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Frage von Kai M. •

Frage an Annette Groth von Kai M. bezüglich Tourismus

Innerhalb entwicklungspolitischen und tourismuspolitischen Initiativen wird intensiv über die Auswirkungen des zunehmenden Massentourismus auf die Länder des globalen Südens diskutiert.

Sehen Sie hier konkreten Handlungsbedarf? Welche Position nehmen Sie und Ihre Partei zu den Auswirkungen des Massentourismus auf Menschenrechte ein und was wird die Linke unternehmen, um negative Auswirkungen zu verhindern?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Frage.

Das Spannungsverhältnis zwischen Menschenrechten und Tourismus haben mich in der laufenden Legislaturperiode des Deutschen Bundestages sehr intensiv beschäftigt. Im Menschenrechtsausschuss hat die Fraktion DIE LINKE eine ganze Reihe von Initiativen ergriffen, um dieses wichtige Thema mehr als bisher in den Mittelpunkt der politischen Debatten zu bringen. Gemeinsam mit Menschenrechtsgruppen und Organisationen wie z.B. TourismWatch oder den NaturFreunden habe ich intensiv über notwendige Regeln für einen nachhaltigen und mit den Menschenrechten vereinbaren Tourismus gesprochen. DIE LINKE hat durch ihre Initiativen und Anfragen dazu beigetragen, dass die Frage von Menschenrechten und Tourismus von der Bundesregierung mehr als bisher beachtet werden muss.

Die Tourismusbranche ist heute weltweit einer der größten Wirtschaftssektoren und in vielen Ländern einer der wichtigsten Arbeitgeber. Etwa 100 Millionen Menschen sind direkt oder indirekt in Hotels, Reiseunternehmen oder in den Dienstleistungsunternehmen der Tourismusbranche beschäftigt. Weitere etwa 100 Millionen Menschen arbeiten in den Zulieferbetrieben der Tourismusbranche. Das „World Travel und Tourism Council“ (WTTC) schätzt, dass insgesamt etwa 240 Millionen Menschen in dieser Branche arbeiten.

Für viele Länder haben sich die Einnahmen aus dem Tourismus zu einer wichtigen ökonomischen Quelle entwickelt. Im Jahr 2009 beliefen sich die Einnahmen aus Tourismus weltweit auf über 850 Milliarden US-Dollar. Dabei waren Deutschland, die USA und Großbritannien international die Ländern mit den höchsten Tourismusausgaben. Aber auch heute gilt noch: Mehr als 50 Prozent aller Touristinnen und Touristen machen ihren Urlaub in einem europäischen Land. Weltweit waren Frankreich, die USA und Spanien, China und Italien die beliebtesten Urlaubsziele. Die Auseinandersetzung um Menschenrechte im Tourismus ist deshalb vor allem auch eine Auseinandersetzung um die Menschenrechte von Arbeitenden in der Tourismusbranche in den Hauptdestinationen der Tourismusindustrie.

Insgesamt geht die ILO davon aus, dass die Arbeitsbedingungen in der Tourismuswirtschaft häufig schlechter sind, als in vielen anderen Wirtschaftsbereichen. Die Tourismusindustrie ist geprägt von niedrigen Löhnen, langen, unregelmäßigen Arbeitszeiten, häufig fehlender sozialer Absicherung und einer eingeschränkten gewerkschaftliche Organisationsfreiheit in den zum Teil kleinen und mittelständischen Betrieben.

Auch heute findet im Tourismus noch Kinderarbeit statt. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind zwischen 13 - 19 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in der Tourismusindustrie tätig.

Deshalb fordert die Fraktion DIE LINKE, das Recht auf Reisen der Menschen so zu gestalten, dass Menschenrechte anderer dadurch nicht verletzt werden. Reiseanbieter und Tourismusunternehmen müssen die Menschenrechte achten und ökologische Nachhaltigkeit und soziale Kriterien zur Grundlage haben. Der heutige, von wenigen transnationalen Tourismuskonzernen organisierte Massentourismusmarkt ist davon weit entfernt.

Aber nicht nur der Massentourismus, sonder auch der sogenannte „Qualitätstourismus“ kann die Menschenrechte in den Zieldestinationen verletzen. In der Studie, mit dem provokanten Titel „Ballermann war besser“ wurde am Beispiel Mallorca aufgezeigt, dass der Wasserverbrauch durch den Qualitätstourismus massiv zugenommen hat. Der tägliche Wasserbedarf eines einzigen Golfplatzes beträgt bis zu 2.000 Kubikmeter Wasser am Tag, das ist der Tagesverbrauch eines ganzen Ortes mit rund 8.000 Einwohnern.

In Afrika und den regenarmen Regionen führt der massive Wasserbedarf der Golfplätze direkt zu Wasserarmut für die ärmere Bevölkerung. Durch die intensive Pflege des Rasens ist das Wasser in der Umgebung von Golfplätzen häufig mit Schadstoffen belastet. Aber auch der Landverbrauch durch Golfplätze von bis zu 100 Hektar Fläche führt in vielen Regionen Afrikas, zu erheblichen Zielkonflikten mit der ländlichen Bevölkerung.

DIE LINKE setzt sich dafür ein, das Tourismusunternehmen dazu verpflichtet werden, die Auswirkungen von Tourismus auf die Menschenrechte zu prüfen. Von der Bundesregierung fordern wir, dass sie die großen Tourismuskonzerne an die Leine legt, damit nicht das Gewinnstreben der Konzerne zulasten der betroffenen Bevölkerung in den Zielländern durchgesetzt wird.

DIE LINKE will einen „sozialen und nachhaltigen Tourismus“ fördern und tritt deshalb für klare Regeln für die Unternehmen ein.

Mit freundlichen Grüßen

Annette Groth