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Urteil in der Maskenaffäre

Maskendeals waren legal: Eine Reform des Strafrechts ist dringend geboten

Die in der Maskenaffäre beschuldigten langjährigen CSU-Politiker Alfred Sauter und Georg Nüßlein können nicht wegen Bestechlichkeit bestraft werden. Das hat der Bundesgerichtshof am Dienstag, 12. Juli 2022, entschieden und bestätigt damit eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München aus dem vergangenen Herbst.

von Léa Briand, 16.07.2022

Beide CSU-Politiker dürfen ihre Millionen-Honorare behalten und erhalten keine Strafe. Grund hierfür ist der zahnlose Bestechungsparagraph für Mandatsträger:innen (§108e StGB).

Korrupte Abgeordnete können damit nicht wirksam bestraft werden.

Wir fordern deshalb durch unsere Petition "Abgeordnetenbestechung: bestrafen!" eine sofortige, umfassende Reform des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung. Es darf nicht sein, dass gewählte Abgeordnete sich auf Kosten der Steuerzahler:innen persönlich bereichern. Außerdem soll der Bundestag einen Untersuchungsausschuss einsetzen, um die vielen Unstimmigkeiten bei der Beschaffung von Corona-Schutzausrüstung im Jahr 2020 zu durchleuchten.

Der Bundesgerichtshof folgt in seiner Entscheidung dem Oberlandesgericht München in seiner Entscheidung vom November 2021. Demnach liegt eine Abgeordnetenbestechung gemäß Paragraf 108e des Strafgesetzbuches nicht vor, da Sauter und Nüßlein nicht „in der Wahrnehmung ihres Mandates“ agiert haben sollen. Sie hätten lediglich ihre politischen Kontakte und Autorität ihres Mandats genutzt - die Maskendeals aber als Privatpersonen eingefädelt.

Für uns ist es klar: Dass zwei Hauptprotagonisten der Maskenaffäre straffrei davon kommen könnten, ist skandalös. Wer als Volksvertreter:in gewählt wurde, bleibt es auch außerhalb des Parlaments.

Die klare Trennung zwischen dem Status als Mandatsträger:in und der als Privatperson, die das Gesetz vorsieht, ist in der Praxis kaum anwendbar.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs offenbart die Schlupflöcher im Gesetz. Schon seit Jahren bemängeln wir Probleme bei der Bekämpfung von Korruption von Abgeordneten und setzen uns für die Reform des Straftatbestand im Paragrafen 108e ein. Das gravierendste Schlupfloch ist, dass korrupte Abgeordnete nur belangt werden können, wenn nachweisbar ist, dass sie "im Auftrag  oder auf Weisung" gehandelt haben.

Wir appellieren an die Ampel-Koalition, die Reform der Abgeordnetenbestechung, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, schnellstmöglich umzusetzen. Konkrete Vorschläge hierfür liegen seit Jahren auf dem Tisch. Es sollte unbedingt der Eindruck vermieden werden, dass Abgeordnete für sich selbst laxere Gesetze verfassen als für den Rest der Bevölkerung.

Mehrere Politiker:innen der Regierungsparteien haben sich bereits nach dem Urteils des Bundesgerichtshofs in der Presse geäußert.

Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, gegenüber den „Tagesspiegel“:

Die bestehenden Strafbarkeitslücken bei der Bestechlichkeit und Bestechung von Abgeordneten sollten „schnellstmöglich“ geschlossen werden. Wir arbeiten bereits intensiv an einer wirksamen und praxistauglichen Gesetzesverschärfung. Wir werden den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit wirksamer ausgestalten. Dazu stehen wir innerhalb der Ampelfraktionen im engen Austausch miteinander und sind in Gesprächen mit dem Bundesministerium der Justiz.

Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, sagte dem "Tagesspiegel":

Sauter und Nüßlein haben ihr politisches Amt genutzt, um sich persönlich zu bereichern. Das Verhalten ist absolut verwerflich und hat der parlamentarischen Demokratie erheblich geschadet. Das BGH-Urteil muss nun zum Anlass genommen werden, um über wirksame Mittel gegen Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit zu sprechen.
Die Herausforderung wird sein, einen Amtsmissbrauch zu verhindern, ohne dabei die freie Ausübung des Mandats zu beschneiden.

Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, beim Tagesspiegel:

Das Gericht trifft bei dem Vorgang keine Schuld. Es musste auf Grundlage der bestehenden gesetzlichen Regelungen entscheiden. Diese reichen nicht aus. Das wurde nun noch einmal schmerzhaft deutlich. Menschen sind zurecht empört, dass Abgeordnete der Union trotz ihres schamlosen Handels nun straflos davonkommen.

 

Helfen Sie uns, uns für eine echte Reform des Paragraphen 108e StGB einzusetzen, unterschreiben Sie unsere "Petition Abgeordnetenbestechung: bestrafen!"

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