Bei der FDP war man blitzschnell. Als dort am 13. Januar eine 300.000 Euro-Spende vom Gründer des privaten Klinikkonzerns Helios einging, informierten die Liberalen umgehend den Bundestagspräsidenten. Kurz darauf erschien die Zuwendung auf der Parlamentswebseite – ganz so, wie vom Parteiengesetz verlangt. Danach müssen Spenden, die über 50.000 Euro liegen, von einer Partei „unverzüglich“ beim Bundestagspräsidenten gemeldet und von diesem veröffentlicht werden.
Doch nicht immer läuft es so gesetzeskonform ab wie in diesem Fall. Mitte letzter Woche wurde auf der Bundestagswebseite weitgehend unbemerkt eine 100.000 Euro-Zuwendung an die CDU nachgetragen – ganze zwei Monate nach ihrem Eingang am 25. November 2016. Das Geld stammt von dem Unternehmer Christoph Alexander Kahl. Kahl ist Chef der Immobilien-Investmentfirma Jamestown und hat der CDU allein seit 2009 mehr als eine halbe Million Euro gespendet.
Nach abgeordnetenwatch.de-Informationen blieben die 100.000 Euro deshalb so lange vor der Öffentlichkeit verborgen, weil der Betrag aufgeteilt worden war: In einem zeitlichen Abstand von elf Tagen erhielten der CDU-Bundes- und der nordrhein-westfälische Landesverband jeweils genau 50.000 Euro. Dies bestätigen sowohl die CDU-Parteizentrale als auch die Bundestagsverwaltung. Damit lagen beide Zuwendungen jeweils 1 Cent unter der Grenze, ab der eine Spende umgehend zu veröffentlichen ist.
Großspenden unter dem Radar der Öffentlichkeit
Bereits in der Vergangenheit gab es mehrere hohe Spenden von Christoph Alexander Kahl an die CDU, die in mehreren Teilzahlungen erfolgten und allesamt unter der Veröffentlichungsgrenze von 50.000 Euro lagen. Im Bundestagswahljahr 2013 verteilte der Chef der Immobilien-Investmentfirma Jamestown insgesamt 108.230,10 Euro so, dass dies erst mit Erscheinen des CDU-Rechenschaftsberichts im März 2015 bekannt wurde. Zwischen 2009 und 2013 hat Kahl der CDU insgesamt 415.000 Euro gespendet - nur einmal lag eine Zahlung über der Veröffentlichungsgrenze (2009: 100.000 Euro). Das Stückeln von Parteispenden ist nicht verboten, es widerspricht jedoch der im Grundgesetz verankerten Transparenzverpflichtung der Parteien (Art. 21 Absatz 1 Satz 4 GG).
Interessant ist, dass die beiden Kahl-Spenden auf der Parlamentswebseite zu einer einzigen Spende in Höhe von 100.000 Euro zusammengefasst sind, was juristisch bedeutet: Die Bundestagsverwaltung geht von einem „einheitlichen Spendenentschluss“ des Kölner Unternehmers aus. Das ist deshalb von Bedeutung, weil sich daraus im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen das Parteiengesetz ergibt: Die 100.000 Euro aus dem November 2016 hätten umgehend gemeldet (und anschließend veröffentlicht) werden müssen, was jedoch erst Mitte Januar 2017 geschah. Selbst mit allergrößtem Wohlwollen dürfte dies kaum mehr als „unverzüglich“ im Sinne des Parteiengesetzes durchgehen.
Verstöße gegen das Parteiengesetz bleiben folgenlos
Der Vorgang wird allerdings folgenlos bleiben. Das Parteiengesetz verlangt von den Parteien zwar die Sofortanzeige ihrer Großspenden – im Falle eines Verstoßes sind jedoch keinerlei Sanktionen vorgesehen. Theoretisch könnte eine Partei also Zahlungen in Millionenhöhe jahrelang unter der Decke halten, ohne dafür sanktioniert zu werden. Eine Strafzahlung wäre erst dann fällig, wenn die Spenden auch im nächsten Rechenschaftsbericht verheimlicht würden – und bis zu dessen Veröffentlichung bleiben unter Umständen mehr als zwei Jahre Zeit.
Bundestagspräsident Norbert Lammert hat diesen Irrsinn immer wieder angeprangert (zuletzt im vergangenen Dezember) und die Abgeordneten zum Handeln aufgefordert. Doch die Regierungskoalition macht keinerlei Anstalten, das Parteiengesetz in diesem Punkt zu verschärfen.
Stückelung kam zufällig ans Licht
Dass die gestückelte CDU-Großspende überhaupt ans Licht kam, ist mehr oder weniger dem Zufall geschuldet. Hätte der finanzkräftige CDU-Sympathisant Kahl der Berliner Parteizentrale nicht Mitte Januar einen Brief geschrieben und darin auch seine Spendenzahlungen thematisiert – der Vorgang wäre wohl noch sehr viel länger im Verborgenen geblieben. Im Adenauer-Haus wird beteuert, von den 50.000 Euro an die NRW-CDU keine Kenntnis gehabt zu haben. "Unmittelbar" nach Eintreffen des Kahl-Briefes habe man „in Absprache mit der Bundestagsverwaltung beide Spenden zusammen gemeldet.“ Ein Bundestagssprecher erklärte gegenüber abgeordnetenwatch.de, der CDU könne „zu diesem Sachverhalt kein Vorwurf gemacht werden.“
Dabei wäre es so einfach, derartige Vorgänge weitgehend auszuschließen. Dafür müsste lediglich die Grenze für die sofortige Veröffentlichung einer Großspende von 50.000 auf 10.000 Euro gesenkt werden. Dann wäre ein 100.000 Euro-Betrag gleich in zehn Einzelspenden aufzusplitten, um vor der Öffentlichkeit verborgen zu bleiben. Und natürlich dürfte ein Verstoß gegen die Meldepflicht nicht folgenlos verpuffen, drastische Sanktionen müssten her.
Kürzlich hat Christoph Alexander Kahl der CDU erneut gespendet, wieder waren es 100.000 Euro. Diesmal brauchte die Partei vom Eingang der Spende am 18. Januar bis zur „unverzüglichen“ Meldung beim Bundestagspräsidenten: zwölf Tage.
Kommentare
HahnsPeter Hahn am 01.02.2017 um 16:33 Uhr
PermalinkWarum sollte man derartige Vorgänge "weitgehend auschließen" ... ? Korruption und Kungelei in allen ihren Erscheinungsformen scheinen in dieser Partei längst salonfähig geworden zu sein.
Thomas Abendroth am 19.02.2017 um 13:27 Uhr
Antwort auf von HahnsPeter Hahn
PermalinkParteienspenden und Lobbyismus ist nichts anderes als Korruption. Sie muß abgeschafft und mit wirklich abschreckender langjähriger Freiheitsstrafe belegt werden. Die bisherige Höchstsstrafe von 5 Jahren für Korruption ist einfach lächerlich. Dies zu realisiseren brauchen wir eine funktionierende Direkte Demokratie am besten mit einem aleatorischen Parlament (per Losverfahren und nur für jeweils einen Abstimmungsvorgang ermittelt).
Wünsche und Forderung der Industrie können dann nur noch per Volksinitiative mit einem sehr hohen Quorum in den Bundestag zur Abstimmung gebracht werden. Verdeckte Lobby- und Abgeordnetentätigkeit in Personalunion geht gar nicht und fällt ebenfalls unter Korruption.
Thomas Abendroth am 19.02.2017 um 13:29 Uhr
Antwort auf von HahnsPeter Hahn
PermalinkParteienspenden und Lobbyismus ist nichts anderes als Korruption. Sie muß abgeschafft und mit wirklich abschreckender langjähriger Freiheitsstrafe belegt werden. Die bisherige Höchstsstrafe von 5 Jahren für Korruption ist einfach lächerlich. Dies zu realisiseren brauchen wir eine funktionierende Direkte Demokratie am besten mit einem aleatorischen Parlament (per Losverfahren und nur für jeweils einen maximal 1 wöchigen Abstimmungsvorgang ermittelt).
Wünsche und Forderung der Industrie können dann nur noch per Volksinitiative mit einem sehr hohen Quorum in den Bundestag zur Abstimmung gebracht werden. Verdeckte Lobby- und Abgeordnetentätigkeit in Personalunion geht gar nicht und fällt ebenfalls unter Korruption.
Matthias am 27.02.2017 um 05:41 Uhr
Antwort auf von Thomas Abendroth
PermalinkDas sehe ich auch so. Und das schlimme daran ist, dass wir nur die Spitze des Eisberges sehen. Wir sind als kleiner Umweltverein in Sachsen eher zufällig über einen Sachverhalt gestolpert, den man vielleicht mal näher hinterfragen sollte. So kann die CDU über Herrn Pofalla bei der Deutschen Bahn die 28MRD Euro, die für die Sanierung von Schienenwegen vorgesehen sind direkt an Herrn Mcallister (ehemaliger CDU Ministerpräsident) und Gesellschafter im Matthäi Konzern durchreichen. Dieser könnte sich dann in Form von Spenden bei der CDU dafür bedanken. Aktuell planen Tochterunternehmen von Matthäi in Deutschland mehrere Gleisschotteraufbereitungsanlagen. Ach so Umeltgesetze scheinen beim Bau der Anlagen sehr hinderlich zu sein...
Marco am 01.02.2017 um 16:51 Uhr
PermalinkMittlerweile laufen die Lobbyisten doch schon mit Geldkoffer durch den Bundestag. Selbst Büros haben sie sich dort einrichten lassen. Ist doch alles nicht mehr zu glauben. Eigentlich dürfte man gar nicht mehr wählen oder müsste man seine Stimme ungültig machen.
Dietrich Elsner am 19.02.2017 um 09:25 Uhr
Antwort auf von Marco
PermalinkDas ist der falsche Weg!
Belem am 02.02.2017 um 17:53 Uhr
PermalinkIst es dann nicht zu überlegen, ob wir unter diesen Bedingungen überhaupt noch einen Bundestag brauchen, denn die Demokratie wird durch den Lobbyismus ausgehöhlt. Wäre es nicht sinnvoller bei anstehenden Entscheidungen ein Gremium, ähnlich dem amerikanischen Geschworenengericht, zusammenzustellen (per Zufallsgenarator), welches nur zu dieser einen Entscheidungsfindung zusammenkommt ?
Helmut Meer am 03.02.2017 um 10:10 Uhr
PermalinkIch denke, es ist an der Zeit die Spendenmöglichkeit auf "natürliche Personen" zu beschränken. Nur natürliche Personen dürfen und können wählen, juristische Personen haben bei Wahlen kein Stimmrecht und sollten deshalb auch keine Spenden an Parteien leisten dürfen, zumindest keine steuerlich wirksamen Spenden. Eine Gesetzesänderung in diesem Sinne ist längst überfällig. Die großen Kapitalgesellschaften wie AG's sind juristische Personen, sie handeln völlig emotionslos, allein dem Profit der Aktionäre verpflichtet, sie sind im Grunde Psychopathen und sollten deshalb auch nicht spenden dürfen.
Dietrich Elsner am 19.02.2017 um 09:41 Uhr
Antwort auf von Helmut Meer
PermalinkDie Parteispenden sollten vollständig verboten werden und die Parteienfinanzierung völlig auf Steuerfinanzierung umgestellt werden.
Nur dann stehen den Parteien transparente Finanzmittel zur Verfügung. Jede andere Annahme von Geld- oder Sachleistungen sind als Bestechungsversuche zu betrachten, zu verfolgen und zu bestrafen.
Durch entsprechende Erhöhung der Steuern, ist das Geld abzuschöpfen, dass nach derzeigtigem Recht über Patreispenden, einschließlich der Steuerersparnis, den Parteien zufließt.
Viktor am 17.04.2017 um 10:14 Uhr
Antwort auf von Helmut Meer
PermalinkAG-Vorstände sind keine Psychopathen, sondern die Abgeordneten, denn diese haben die Vorstände per Gesetzt verpflichtet, nur die Interessen der Anteilseigner, also des Kapitals, zu vertreten. Alles andere kann Vorstände Ihren gut bezahlten Job kosten und sie ins Gefängnis bringen. Dass diese Vorstände auch noch aus der Firmenkasse spenden dürfen, bleibt eine große Schweinigelei.
Uwe Pflügl am 18.04.2017 um 15:08 Uhr
PermalinkWie wäre es mit der einzig richtigen Konsequenz?
JEDE Spende wird gemeldet und veröffentlicht,ganz einfach!
K.H. Bean am 02.07.2017 um 11:48 Uhr
PermalinkIst doch alles warme Luft was als Kommentare hier abgegeben wurde. - Jedoch vom Grundsatz richtig. Generell keine Spenden an Parteien!!
Leider kenne ich persönlich keinen Lobbyisten nur Firmen als Spendengeber.
Warum nicht konsequent Spendenfirmen boykottieren - Lobbyisten vor dem Bundestaggebäude abfangen - Volksbefragung initiieren - Bundesgerichtshof einschalten. (Korruption ist im Grundgesetz zulässig??)
Könnte man alles tun - nur wer hängt der Katze die Schelle um??
Ist doch besser so wie`s jetzt läuft und keiner muss was tun - denn die Masse ist träge! Das haben Philosophen schon festgestellt und die Politiker nützen das aus. GELLE!
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