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Studie: Lobbyisten beschäftigen viele frühere FDP-Europaabgeordnete

Laut einer aktuellen Studie werden viele frühere Europaabgeordnete von Unternehmen, Verbänden und Organisationen beschäftigt, die in Brüssel Lobbyarbeit betreiben. In der Liste finden sich auch sieben Abgeordnete aus Deutschland – die allermeisten stammen von der FDP.

von Martin Reyher, 31.01.2017

 

Grafik TI-Studie zu Seitenwechslern

 

 

Mehr als die Hälfte der früheren EU-Kommissare und etwa jeder dritte Ex-Abgeordnete des Europaparlaments arbeitet laut einer Transparency-Studie mittlerweile für Unternehmen, Verbände und Organisationen, die in Brüssel Lobbyarbeit betreiben. Transparency International (TI) hat dafür die aktuelle Tätigkeit von insgesamt 512 früheren Kommissaren und Volksvertretern untersucht, die im Zeitraum 2009 bis 2014 ein Amt bzw. ein Mandat innehatten. In zahlreichen Fällen stieß TI auf Unternehmen, Verbände und Organisationen, die im EU-Lobbyregister aufgeführt sind.

Laut der Studie beschäftigten die Lobbyakteure zumindest zwischenzeitlich sieben der insgesamt 39 Politiker aus Deutschland, die aus dem EU-Parlament ausgeschieden sind:

Auffallend ist, dass von den zwölf FDP-Abgeordneten, die 2009 ins EU-Parlament gewählt wurden, die Hälfte bei einem Lobbyakteur untergekommen ist.

Mit der Verpflichtung von politischen Insidern verschaffen sich Unternehmen, Verbände und Organisationen einen privilegierten Zugang zu politischen Institutionen und erhalten dadurch einen Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten. Auf diese Weise vergrößert bzw. verfestigt sich die Chancenungleichheit zwischen finanzstarken Interessenvertretern und kleineren Interessengruppen, die ihre Anliegen gegenüber der Politik vertreten möchten.

Als Konsequenz aus den Seitenwechseln fordert Transparency strengere Regeln wie eine wirkungsvolle Abkühlphase für ausscheidende EU-Abgeordnete (Karenzzeit). Für EU-Kommissare gibt es bereits eine Wartezeit von 18 Monaten, was sich in der Praxis jedoch als zu gering erweist, um Interessenkonflikte zu verhindern. Kürzlich war der Wechsel des früheren EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso zu Goldman Sachs bekannt geworden. Dort soll er die britische Regierung bei den Brexit-Verhandlungen mit der EU beraten. Barroso hatte die 18-monatige Karenzzeit sogar um einige Wochen überschritten.

Auf Bundesebene gilt ebenfalls eine Abkühlphase von bis zu 18 Monaten für ausgeschiedene Regierungsmitglieder. Bundestagsabgeordnete können nach ihrem Ausscheiden aus dem Parlament jeden Job annehmen.

Liste mit den Tätigkeiten aller untersuchten Ex-Politiker

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