der letzte Satz des Lobbybriefs klingt wie Werbung in eigener Sache: „Wir möchten hier nicht unerwähnt lassen, dass wir auch mit Ihren Amtsvorgängern bestens zusammengearbeitet haben.“
Das Schreiben an Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) stammt vom März 2022, durch abgeordnetenwatch.de-Recherchen ist es nun erstmals öffentlich geworden. Unterzeichnet haben den Brief der ehemalige Verkehrsminister und heutige Bundestagsabgeordnete Peter Ramsauer (CSU) und Abdulaziz Al-Mikhlafi, Generalsekretär des Unternehmensverbands Ghorfa.
Als arabisch-deutscher Lobbyverband vertritt die Ghorfa in Deutschland die Interessen ihrer Mitglieder und gilt als Türöffner bei der Bundesregierung für arabische Unternehmen. Peter Ramsauer steht dem Lobbyverein seit 2014 als Präsident vor. In den ersten Jahren brachte die Tätigkeit Ramsauer bis zu 84.000 Euro ein. Inzwischen gibt er auf der Bundestagsseite monatliche Einkünfte von 3.750 Euro (“Gewinn vor Steuern”) an.
Mit dem pikanten Lobbyschreiben haben sich die beiden Ghorfa-Vertreter 2022 um einen Termin bei der Außenministerin bemüht. Einen solchen hatte Ramsauer augenscheinlich bereits zuvor am Rande einer Bundestagssitzung angebahnt. Im Gespräch mit Ministerin Baerbock sollte es dann um die Arbeit der Ghorfa und die deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen gehen.
Lobbyarbeit gegenüber der Regierung?
Konfliktpotenzial hat das Lobbyschreiben, weil Ramsauer damit möglicherweise gegen das Gesetz verstoßen hat. Abgeordneten ist es seit Amthor-Affäre und Maskendeals ausdrücklich verboten, bezahlte Lobbyarbeit für Dritte gegenüber Bundesregierung oder Bundestag zu betreiben.
Zum Termin mit der Außenministerin kam es dann übrigens doch nicht: Baerbocks Fachleute sprachen sich wegen einer möglichen Teilnahme Ramsauers gegen ein Treffen mit der Ministerin aus. Stattdessen mussten die beiden Ghorfa-Leute mit der Staatssekretärin im Auswärtigen Amt, Susanne Baumann, vorliebnehmen. Belegt ist, dass sich Ramsauer und der Ghorfa-Generalsekretär während dieses Gesprächs für die Interessen der Lobbyverbandsmitglieder eingesetzt haben.
Ob und mit welcher Konsequenz Peter Ramsauer in seiner Funktion als Türöffner für die Ghorfa gegen das Gesetz verstoßen hat, müsste die zuständige Bundestagsverwaltung prüfen – diese will sich zu möglichen Verstößen von einzelnen Abgeordneten allerdings grundsätzlich nicht äußern. Ramsauer selbst reagierte auf abgeordnetenwatch.de-Nachfrage nicht.
Nicht zum ersten Mal ist Peter Ramsauer Gegenstand unserer Recherchen. Als Topverdiener bei den Nebeneinkünften reagierte der Ex-Minister in der Vergangenheit auch schon mal recht allergisch auf unsere Offenlegungen. Als Ramsauer vom SPIEGEL zu unseren Veröffentlichungen seiner Zuverdienste befragt wurde, diffamierte er abgeordnetenwatch.de kurzerhand als „unseriöse Organisation“. Als ihn ZEIT ONLINE auf seine Doppelrolle als Bundestagsabgeordneter und Lobbyist ansprach, warf er dem Medium „mangelnden Anspruch“ vor.
Ramsauer selbst sieht in seiner Doppelrolle offenkundig kein Problem. Als abgeordnetenwatch.de und ZEIT den CSU-Abgeordneten 2022 nach seiner Ghorfa-Nebentätigkeit fragten, wollte Ramsauer zunächst nicht antworten. Man möge die Anfrage bitte erneut schicken – diesmal an sein Büro als Ghorfa-Präsident. Er trenne „strikt” zwischen der Tätigkeit als Abgeordneter und seinen Nebentätigkeiten.
Wertvolle Türöffner
Der Fall zeigt, warum Politiker:innen und Spitzenbeamt:innen so wertvoll für Unternehmen und Lobbyverbände sind. Dank des kurzen Drahts zu Regierung und Parlament ist ein persönlicher Gesprächstermin oftmals schnell gefunden – die eigenen Interessen lassen sich so bestens platzieren.
Solch privilegierter Zugang ist mit einem fairen Wettbewerb von Interessen nicht vereinbar. In einer Demokratie darf politischer Einfluss nicht von mächtigen Fürsprecher:innen in den eigenen Reihen oder der Größe des Geldbeutels abhängen!
Regelmäßig decken wir mit unseren Recherchen problematische Interessenkonflikte auf – so erzeugen wir immer wieder öffentlichen Druck, der zu verschärfter Lobbyregulierung und weitreichenderen Transparenzpflichten führt.
Vielen Dank für Ihr Vertrauen.
Wertvolle Türöffner
Der Fall zeigt, warum Politiker:innen und Spitzenbeamt:innen so wertvoll für Unternehmen und Lobbyverbände sind. Dank des kurzen Drahts zu Regierung und Parlament, ist ein persönlicher Gesprächstermin oftmals schnell gefunden – die eigenen Interessen lassen sich so bestens platzieren.
Solch privilegierter Zugang ist mit einem fairen Wettbewerb von Interessen nicht vereinbar. In einer Demokratie darf politischer Einfluss nicht von mächtigen Führsprecher:innen in den eigenen Reihen oder der Größe des Geldbeutels abhängen!
Regelmäßig decken wir mit unseren Recherchen problematische Interessenkonflikte auf – so erzeugen wir immer wieder öffentlichen Druck, der zu verschärfter Lobbyregulierung und weitreichenderen Transparenzpflichten führt. Unsere unabhängigen und kritischen Offenlegungen machen Sie mit Ihrer abgeordnetenwatch.de-Förderung möglich. Vielen Dank für Ihr Vertrauen und diese wichtige Unterstützung!
Bitte erhöhen Sie heute die Reichweite unserer Offenlegungen und leiten Sie diese E-Mail und unsere Recherche im Fall Ramsauer an Ihr Umfeld weiter. Bei dieser Gelegenheit helfen Sie uns auch, wenn Sie unseren wöchentlichen Newsletter empfehlen. Und natürlich können Sie unsere Anstrengungen für mehr Transparenz auch heute mit einer zusätzlichen Einmalspende unterstützen – wir wären Ihnen sehr dankbar, denn jeder Beitrag hilft uns.