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Annette Groth
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Frage von Stefan B. •

Frage an Annette Groth von Stefan B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Groth,

in Ihrer Stellungnahme zu meiner Frage zur Besetzung der nigerianischen Botschaft haben Sie sich um die entscheidende Antwort herumgedrückt. Erkennt die Partei Die Linke das Wiener Übereinkommen an oder nicht?

Müssen Recht und Gesetz nicht für alle gelten - egal, ob sie eine richtige oder eine falsche Politik betreiben? Nach Ihrer Antwort verfestigt sich der Eindruck, dass die Linkspartei nur jenen den Schutz des Gesetzes zubilligt, die politisch auf Ihrer Linie liegen.

Dazu würde ich gern wissen: Ist das nur Ihre persönliche Meinung oder die Ihrer ganzen Partei?

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Bauer

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Bauer,

vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Grundsätzlich ist das Wiener Übereinkommen ein wichtiger Teil des internationalen Rechts. Das Wiener Übereinkommen ist eine wichtige Grundlage, zur Sicherstellung von internationalen diplomatischen Beziehungen.

In Ihrer Frage beziehen Sie sich auf den Artikel 22 des "Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen". Dort wird ausgeführt:

/ „(1) Die Räumlichkeiten der Mission sind unverletzlich. Vertreter des Empfangsstaats dürfen sie nur mit Zustimmung des Missionschefs betreten./

/ /

/(2) Der Empfangsstaat hat die besondere Pflicht, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Räumlichkeiten der Mission vor jedem Eindringen und jeder Beschädigung zu schützen und um zu verhindern, dass der Friede der Mission gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird./

/ /

/(3) Die Räumlichkeiten der Mission, ihre Einrichtung und die sonstigen darin befindlichen Gegenstände sowie die Beförderungsmittel der Mission genießen Immunität von jeder Durchsuchung, Beschlagnahme, Pfändung oder Vollstreckung.“/

Das Wiener Übereinkommen fordert von den Empfangsstaat, das er alle geeigneten Maßnahmen unternimmt, die Mission zu schützen. Da bei einem solchen Eindringen in die Botschaft der Entsendestaat betroffen ist, habe ich mich an den Botschafter von Nigeria in Deutschland gewandt und ihm gebeten, von einer Verfolgung der Flüchtlinge abzusehen, da sie aus einer Notsituation heraus die symbolische Besetzung der Botschaft durchgeführt haben. Sie wollten mit ihrer symbolischen Aktion darauf aufmerksam machen, dass die Zusammenarbeit der Botschaft von Nigeria mit den deutschen Behörden zur Abschiebung von Menschen ohne Papiere, in der bestehenden Form inhuman und nicht zu verantworten ist.

Gleichzeitig möchte ich Ihnen zum Nachdenken geben, dass das Grundgesetz gerade aus den Erfahrungen der Geschichte Menschen ein Recht zum Widerstand ausdrücklich einräumt. Das Grundgesetz regelt, dass wenn demokratische und soziale Regeln nicht eingehalten werden, ein Recht auf Widerstand besteht.

Im Grundgesetz steht dazu:

/"Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist."
//Grundgesetz Art. 20 Abs. 4/

Die heutige Asylpraxis hat sich schon lange von einer demokratischen und sozialen Regelung entfernt. Die Festung Europa selektiert Menschen und weist sie in Spannungsgebiete aus. Durch die Festung Europa werden Menschen in lebensbedrohliche Situationen gezwungen. Alleine im Mittelmeer sind bereit mehr als 16 000 Tote zu beklagen.

Wenn Menschen auf dieses tägliche Sterben aufmerksam machen, ist für mich bei einer Güterabwägung zwischen der Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens und der symbolischen Besetzung einer Botschaft meine Solidarität klar: Sie ist bei denjenigen, die für das ureigenste Menschenrecht auf Leben eintreten!

Mit freundlichen Grüßen
Annette Groth