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Annette Groth
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Frage von Lutz H. •

Frage an Annette Groth von Lutz H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Groth,

am 22. September möchte der Papst vor dem Deutschen Bundestag eine Rede halten. Gegen diese Veranstaltung haben sich kritische Stimmen gemeldet, die speziell dieses, allgemein aber auch jedes Religionsoberhaupt für im Deutschen Bundestag fehl am Platz halten. In diesem Zusammenhang haben Bundestagsabgeordnete nahezu aller Fraktionen angekündigt, der Rede des Papstes nicht beiwohnen zu wollen. Einige wollen sich stattdessen an Demonstrationen von Papst-Kritikern beteiligen.

Wie ist Ihre Haltung? Werden Sie im Deutschen Bundestag sitzen, wenn der Papst spricht? Welche Inhalte erwarten Sie von dieser Rede, welche hielten Sie für angemessen?

Mit freundlichen Grüßen

Lutz Horn

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Horn,

Obwohl ich seit meiner frühesten Jugend in kirchlichen Entwicklungsorganisationen aktiv war, habe ich mich immer für die Trennung von Staat und Religion eingesetzt. Ich trete dafür ein, dass der Staat Neutralität gegenüber den Glaubensüberzeugungen der Menschen bleibt. Nur so kann es auch gelingen, das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichster Glaubensauffassungen aktiv zu fördern und zu unterstützen. Deshalb werde ich während der Rede des Papstes nicht im Bundestag sitzen. Eine Rede des Papstes, beispielsweise in einer Kirche, zu der speziell auch die Abgeordneten eingeladen werden, hätte ich begrüßt und mit Interesse verfolgt.

Gerade aufgrund der Erfahrungen Deutschlands mit Auseinandersetzungen über Glaubensfragen haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes dazu bewogen, eine Trennung von Staat und Kirche im Grundgesetz zu verankern und gleichzeitig die aktive Rolle der Kirchen in der Gesellschaft anzuerkennen.

Es ist für mich als menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die sich sehr häufig mit theokratischen Regimen auseinandersetzen muss, nicht vorstellbar, eine Neutralität des Staates einzufordern, wenn auf der anderen Seite der erste Vertreter der katholischen Kirche im Deutschen Bundestag spricht. Der Deutsche Bundestag muss alle Menschen vertreten, gleich welchen Glaubens sie haben. Ich möchte in Zukunft keine Diskussion darüber bekommen, welche Glaubensvertreterinnen und Glaubensvertreter nun das Recht bekommen müssen, auch vor dem Parlament zu sprechen.

Diese Woche war in der Stuttgarter Zeitung zu lesen, dass der Papst "für das Christentum werben und deutlich machen werde, dass dieses nicht störend für Europa sei, sondern seine Wurzel." Vermutlich wird er sich so ähnlich äußern.

Für solche glaubenspolitischen Fragen ist aber der Deutsche Bundestag nicht zuständig. Vielmehr fordere ich seit vielen Jahrzehnten ein, dass sich der Deutsche Bundestag mit sozialer und wirtschaftlicher Ungerechtigkeit, der wachsenden Kluft zwischen arm und reich, der zunehmenden Militarisierung, die täglich Millionen von Euro kostet, den rapide steigenden Rüstungsexporten, die Kriege anheizen, und den zunehmenden Menschenrechtsverletzungen (der unmenschliche Umgang mit Flüchtlingen in unserem Land, um nur ein Beispiel zu nennen) beschäftigen sollte. Hierbei ist es wichtig, dass alle Menschen, gleich welchen Glaubens oder humanistischer Grundauffassung sie sind, beteiligt werden. Der Bundestag muss ihnen, ohne Missionierung und Bevorteilung eines Glaubens, ein Angebot der Zusammenarbeit machen.

Aus diesem Grund werde ich an diesem Tag nicht an der Sitzung im Deutschen Bundestag teilnehmen. Hiermit möchte ich deutlich machen, dass mir die Neutralität des Staates gegenüber allen Religionen und Weltanschauungen sehr wichtig ist.

Mit freundlichen Grüßen

Annette Groth