Wie viel Lobbyisten für einen Stand auf einem Parteitag zahlen

Über das sogenannte Politsponsoring kassieren Parteien Millionenbeträge von Unternehmen und Verbänden – ohne dass es für die Öffentlichkeit nachvollziehbar ist. abgeordnetenwatch.de-Recherchen zeigen nun, wie viel sich Lobbyisten ihre Präsenz auf Parteitagen kosten lassen: Den Parteien zahlen sie Standmieten, die sogar die der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) günstig erscheinen lassen.

von Marthe Ruddat, 02.03.2017
Symbolbild Parteiensponsoring

Auf Parteitagen von CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen geht es zu wie auf einer Messe. Ein Stand reiht sich an den nächsten, und auch das Anliegen der Aussteller, oftmals bekannte Konzerne und Interessenverbände, ist dasselbe wie auf einer Fachmesse: Mit dem Publikum in Kontakt kommen - auf dass es sich am Ende auszahlt!

Aus finanzieller Sicht sind Parteitagsstände für die Parteien höchst attraktiv. Sie generieren auf diesem Wege nicht selten Einnahmen in sechsstelliger Höhe, über die sie keinerlei detaillierte Rechenschaft ablegen müssen (es reicht, dass einmal pro Jahr eine Gesamtsumme aus vielen unterschiedlichen Posten veröffentlichen werden). Und auch für Unternehmen ist ein Stand auf einem Parteitag verlockend. Neben dem direkten Kontakt zu den Delegierten sind Standmieten eine beliebte Form, um Parteien (unerkannt) Geld zukommen zu lassen. Und anders als Parteispenden können sie die Kosten für einen Parteitagsstand sogar steuerlich geltend machen.

Doch was sind Unternehmen und Verbände bereit, für ihre Präsenz auf einem Parteitag zu zahlen? abgeordnetenwatch.de-Recherchen zeigen, dass die Standmieten der Parteien sogar die auf großen Messen in den Schatten stellen. Ein Beispiel: Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA), eine der größten und international bedeutendsten Automobilfachmessen der Welt, kostet die teuerste Grundmiete 166,00 Euro netto pro Quadratmeter. Für diesen Preis ist für Volkswagen, BMW oder Audi kein Stand auf einem Parteitag von CDU, SPD oder Grünen zu haben, wie eine abgeordnetenwatch.de-Umfrage unter den Parteien zeigt:

CDU

  • Standgebühr: 250€ netto pro Quadratmeter
  • Die Preise können je nach Lage des Standes um 10% nach oben oder unten differieren
  • CDU-Vereinigungen und gemeinnützige oder karitative Organisationen zahlen keine Standmiete
  • Werbemaßnahmen, wie der Logoabdruck auf Einladungen, Logowänden oder der Internetseite zum Parteitag kosten 1.000€ netto
  • Zu den Sponsoren des Parteitags 2016 in Essen zählten u.a. Volkswagen, Audi, Philip Morris, die Deutsche Automatenwirtschaft, der Pharmakonzern Pfizer und der Verband der Privaten Krankenversicherung. Eine Liste der Aussteller und Sponsoren findet sich auf der CDU-Webseite, allerdings ohne Angaben zur Größe des Standes und der gezahlten Gesamtmiete.

SPD

  • Standgebühr: Standfläche bis 25qm: 350€ netto/qm
  • Standfläche von 26-90qm: 335€ netto/qm
  • Standfläche größer als 91qm: 320€ netto/qm (ein 91 Quadratmeter großer Stand auf einem SPD-Parteitag würde also mit rund 30.000 Euro zu Buche schlagen, was nach bisheriger Rechtslage nirgendwo veröffentlicht werden müsste )
  • Logopräsenz und zwei bis fünf Freikarten für den Parteiabend sind für die Sponsoren inklusive
  • Auf ihrer Website veröffentlicht die SPD Listen zu Ausstellern und Sponsoren -  ohne Angaben zur Größe des Standes und der gezahlten Gesamtmiete. Auf dem Bundesparteitag 2015 waren u.a. BMW, Google, die RWE AG, der Bundesverband Windenergie, Vattenfall und der Deutsche Zigarettenverband vertreten. Eine Auflistung für den Parteikonvent 2016 ist nicht zu finden. Ab 2017 wird die Partei nach eigenen Angaben alle Aussteller mit Namen und Höhe der Nettozahlungen veröffentlichen.

Grüne

  • Standgebühr: meist 275€ netto/qm
  • Auf der Bundesdelegiertenkonferenz 2016 in Münster waren u.a. die Wirtschaftsvereinigung Stahl, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, Deutsche Post, Gesamtmetall und der Verband der Privaten Bausparkassen mit Ständen vertreten. Auf der Website der Grünen werden alle Aussteller mit entsprechenden Angaben zu Standgröße und Standmiete veröffentlicht, Sponsoren und ihr geleisteter Betrag werden mit der erbrachten Leistung separat aufgelistet.

LINKE

  • Die Linkspartei nimmt nach eigenen Angaben keine Standgebühren auf Parteitagen, dementsprechend gebe es auch keine Preislisten bzw. Abrechnungen.

AfD

  • Nach eigenen Angaben keine Vermietung von Ständen auf Parteitagen

CSU und FDP:

  • Beide Parteien ließen die abgeordnetenwatch.de-Anfrage trotz Nachfrage bislang unbeantwortet. Auf den Webseiten von FDP und CSU finden sich keine Angaben zu Ausstellern und Sponsoren der letzten Parteitage.

Abgesehen von Linken und AfD, die nach eigenen Angaben keinerlei Sponsoringeinkünfte aus Standgebühren erzielen, machen nur die Grünen detaillierte Angaben zu ihren Einnahmen bei Parteitagen. Dass über das Politsponsoring die Herkunft von Millionensummen im Dunkeln bleibt, kritisiert auch Bundestagspräsident Lammert. In seinem jüngsten Bericht über die Rechenschaftsberichte schreibt er: „Die Abbildung der hier auftretenden Geldbewegungen in den Rechenschaftsberichten schafft keine mit dem klassischen Parteispendenrecht vergleichbare Transparenz.“ Das Problem: Die Einnahmen aus Sponsoring werden in den Berichten in einer gebündelten Kategorie zusammen mit anderen Einnahmen als Gesamtsumme aufgeführt. Mögliche Einflussnahmen und Abhängigkeiten können so faktisch nicht entdeckt werden.

Eine Initiative der Grünen zur Verschärfung der Transparenzregeln für Parteisponsoring wurde Anfang Dezember mit den Stimmen von Union und SPD abgelehnt. Als Reaktion aus der Rent-a-Sozi-Affäre hat die SPD nun aber einen Gesetzentwurf erarbeitet, durch den Sponsoringeinnahmen der Parteien transparenter werden sollen. Diese würden dann wie Parteispenden auch namentlich in den Rechenschaftsberichten aufgeführt, wenn sie einen Betrag von 10.000€ im Jahr übersteigen. Beträge über 50.000€ wären sofort zu veröffentlichen. Der SPD-Vorschlag ist aber allenfalls ein halbherziger Versuch - für weitreichende Transparenz taugt er nicht. Dafür sind die Grenzwerte viel zu hoch. Überdies erscheinen die Rechenschaftsberichte der Parteien erst mit mehr als einem Jahr Verspätung.

abgeordnetenwatch.de fordert deswegen, die Grenzen sehr viel niederiger anzusetzen: Sponsoringeinnahmen und Parteispenden müssten von den Parteien bereits ab 10.000 Euro unverzüglich öffentlich gemacht werden. In den Rechenschaftsberichten sollten sie schon ab 2.000 Euro namentlich vermerkt sein.

Lizenz: Der Text auf dieser Seite steht unter der Creative Commons Lizenz BY-NC-SA 4.0.

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Kommentare

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alle Einnahmen und Ausgaben bis zum letzten Cent mit Angaben der Herkunft müssen veröffentlicht werden. Anders gibt es immer wieder neue Schlupflöcher. Auch die Sponsoren und Spender müssen Ihre Ausgaben für Parteien veröffentlichen, auch wenn dies über Dritte geschieht. Sonst überweist der Hausmeister oder sonst wer.

MfG Martin Frank

Antwort auf von Martin Frank

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Es ist gut, daß es diese Schlupflocher gibt!
Solange aus den Häusern der verschiedenen Gewerkschaften laut tönt, wen man gefälligst zu wählen hat, muß auf der anderen Seite die Kraft hergestellt werden, den Gegenpol zu bilden.
Die Gewerkschaftseinnahmen generieren sich aus den Beiträgen ihrer Mitglieder, die eigentlich bei offener Parteiarbeit und Parteiunterstützung nichts zu suchen haben.
Wir stellen ein schiefes Bild dar, das ist auch schon Parteipolitik.
Ich will nicht, daß Kommunisten uns eines Tages regieren.

[Anm. d. Red. Absatz gelöscht. Bitte bleiben Sie bei historischen Fakten. Danke /db]

1954 setzten sie das Spiel fort mit der Küstenreinigungsaktion "Aktion Rose". Darüber spricht kaum jemand. Die Kommunisten sind derzeit Schläfer, verhalten sich ruhig, daß sie mit Schulz in die Macht geführt werden.

Antwort auf von Dirksen

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Was rauchst du Dirksen? Hier sollen keine Kommunisten gesponsort werden, also keine Angst. Dich werden sie schon nicht wegschnappen. Aber trotzdem immer Augen offen und gucken, wo einer schläft. Den dann gleich wecken.

Antwort auf von Felix Holzhausen

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yeaaah!. musste laut auflachen beim Lesen. Super! Danke!

Antwort auf von Dirksen

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Grandios, bei so einem Problemfall des Kapitalismus sofort auf die Kommunisten zu schließen. Insbesondere über die sozialdemokratischen und damit überhaupt nicht kommunistischen Gewerkschaften. Diese Gewerkschaften vertreten nun mal die Interessen eines Teils der Arbeiterklasse und so ist es ihr Recht, sich in die Politik einzumischen. Als ob das "Gegenpol" des Kapitals mit ihren aus der Ausbeutung von uns beschafften Geld besser für uns wäre! Wo hat dieser Gegenpol EINMAL eine Verbesserung unserer Lebensbedingungen gefordert? Was die wollen, ist arbeiten bis 70, Mindestlohn abschaffen, Arbeitszeiten "flexibilisieren" und Umweltschutzverordnungen ausweichen. Da ist mir die Einmischung der Gewerkschaften um einiges lieber!

Antwort auf von Dirksen

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Wenn ich mich in meiner Stellungnahme äußerte, stehe ich zu jedem dort aufgegebenen Wort.
Einen Satz zu streichen, halte ich nicht für angemessen für die offene Diskussion.

Antwort auf von Dirksen

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"Die Kommunisten sind derzeit Schläfer, verhalten sich ruhig, daß sie mit Schulz in die Macht geführt werden."

Was muß man für Pillen schlucken, um so eine gequirlte K... von sich zu geben?

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Es ist doch einfach absurd, dass sich unsere Volksvertretervereine außerhalb der im Grundgesetz verankerten Verpflichtungen (siehe §19 bis § 24 Rechenschaftsbericht, im "Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz)
ungestraft bewegen dürfen!!!?? .. Da lachen doch selbst in den sogenannten Bananenrepubliken die Hühner!
sieh hierzu
§24 GG, Parteiengesetz Abs. 1
Der Rechenschaftsbericht besteht aus einer Ergebnisrechnung auf der Grundlage einer den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechenden Einnahmen- und Ausgabenrechnung, einer damit verbundenen Vermögensbilanz sowie einem Erläuterungsteil. Er gibt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen Auskunft über die Herkunft und Verwendung der Mittel sowie über das Vermögen der Partei.
oder §24, Abs.4:
Die Einnahmerechnung umfasst:
1. Mitgliedsbeiträge,
2. Mandatsträgerbeiträge und ähnliche regelmäßige Beiträge,
3. Spenden von natürlichen Personen,
4. Spenden von juristischen Personen,
5. Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit,
5a. Einnahmen aus Beteiligungen,
6. Einnahmen aus sonstigem Vermögen,
7. Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit,
8. staatliche Mittel,
9. sonstige Einnahmen,
10. Zuschüsse von Gliederungen und
11. Gesamteinnahmen nach den Nummern 1 bis 10.
oder §24 Abs. 8
Im Rechenschaftsbericht sind die Summe der Zuwendungen natürlicher Personen bis zu 3 300 Euro je Person sowie die Summe der Zuwendungen natürlicher Personen, soweit sie den Betrag von 3 300 Euro übersteigen, gesondert auszuweisen.
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Wie man sieht, alles nur Selbstzweck der Parteien und dem organisiertem Lobbyismus, schöne Demokratie..!

Der Berliner Amtseid:
«Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des Lobbyisten Volkes widmen gleich welcher Nation, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz Notfalls ändern und die Interessen der Lobby wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe»

Antwort auf von Freddy Wilhelm

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Inhaltlose Polemik kommt auch nur von den Leuten, die es genau so selbst machen würden, wenn sie "dran" wären.

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man kann auch erwägen, Firmen , die die Parteien sponsern, möglichst als Lieferanten zu vermeiden.

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Entfernt. Bitte beteiligen Sie sich nur, wenn Sie einen konstruktiven Beitrag zur Diskussion leisten möchten. Danke, die Redaktion/db