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Analyse des GroKo-Lobbyregisters

Augenwischerei statt Transparenz (Update)

International gibt es ein Lobbyregister bereits seit längerem, z.B. in Großbritannien, Frankreich und den USA. Der Entwurf, den Union und SPD nun hierzulande vorgelegt haben, ist mangelhaft. Das deutsche Lobbyregister beantwortet lediglich das WerWorüber und mit wem Lobbyist:innen sprechen, soll nicht bekannt werden. 

von Roman Ebener, 23.03.2021

Hinweis: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 09.09.2020. Am 25.03.2021 hat der Bundestag das Lobbyregister mit Änderungsantrag vom 19.03.2021 beschlossen. Wir haben den Artikel dementsprechend aktualisiert.

Nach langer Verzögerung geht es am Schluss etwas schneller: Der neue Lobbyregister-Entwurf von Union und SPD wurde Donnerstagabend im Plenum beschlossen. Schon seit letzten Sommer planten die Koalitions-Fraktionen, dass sich künftig alle, die in der Politik lobbyieren, namentlich registrieren müssen. Mit einem Änderungsantrag zum im Sommer eingebrachten Gesetzentwurf wurden auf vielfache geäußerte Kritik reagiert. Angesichts der aktuell erneut in den Vordergrund geratenen Lobbyskandalen um die Abgeordneten Nüßlein & Co, handelt es sich aber größtenteils um kosmetische Korrekturen.

abgeordnetenwatch.de hatte bereits den ursprünglichen Entwurf unter die Lupe genommen. Die nun vorgenommen Änderungen schaffen zwar Verbesserungen, aber wesentliche Konstruktionsmängel werden nicht beseitigt. Das Fazit: Die inhaltlichen Lücken sind viel zu groß - aus Transparenzsicht handelt es sich um einen Etikettenschwindel.

Was sich bei unsere 5 Hauptkritikpunkte seit September getan hat:  

rote Markierung problematischer Stellen Im Gesetzentwurf für ein Lobbyregister
abgeordnetenwatch.de hatte die kritischen Passagen im ersten Gesetzentwurf farbig hervorgehoben

1. Das größte Problem: Die Öffentlichkeit soll überhaupt nicht erfahren, wie lobbyiert wird. Der Entwurf sieht lediglich vor, dass Lobbyist:innen Angaben über sich veröffentlichen müssen. Wir erfahren also weder, um welches Gesetz es geht noch, wer (z.B. welche:r Abgeordnete) dazu kontaktiert worden ist. Damit bleiben 2 von 3 wesentlichen Fragen unbeantwortet. Ohne die Kontakttransparenz bleibt geheimer Lobbyismus auf der Tagesordnung. Dabei sind gerade diese Angaben notwendig, um problematische Einflussnahme zu beseitigen. Status: Keine Änderung - Gravierender Mangel.

2. Das Register bezog sich anfangs ausschließlich auf den Bundestag. Dabei findet Lobbyismus auf allen staatlichen Ebenen statt. Der Änderungsantrag bessert hier nach. Auch Lobbyaktivitäten zu Teilen der Bundesregierung sind künftig für die Eintragung relevant Status: Union und SPD halten ihr Wort und binden auch die Bundesregierung mit ein. Doch auch hier wird wieder eingeschränkt. Lobbykontakte zu den Fachreferaten im Ministerium werden ausgeklammert. Dabei betrifft Lobbyismus nicht nur die Entscheider:innen - Verbesserung mit Mängeln

3. Dass der Entwurf Sanktionen für Regelverstöße vorsieht, ist eine Verbesserung zum aktuellen Stand. So müssen Lobbyakteur:innen bei Verletzungen der Registrierungspflicht, sprich einer begangenen Ordnungswidrigkeit, mit einer maximalen Strafzahlung in Höhe von 50.000 Euro rechnen. Doch weil es den Interessenvertreter:innen in ihren Gesprächen mit Regierungsmitgliedern durchaus um Einflüsse auf Entscheidungen in Milliardenhöhe geht, hat auch die nun im Entwurf angegebene Zahlung möglicherweise nicht die abschreckende Wirkung, die angedacht ist. Die Regelverstöße müssten neben einer deutlich höheren maximalen Strafe auch eine sogenannte "Vorteilsabschöpfung" beinhalten, so dass sich die Verstöße für die Lobbyakteur:innen auf keinen Fall lohnen. Status: Der entsprechende Paragraph wurde zwar umformuliert, aber die Kritik wurde ignoriert - Mangelhaft

4. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Lobbyist:innen selbst entscheiden können, ob sie Angaben zu ihren Finanzen veröffentlichen möchten. Das führt zu einer Zwei-Klassen-Transparenz bei den Finanzen. Personalkosten sind dagegen inzwischen nicht mehr ausgenommen. Status: Eine kleine Verbesserung, doch insgesamt kein Durchbruch - Mangelhaft.

5. Im Gesetz sind zudem noch weitreichende Ausnahmen formuliert. So ist Lobbyismus, sofern er auf öffentlichen Veranstaltungen stattfindet, einfach ausgenommen. Ebenso sind Kirchen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände komplett befreit. Die Passage zu Rechtsanwalt:innen wurde konkretisiert, sofern diese Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen, sind sie ebenfalls registrierungspflichtig. Status: Es gab größtenteils kosmetische Korrekturen, doch die Ausnahmen sind zu zahlreich - Mangelhaft.

Fazit: Mit diesem Entwurf wird die Problematik „Lobbyismus“ nicht angegangen. Lediglich die bislang vorhandene „Verbändeliste“ wird zu einer Lobbyist:innen-Namensliste ausgebaut. Die im Gesetz angekündigte Zielsetzung "Einflussnahme von Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter auf politische Entscheidungen transparent zu machen" kann das vorliegende Gesetz nicht erfüllen. Im Gegenteil, es bleibt nicht nur unklar, welche Einflussnahme auf politische Entscheidungen besteht, darüber hinaus ist bei so vielen Ausnahmen fraglich, welche Lobbyakteur:innen sich überhaupt registrieren müssen.

Der Gesetzentwurf für ein Lobbyregister, den abgeordnetenwatch.de gemeinsam mit LobbyControl erarbeitet hat, weist diese Lücken nicht auf.

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