik und Wissenschaft. Denn die Wissenschaft darf nicht für politische Zwecke instrumentalisiert werden.

Seit dem Sommer 2009 ist der laufende Prozess auf der Internetseite der acatech - http://www.acatech.de - für die Öffentlichkeit zu verfolgen. Von einem Zurückhalten des Zwischenstands kann also nicht die Rede sein.

Das Verständnis einer unabhängigen Wissenschaft verbietet es, Vorgaben dahingehend zu machen, dass bestimmte Fragen nicht bearbeitet werden. Insofern wäre es im Hinblick auf die objektive wissenschaftliche Betrachtung des komplexen Feldes abwegig gewesen, seitens der Politik vorgeben zu wollen, den Themenkomplex der Kernenergieforschung auszusparen. Genauso abwegig ist der Vorwurf von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, das Bundesministerium für Bildung und Forschung habe den Auftrag erteilt, die Studie solle Möglichkeiten für den Bau neuer Atomkraftwerke untersuchen oder die Suche nach Endlageralternativen vorantreiben.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert mit Nachdruck die Erforschung alternativer Energieformen, damit wir unabhängiger von fossilen Energieträgern wie Erdöl, deren Vorkommen endlich sind, aber auch von der Kernenergie werden. Die sichere und wirtschaftliche Energieversorgung ist eine der Grundvoraussetzungen einer Industriegesellschaft. Wir brauchen eine nachhaltige Energieversorgung, die den Kriterien Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit sowie Klima- und Umweltverträglichkeit Rechnung trägt. Das wird auf absehbare Zeit aber nur mit einem Energiemix möglich sein. Die Forschung muss daher breit angelegt sein. Auf den erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz liegt dabei das Hauptaugenmerk.

Seien Sie herzlich und mit guten Wünschen gegrüßt.

Ihre Annette Schavan