PR-Agentur hinter PeerBlog warb mit "schnellem Zugang" zu Politikern

Einen "schnellen Zugang" zu politischen Entscheidungsträgern: Damit warb vor einiger Zeit ausgerechnet die PR-Agentur, die Peer Steinbrück mit dem gerade gestarteten "PeerBlog" zum Kanzler machen will. Sollte der Namensgeber im September ins Kanzleramt einziehen, könnte sich die Wahlkampfunterstützung für die Düsseldorfer Kommunikationsprofis erst richtig auszahlen.

von Martin Reyher, 05.02.2013

Am Tag, an dem Peer Steinbrück sich an die Spitze der Transparenzbewegung stellte, präsentierte er eine zwanzigseitige Liste mit Details zu seinen Honorarvorträgen. In der Aufstellung tauchte auch der Name Steinkühler-com auf. Die Düsseldorfer Kommunikationsagentur hatte den ehemaligen Finanzminister an die französische Großbank Société Générale vermittelt, bei der Steinbrück am 15. November 2010 auftrat - Honorar: 15.000 Euro. Wie viel Provision die Agentur für diesen Mittlerdienst erhielt, ist nicht bekannt. Nun verdient Steinkühler-com erneut an Peer Steinbrück.

Die PR-Profis sind dieser Tage mit dem PeerBlog online gegangen, den sie nach eigenen Angaben "für den Kandidaten Peer Steinbrück" entwickelt haben. Finanziert wird das Projekt von fünf Unternehmern, die sich das Portal laut SPIEGEL eine sechsstellige Summe kosten lassen und lieber nicht öffentlich genannt werden möchten.

Dass die finanzkräftigen Steinbrück-Freunde anonym bleiben wollen, scheint den SPD-Kanzlerkandidaten nicht weiter zu stören, denn er gab dem ambitionierten Blogprojekt ("wie in den USA politische Kommunikation tagesaktuell betreiben") seinen Segen. Und so feuern die PR-Profis unter PeerBlog.de seit einigen Tagen aus vollen Rohren gegen die schwarz-gelbe Bundesregierung: "Peer fordert zweites Duell - Merkel kneift", "Die Bildung der Ministerin. Abschreiben. Setzen. Sechs", "Altmaiers Energiepolitik im Teufelskreis".

"Wir sind unabhängig. Peer Steinbrück will das so", beteuern die Wahlhelfer von der PR-Agentur, die über ihr sonstiges Tagesgeschäft lediglich Andeutungen macht ("Wir kommunizieren." / "Wir entwickeln und setzen ganzheitliche Kommunikationskonzepte "/ "Wir helfen in Notlagen.") Zu den wenigen Kunden, die auf der Homepage von Steinkühler-com namentlich genannt werden, gehören Vodafone Deutschland sowie die Vion-Gruppe, die sich zu den "großen international tätigen Fleischvermarktern in Europa" zählt.

In der Anfangszeit waren die Düsseldorfer PR-Profis noch um einiges auskunftsfreudiger. Wer in den Tiefen des Internets stöbert, stößt auf die Homepage der Düsseldorfer Agentur, wie sie im April 2011 aussah. Unter dem Punkt "Leistungen - Politik und Medien" gab Steinkühler-com seinerzeit einen offenen Einblick in die Angebotspalette:

 

Kommunikationshilfe ist die wohlwollende Bezeichnung für solcherlei Dienstleistungen. Geschäftsanbahnung für Lobbyisten würde es aber auch treffen. Oder wie ist es sonst zu verstehen, wenn eine Agentur zahlungskräftige Unternehmen und Vorstände in Ministerien "positioniert"?

Auf der Archivseite wirbt Steinkühler-com damit, dass ihr Chef Karl-Heinz Steinkühler "einen intensiven Kontakt zu Entscheidern in Politik und Wirtschaft" pflegt: "In zahlreichen Begegnungen und Gesprächen oder auf gemeinsamen Auslandsreisen hat er über Jahrzehnte hinweg vertrauensvolle Beziehungen geknüpft, die ihm stets einen schnellen Zugang ermöglichen."

Karl-Heinz Steinkühler gibt potentiellen Kunden auch einen kleinen Einblick in sein Beziehungsnetzwerk: Die früheren Vorstandsvorsitzenden von ThyssenKrupp und E.on gehörten in ihrer aktiven Zeit ebenso dazu wie der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers.

Die Frage, ob der von Steinkühler-com betriebene PeerBlog unabhängig vom SPD-Kanzlerkandidaten ist, ist insofern falsch gestellt. Vielmehr drängt sich die Frage auf: Wie unabhängig kann Peer Steinbrück künftig von seinen Wahlkampfhelfern aus der PR-Agentur noch sein? Einem Dienstleister, der bei Unternehmen mit seinem guten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern hausieren ging?

Für die Agentur Steinkühler-com ist ihr Engagement im Steinbrück-Wahlkampf ein lohnendes Geschäft, schon wegen der kolportierten sechsstelligen Summe, die ihr die anonymen Großspender in die Kasse spülen. Sollte es den SPD-Kandidaten im Herbst mit tatkräftiger Unterstützung der PR-Leute ins Kanzleramt tragen, dürften sich beide Seiten freuen: Peer Steinbrück über den Wahlsieg. Und die Wahlkampfhelfer von Steinkühler-com und deren Kunden über einen "schnellen Zugang" zum neuen Top-Entscheider in der deutschen Politik.

Agenturchef Karl-Heinz Steinkühler ficht die öffentliche Kritik von Medien, Bloggern und Twitterern u.a. an der intransparenten Finanzierung von PeerBlog.de nicht an: "Es gibt nichts, was auch nur skandalös wäre", schreibt der Steinbrück-Blogger in seinem jüngsten Post". "Die Aufregung im Netz" gebe es, "weil wir etwas machen, das es bisher noch nicht gab." Das kann man wohl sagen.

Update I: Der WAZ-Rechercheblog weist auf folgende Personalie beim PeerBlog hin:

Steinkühler [ist] eng mit dem vielleicht wichtigsten Berater für Steinbrücks Wahlkampf, dem Medienunternehmer Hans-Roland Fässler, verbandelt. Und sogar ein Schreiber aus dem Führungsumfeld der SPD tritt im „PeerBlog“ offen auf. Der Lebensgefährte von NRW-Familienministerin Ute Schäfer (SPD), Axel Horstmann, wird als Gastautor geführt. Horstmann (SPD) war früher Verkehrsminister in NRW. Das Ministerium seiner Lebensgefährtin vergibt Aufträge an Steinkühlers Agentur.

Die WAZ-Rechercheure sind ebenfalls auf die 2011 angepriesenen Dienstleistungen der heutigen PeerBlogger gestoßen:

Es steht noch ein Geruch im Raum: So versuchte Steinkühler in früheren Zeiten seine Kontakte zu versilbern. Auf seiner Internetseite schrieb er, dass er “intensiven Kontakt zu Entscheidern in Politik und Wirtschaft” habe. Einen Kontakt, den er als Agenturleistung gut verkaufen wollte: “In zahlreichen Begegnungen und Gesprächen oder auf gemeinsamen Auslandsreisen hat er über Jahrzehnte hinweg vertrauensvolle Beziehungen geknüpft, die ihm stets einen schnellen Zugang ermöglichen.” Will Steinkühler nun etwa den Kontakt zu Steinbrück verkaufen?

Update II: Thomas Knüwer weist darauf hin, dass Steinbrück-Wahlhelfer Karl-Heinz Steinkühler in der Vergangenheit nicht immer als großer Bewunderer des SPD-Politikers in Erscheinung getreten ist. Knüwer belegt dies anhand eines Textes von 2011 aus dem Agenturblog stoneblogger.de, in dem es um ein Buch von Peer Steinbrück geht:

Und die (gemeint ist die Jauch-Sendung mit Steinbrück und Helmut Schmidt) zudem dafür sorgen, dass 24,99 Euro dann auch noch die Konten der Autoren und besonders des Vortragsreisenden Peer Steinbrück füllen. Einem Bundestagsabgeordneten aus einer hinteren Reihe, der als Minister in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen und als Regierungschef in Düsseldorf sowie als Bundesfinanzminister schon nicht schlecht verdiente und der sich in seinen zwei Jahren als MdB nun eine satte Rente in Millionenhöhe erschrieben und erredet hat… Peer Steinbrück war nie ein Langstreckenläufer, eher ein Sprinter. Und dieser Marathon zur Kandidatur wirkt nun so, als würde er wie ein Ferrari starten und bei Kilometer 36 wie so mancher Dauerläufer von einem mächtigen Hammer getroffen, der den Sportwagen zum Fiat 500 schrumpfen lässt. Denn einer, der sich über seine sozialdemokratische Partei erhebt, mit schneidiger Arroganz und Besserwisserei, dem traut man die Erdung der Basis nicht zu. Ein Mann, der schon zehn Monate im Voraus weiß, dass er an keinem Wochenende im März 2012 Zeit für einen zweistündigen Besuch einer Veranstaltung mit 400 Genossen an der Basis findet, aber beim Bund der Arbeitgeber am 22. November genauso wie in unzähligen x-beliebigen Buchhandlungen zwischen Kiel und Passau auftritt, der spielt mit der Unterstützung derjenigen, die ihn zum Kandidaten küren sollen.

"Schneidige Arroganz und Besserwisserei", "ein Bundestagsabgeordneter aus einer hinteren Reihe"... Der Autor dieser Zeilen lässt nun sein Wahlkampfengagement für den SPD-Kanzlerkandidaten als Herzensangelegenheit erscheinen? - Letztlich ist das PR-Geschäft vor allem eins: Ein Dienstleistung für zahlungskräftige Kunden. Thomas Knüwer überschreibt seinen Artikel mit "Das Peerblog: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde".


Update III: sueddeutsche.de schreibt:

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will die Unterstützer nicht kennen, die den Jubelblog "peerblog.de" finanzieren. Nur: Sein Sprecher bestätigt genau das Gegenteil.

Der Blog fettehenne.info fragt in diesem Zusammenhang:

Wie will das Steinbrück-Team wissen, dass das Blog “unabhängig” ist, wenn es die Finanzierer nicht kennt?

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Kommentare

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Mich würde mal interessieren ob schon mal jemand eruiert hat wie viel Sinn ein Twitter-Hashtag in einer Blog-Überschrift macht.

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Danke für den Hinweis.

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Ich unterstütze Peer Steinbrück auch.
Das ist für mich genau so Rechtens, wie dieser PeerBlog und das ist auch nicht der Einzige.
Auch die Befürworter von Peer Steinbrück, haben ein Recht auf Meinungsfreiheit, egal wer es ist.
Auch wenn es einigen nicht gefällt, wir lassen uns nicht, den Mund verbieten.

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Was soll eigentlich die seltsame Interpunktion?
Wieso setzen Sie z. B. in "wir lassen uns nicht, den Mund verbieten" ein Komma? Das würde ich echt gerne wissen, weil ich das öfter lese.

WirfürSozialeGerechtigkeit = Peer Steinbrück? Ich bin damals auf die SPD reingefallen, denn nachdem ich sie gewählt habe, gab es u. a. Hartz IV, Kriegseinsätze und alles, was nichts mit Sozialdemokratie oder gar soziale Gerechtigkeit zu tun hat. Und jetzt soll ich wieder auf deren Versprechen reinfallen? Ein zweites Mal nicht. Wenn Sie das wollen; dann nur zu. Aber nicht hinterher rumheulen, wenn der geliebte Herr Steinbrück nicht das umsetzt, was er heute noch verspricht. Und soziale Gerechtigkeit wird es auch mit der SPD nicht geben. Da verwette ich meinen Arsch.

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Oberhausen. Bärbel Höhn sucht für die nächste Bundestagswahl einen Mitarbeiter für den Oberhausener Wahlkreis. Diese Praktikantenstelle wird mit nur vier Euro die Stunde entlohnt, obwohl sich die Grünen in ihrem Parteiprogramm für "einen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro die Stunde" einsetzen.

Wasser predigen, Wein trinken.

Quelle: http://hartgeld.com/Infos-DE.html 05.02.2013

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Den Namen Steinkühler hab ich aus grauer Vorzeit noch als DGB-Funktionär in Erinnerung. Das war allerdings Franz und nicht Karl-Heinz. Gibts da ne Querverbindung (Verwandtschaft o.ä.)? Das könnte u.U. erklären, woher die "schnellen Zugänge" stammen.

Antwort auf von Helmut Weidner-Kim

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Guter Gedanke! Franz Steinkühler, der damals Insiderwissen als Daimler-Aufsichtsrat nutzte um mit Mercedes Aktien spekulieren zu lassen, die Spekulation ging auf beim Umtausch in Daimler-Benz-Aktien (musste ja). Strafbar war das Ausnutzen von Insiderwissen zum Erlangen persönlicher Vorteile damals leider noch nicht so wie heute die Bestechung Abgeordneter es nicht ist.

Der Altersunterschied zwischen den Steinkühlers ist jedoch recht gross. Franz, geb 1937 in Würzburg und Karl-Heinz, geb 1955. Schliesst es aber natürlich nicht aus.

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Steinbrück bringt uns aus die Sche..... heraus.

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Mir erschließt sich nicht, wo hier der Vorwurf gegen Steinbrück liegt.
Hätte er den Blog verbieten, gar zur Unterlassung verklagen sollen?
Mutmaßungen sind leicht aus der Luft zu greifen.
Es entsteht schon ein wenig der Eindruck, man grabscht jetzt nach jedem Bobby Car, um die Kampagne für eine Fortsetzung der Kanzlerschaft Merkel weiter zu kurbeln.

Antwort auf von wAltz

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neee, das erschliesst sich echt nicht, warum sollte es problematisch sein, wenn anonyme Unternehmer sechsstellige Beträge in peerblog investieren um dem P€€R zu helfen? Wenn sie die Agentur Karl-Heinz Steinkühlers beauftragen, die P€€R zuvor ein lukratives Vortragssalär einer französischen Grossbank zuschanzte? Hmmmm könnte sich P€€R etwa als möglicher Kanzler unter Druck gesetzt fühlen sich zu revanchieren? Hach ich komme einfach nicht drauf, ich will den Zusammenhang einfach nicht erkennen und lese jetzt ersma wieder die BILD.

Antwort auf von all night long

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P€€R ist gut - den merk' ich mir! ;-)

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Aufgelesen und kommentiert 2013-02-06...

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PB - moment, stand das nicht im Chemieunterricht immer für: Blei ? Ich kann mir nicht helfen, aber da kommen sofort Assoziationen mit dem Verlauf von PBs Kampagne.

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ich finde den ganzen peersteinbrückgraubereich zum: abwählen. der mann hat in der spd nichts verloren. Peer lebt in den schichten, wo "leichter zugang zu politikern" eben nicht anrüchig ist, sondern normale lobbyarbeit bedeutet. wo die arroganz der macht herrscht.
wo kleine gernegrosse ihre seilschaften bilden, siehe Mappus und Notheis, die parteizugehörigkeit spielt dabei keine rolle.
die spd sollte eine urwahl veranstalten. die unterstüzter von peerblog nennen. ansonsten mit der respektlosigkeit gegenüber den wählern schluss machen!

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Wenn man versucht, die Website zu erreichen, wird man lediglich mit folgendem Text begrüßt:
"Aufgrund von Wartungsarbeiten ist der Peerblog derzeit nicht verfügbar. Wir bitten um Verständnis."

Das erklärt Manches.
Man weiß nie, wessen Freund man ist.

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Der Name "PEERblog" sagt doch alles! Herr PEER Steinbrück will wohl dadurch volksnah erscheinen, ist er aber nicht, wie ich so den Eindruck habe ...

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Nun hat es also eine anonyme Hackergruppe geschafft mit ihren überlegenen technischen Fähigkeiten den Blog zu killen. Weil der anonym gesponsert war. Auch eine Art Zensur. Mir gefällt das nicht.

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Auch ich glaube nicht ,das man der Spd nochmal vertrauen kann,und auch ich werde als ehemaliger grosser anhänger der SPD,diese nach Schröder undMünte nie wieder wählen

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Hallo,

einleitend möchte ich sagen, dass ich es sehr gut und zeitgemäß finde, dass Herr Steinbrück einen Blog betreibt.
politisch gesehen halte ich eigentlich inzwischen alle großen Parteien für eher undemokratisch. Dazu muss man nicht die NPD sein und die finde ich noch unmöglicher.

Ich muss aber lobend anerkennen, dass Herr Steinbrück oder die PR-Agentur die diesen Blog betreibt und pflegt, auch sehr kritische Kommentare zulässt und nicht einfach entfernt.

Das ist für mich ein gutes Zeichen und schafft auch vielleicht ein wenig mehr Vertrauen in die PR-Arbeit unserer Politiker.

Viele Liebe Grüße

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Hallo,

es ist ganz schön interessant wie man Transparenz andeutet und gleichzeitig das Parteispendengesetz umschifft und dies dann auch noch in gute Public Relation verwandeln kann.

Wenn es nicht so erschreckend traurig wäre, könnte man diese Tat direkt bewundern.

Die nächste Frage könnte da lauten: “Wer finanziert die PR Agentur des Herrn Steinb…?“

Ich kann mir gut vorstellen, dass heutzutage fast jeder Politiker solche Maßnahmen in Zusammenarbeit mit einer PR Agentur für seine Zwecke nutzt.

Das ist bestimmt sehr erfolgreich…

In diesem Sinne – ganz lieben Dank