Nun hat es die Bundestagsverwaltung zum zweiten Mal schwarz auf weiß: Ihre Transparenzblockade gegenüber abgeordnetenwatch.de in Sachen Parteispenden ist „rechtswidrig“.
Seit mehr als zwei Jahren verweigert uns der Bundestag die Herausgabe von internen Dokumenten zu Parteispenden – zu Unrecht, wie das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) jetzt in seiner schriftlichen Urteilsbegründung feststellt (Az.OVG 12 B 7.17). Die Richterinnen und Richter bestätigen damit ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts aus dem Januar 2017.
Bundestag ließ Rechtsgutachten für 12.000 Euro anfertigen
Der aktuelle Richterspruch ist eine regelrechte Klatsche für die Parlamentsverwaltung, die das Urteil aus erster Instanz nicht hinnehmen wollte und in Berufung gegangen war. Denn das OVG verwarf sämtliche vom Bundestag vorgebrachten Argumente. Das Parteiengesetz habe zum Beispiel keinen Vorrang gegenüber dem Auskunftsrecht, das Bürgerinnen und Bürger oder Initiativen wie abgeordnetenwatch.de nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) haben, so die Richterinnen und Richter. Genau dies hatte die Bundestagsverwaltung behauptet und eigens ein 12.000 Euro teures Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das diese These untermauern sollte.
In ihrem wegweisenden Urteil betonen die Richterinnen und Richter den Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes, auf das sich abgeordnetenwatch.de berufen hatte: Durch den freien und voraussetzungslosen Informationsanspruch, den jede und jeder nach dem IFG hat, „soll die Kontrolle staatlichen Handelns sowie die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten verbessert und die demokratische Meinungs- und Willensbildung gefördert werden“.
Merkwürdigkeiten aufarbeiten
Der Richterspruch vom 26. April 2018 gibt uns nun die Möglichkeit, verschiedene Merkwürdigkeiten aufzuarbeiten, die es im Zusammenhang mit der Prüfung von Parteispenden und Parteienfinanzierung gegeben hat (mehr dazu hier).
Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, das Oberverwaltungsgericht hat Revision zugelassen. Am Rande der mündlichen Verhandlung vor zwei Wochen deuteten Vertreter des Bundestags bereits an, dass man sich vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wiedersehen werde. Dass die Parlamentsverwaltung sich dort mit ihren Argumenten durchsetzen wird, ist nach den bisherigen Urteilen in erster und zweiter Instanz allerdings nur sehr schwer vorstellbar. Dem Bundestag bleiben nun vier Wochen, um über eine Revision zu entscheiden.
Das OVG-Urteil zum Nachlesen (pdf)
Update:
Die Bundestagsverwaltung hat nun wie erwartet Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig eingelegt. Eine mündliche Verhandlung dürfte nicht vor Ende 2019 stattfinden, zumindest wenn man eine parallel laufende Transparenzklage von netzpolitik.org gegen das Bundeskanzleramt zur Orientierung nimmt. netzpolitik.org will über das Informationsfreiheitsgesetz die Herausgabe eines Kabinettsprotokolls erreichen. Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ist der 13. Dezember 2018 – und damit rund eineinhalb Jahre nach dem Urteil des OVG Berlin-Brandenburg.
Berichterstattung zum Urteil (Auswahl):
Kommentare
Frank Martin am 13.05.2018 um 09:25 Uhr
PermalinkEntfernt. Nutzen Sie den Kommentarbereich bitte um sich sachlich über den Artikelinhalt auszutauschen. Danke, die Redaktion/db
Uwe Pilgram am 20.05.2018 um 13:32 Uhr
PermalinkDie Nebeneinkünfte öffentlich zu machen ist sicher aller Ehren wert. Ich denke allerdings, dass die Wirkung von Nebenbeschäftigungen auf politische Entscheidungen nicht sehr groß ist. Das wäre dann doch zu offensichtlich und damit gefährlich. Der Zeitaufwand ist natürlich ein Problem. Eine Lösung dafür ist sicher nicht trivial.
2 Themen sind meiner Meinung wesentlich gefährlicher und höhlen unsere Demokratie bereits kräftig aus:
1. Abstimmungen von Parteimitgliedern über Koalitionsvereinbarungen und damit ein Regierungsprogramm. Parteimitglieder werden dadurch zu Wählern der Sonderklasse. Sie können die Stimmen von Millionen von Wählern entwerten. Wir wählen Abgeordnete als unsere Vertreter. Nicht Parteien.
2. Der Einfluss von Lobbyisten, die als Experten verkleidet, knallharte Interessenvertreter sind. Es gibt auf Bundes- und Landesebene kaum noch Themen, wo die nach "Wählbarkeit" nominierten und dann auch gewählten Abgeordneten ausreichend Sachverstand haben, wenigstens den Einfluss der Lobbyisten zu erkennen. Und Fachbeamten in den Ministerien waren in der Vergangenheit noch sachkundige Berater der Politiker. Aber auch die sind inzwischen von den Entwicklungen überrollt und flüchten ins juristische Detail.
Hartwig Straub am 20.05.2018 um 14:38 Uhr
PermalinkIch (Wähler) wähle ein Abgeordneten/in einer Partei die meine politische Auffassung am ehensten trifft. Um den Bewerber/in einschätzen können ist es sehr wohl nötig zu wissen oder/und einschätzen zu können, womit verdiente er sein Lebensunterhalt.
Harald Holthausen am 20.05.2018 um 20:21 Uhr
PermalinkIch glaube den Einfluss von Lobbymus in der Politik kann man gar nicht unterschätzen. Die Autoindustrie z.B. spendet doch nicht Millonen um die Luft rein zu halten.
Sie verstößt seit 2010 (seit ACHT Jahren) mit aktiver Ünterstützung der Parteien erfolgreich gegen bestehende Gesetze.
Da werden die Lobbyisten, die sicher nicht den Mindestlohn verdienen, die wie auch immer "Unterstützung" einzelner Abgeordneter in Ihrer Stellenbescheibung haben, denn diese entscheiden ja letztlich.
Die Marketing-Milliarden der Konzerne müssen ja irgendwo hin und dort ihre Wirkung entfalten.
Wer soll sie noch stoppen, wenn sie jetzt schon Strafen in Milliardenhöhe riskieren können (s. VW)!?!
Ich glaube unsere Demokratie ist in viel größerer Gefahr, als viele glauben.
helmut-wk am 25.05.2018 um 11:14 Uhr
PermalinkWenn die Bundestagsverwaltung sich rechtswidrig verhält, dann sollte das Parlament darüber beraten, was getan werden muss, um das zu ändern.
Wenn nichts geschieht, dann ist zu befürchten, dass die Bundestagsverwaltung sich in Zukunft zwar an das Gerichtsurteil hält, aber ansonsten nach Gutdünken entscheidet, wie sie agiert, ohne sich um das Recht zu kümmern (wie in diesem Fall geschehen).
Thomas Hesse am 30.08.2018 um 15:10 Uhr
PermalinkWas uns diese Bundesregierung vorgaukelt ist schlimm. Als Ex-DDR Bürger hatte ich gehofft , dass vieles im Land besser werden würde. Verlogenheit und Unehrenhaftigkeit im Amt sollten an den Pranger kommen. Stattdessen werden die größten Schurkereinen mit und durch diese Bundesregierung erst möglich. Da werden Steuergelder versenkt
,es wird mit Waffen gehandelt und der Bürger im großen Stil betrogen (Dieselskandal,..,.., ) Und noch eine hundsgemeine Unverschämtheit: Nachdem Städte und ganze Landstriche in fernen Ländern zerstört sind, nehmen wir Flüchtlinge , die ein gewisses Bildungsniveau haben, gern bei uns auf. Wir scheren uns einen Dreck darum mit welchen Menschenpotential dort wieder aufgebaut werden soll.
Aber unsere Politiker treten dafür beim Papst an um Ihre Seele rein zu waschen und schwören bei Amtsantritt "so wahr ihnen Gott helfe " Ekelhaft ist diese Verlogenheit.
Die Pegidabewegung als Möglichkeit für einen Umbruch wird verunglimpft und die alten Parteien wursteln auf ewig so weiter. Schade um Deutschland.
Tobias Krempels am 11.01.2019 um 00:15 Uhr
PermalinkGuten Tag,
bitte veröffentlichen Sie doch die Ergebnisse der aktuellen Gerichtsverhandlungen durch die jeweiligen Gerichts-Instanzen auch auf Youtube! Erst recht natürlich die erfolgreichen Ergebnisse. Es muss ja kein eigenes neues Video sein. Es würde ja auch ein (angepinnter) Kommentar in einem der vorhandenen Videos reichen.... irgendeine Information darüber eben. Zum Beispiel hier :
https://www.youtube.com/watch?v=zCHC2w9F0YE&t=4s
Danke Ihnen vielmals!
Neuen Kommentar hinzufügen