Uwe Riehl
DIE LINKE
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Frage von Lutz H. •

Frage an Uwe Riehl von Lutz H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Riehl,

Mühlacker ist der Standort der Johann-Christoph-Blumhardt-Schule. Diese Schule wird laut Selbsbeschreibung durch ein "christlich-bibelgebundenes Schulprofil" geprägt ( http://www.jcbs-online.de/index.php?id=11 ).

Teil dieses Schulprofils ist nach Schulleiter Reinhard Wurster: "Gerade in einem Fach wie Biologie bekommen die Schüler sowohl die im Bildungsplan vorgeschriebene Evolutionstheorie als auch das biblische Schöpfungsmodell vermittelt." ( http://www.pz-news.de/Home/Nachrichten/Muehlacker/arid,226343_puid,1_pageid,87.html )

Wie stehen Sie zu dieser Art von Unterricht? Halten Sie den Unterricht der Naturwissenschaft Biologie für den angemessene Ort zur Vermittlung von Glaubensinhalten? Sind Sie der Meinung, dass die für einen erfolgreichen Biologieunterricht notwendige Vermittlung der kritischen, wissenschaftlichen Methode eine solche Erweiterung zulässt, ohne den Erfolg des gesamten Unternehmens Biologieunterricht zu gefährden?

Würden Sie als Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg verstärkt auf die Unterrichtsinhalte von Schulen in freier Trägerschaft Einfluss nehmen wollen?

Mit freundlichen Grüßen,

Lutz Horn

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Horn,

erstmal vielen Dank für diese Frage.

Biologie ist eine Naturwissenschaft; ergo ist der Unterricht in Biologie ein Unterricht in einem naturwissenschaftlichen Fach und soll neben der reinen Inhaltsvermittlung eben auch beinhalten, dass die Schüler/innen Formen des wissenschaftlichen Arbeitens erlernen. Dies dient nicht nur dazu, den jungen Menschen ein fundiertes Weltbild zu vermitteln; dies dient auch dazu, Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit zu geben, sich zu selbstständig denkenden Menschen zu entwickeln.

Eine an der Bibel orientierte Schöpfungstheorie hat in einem wissenschaftlichen Unterricht nichts verloren, dieses Schöpfungsbild ist im Religionsunterricht zu vermitteln. Religion heißt nicht "wissen" sondern "glauben". Hätten wir eine Gesellschaft, deren Naturwissenschaften von "Glauben" bestimmt sind, müßten wir auf viele moderne Errungenschaften verzichten und würden heute noch glauben, die Welt ist eine Scheibe.

Interessant wäre es, von jenem Herrn Direktor Einblicke in den Geschichtsunterricht an dieser "christlichen" Schule zu erhalten, wie werden dort die Kreuzzüge mit ihren Masakern an sogenannten Ungläubigen vermittelt, oder die Inquisition und/oder als aktuellers Beispiel die Rolle der "Deutschen Christen" in der Zeit der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft?

Schulen müssen heute mehr und mehr Verantwortung im Rahmen der Erziehung von Kindern und Jugendlichen übernehmen. Hier ist in allererster Linie der Staat/das Land als Schulträger gefragt. Generell kann es nicht sein, dass eine Schule, ob in freier, privater oder staatlicher Trägerschaft, staatliche Lehrpläne zwar einhält und nach eigenen Aussagen vermittelt, die damit verbundenen Kenntnisse aber dann dadurch karikiert, dass Sie ideologische oder religiöse "Glaubenssätze" im selben Unterricht wissenschaftlichen Erkenntnissen gleichstellt.
Hier hat eine Schulaufsichtsbehörde (Schulämter) die Pflicht, sehr kritisch zu prüfen, ebenso die öffentlichen Geldgeber. Stellen Sie sich einmal vor, im Biologieunterricht einer muslimischen Schule würde im Bereich "Sexualkunde" unterrichtet werden, dass die Frau durch die Zurschaustellung ihrer Haare und ihres unverschleierten Gesichts die sündigen Gedanken des Mannes hervorruft (paßt ja auch in die Biologie/Verhaltenslehre, sh. "Reiz - Reaktions Muster") und deshalb das Kopftuch wissenschftlichen Sinn macht. Ein solches Beispiel könnte ich jetzt auch aus dem seltsamen Ansichten sogenannter entschiedener Christen machen, also bitte nicht falsch verstehen.

Lernen, sich entwickeln, gedeihen, sich sozialisieren zu echten sozialen und der heutigen Zeit zugewandten Menschen .............. ist in und mit einer Vermischung von Glauben und Wissen nicht möglich.

Letztlich verantwortlich für die Schulpolitik im Land ist die Landesregierung. Ich werde mich im Landtag dafür einsetzen, allen Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen, die sich weiterbilden möchten, einen freien Zugang zu einer freien Bildung zu schaffen. Schulen, wie die von Ihnen erwähnte Johann-Christoph-Blumhardt-Schule, mit ihrer fehlenden Abgrenzung von Glauben und Wissen, passen nicht in eine aufgeklärte und dem modernen (gerne auch modernen christlichen) Weltbild zugewandte Gesellschaft. Egal
welche Religion oder Ideologie beim privaten Schulträger dahintersteht.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür eintreten, dass die öffentlichen Schulen in BW so gut, so klasse und attraktiv werden, dass keine Mutter und kein Vater mehr die bessere Alternative in nichtstaatlichen Schulen suchen muss. Dieser Weg ist lang, aber am 27. März können Sie mit Ihrer Wahlentscheidung eben auch über dieses Ziel abstimmen.

DIE LINKE kämpft für bessere Bildung und Chancengleicheit, kämpfen Sie mit!

Viele Grüße

Uwe Riehl