Portrait von Ulrike Flach
Ulrike Flach
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ulrike Flach zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Andreas W. •

Frage an Ulrike Flach von Andreas W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Flach,

als Lehrer bespreche ich mit meinen Schülern im Fach Wirtschaft auch Sinn und Höhe von Steuern.

Dazu haben die Schüler im letzten Schuljahr folgende Fragen erarbeitet:

1.Wieviele Personen haben in der BRD ein so hohes Einkommen, dass sie eigentlich den Spitzensteuersatz bezahlen müssten ?

2.Wieviele Personen davon zahlen tatsächlich den Spitzensteuersatz ?

3.Haben Sie Zahlen darüber, wieviel von einem verdienten Euro bleibt nach allen direkten und indirekten Steuern (u.a. Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, Grundsteuer, Versicherungssteuer, Kraftfahrzeug - und Mineralölsteuer und und und) ?
(In Rede stehen ca. 49 Cent, mein Kurs hat aber ausgerechnet, dass nach allen versteckten Steuern, die z.B. auf gekaufte Produkte und Leistungen aufgeschlagen sprich weitergereicht werden, noch etwa 25 Cent bleiben)

4.Was tut Ihre Partei eigentlich für untere Einkommensgruppen ?

5.Sind Sie auch damit einverstanden, dass mit den erhobenen Steuern Arbeitskräfte (Stw. Harz IV Aufstocker) von Unternehmen (z.B. Apple, Starbucks u.a.) mitbezahlt werden, die selbst durch ausgeklügelte Steuervermeidungsstrategien keine Steuern bezahlen ?

6.Wenn nicht, WAS tut Ihre Partei KONKRET gegen solche Steuervermeidungsstrategien ?

7.Könnten Sie einem Gesetz zustimmen, welches regelt, dass jeder von einem Einkommen über 2000 €/Monat grundsätzlich erst einmal einen bestimmten Prozentsatz an Steuern bezahlt (z.B. 15-30%), und erst dann gegen weitere Prozente irgendwelche Abschreibungsmöglichkeiten auf z.B. Mietshäuser geltend machen kann, es also keine Millionäre mehr gibt, die gar keine Steuern zahlen?

Da ich Ihre Antworten mit den Schülern im nächsten Schuljahr besprechen möchte, bitte ich um einfache, klare, konkrete und verständliche Beantwortung.

Mit freundlichen Grüßen Wenner

Portrait von Ulrike Flach
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Wenner,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Anbei die Beantwortung zu Ihren Fragen:

1. Wie viele Personen haben in der BRD ein so hohes Einkommen, dass sie eigentlich den Spitzensteuersatz bezahlen müssten?

Steuersystematisch gibt es kein Einkommen, das nur „eigentlich“ dem Spitzensteuersatz unterliegt. Wenn das zu versteuernde Einkommen den Tarifeckwert für den Spitzensteuersatz erreicht (Single 52.882 € (zvE) bzw. 250.731 € (zvE/ Reichensteuer), dann ist der Spitzensteuersatz zu zahlen.

2. Wie viele Personen davon zahlen tatsächlich den Spitzensteuersatz?

2007 gab es 1.493.944 Einkommensteuerpflichtige, die mit dem ESt-Höchstsatz besteuert wurden. Das sind 5,6 % aller unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen. Sie beziehen 27,33 % aller zu versteuernder Einkommen und tragen mit 43,25 % zum Einkommensteueraufkommen bei (Tabelle 2.7.11.).
(entnommen aus „Datensammlung zur Steuerpolitik – Ausgabe 2012“, Hrsg. Bundesministerium der Finanzen)

3. Haben Sie Zahlen darüber, wie viel von einem verdienten Euro bleibt nach allen direkten und indirekten Steuern (u.a. Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, Grundsteuer, Versicherungssteuer, Kraftfahrzeug - und Mineralölsteuer und und und)?

(In Rede stehen ca. 49 Cent, mein Kurs hat aber ausgerechnet, dass nach allen versteckten Steuern, die z.B. auf gekaufte Produkte und Leistungen aufgeschlagen sprich weitergereicht werden, noch etwa 25 Cent bleiben)
Seriöse Zahlen dazu sind mir nicht bekannt. Die Steuerbelastung durch direkte und indirekte Steuern hängt von sehr individuellen Annahmen ab: Die Höhe der Steuerbelastung aus der Einkommensteuer richtet sich danach, wie hoch das Einkommen insgesamt ist, also in welcher Progressionszone sich der Steuerbürger befindet oder ob er verheiratet oder verpartnert ist. Die Belastung aus indirekten Steuern richtet sich nach dem Konsumverhalten und der Lebenswirklichkeit. Wer kein Auto hat, hat auf diesen Kauf keine Mehrwertsteuer bezahlt und muss weder Kfz- noch Mineralölsteuer noch Versicherungsteuer auf die Kfz-Haftpflichtversicherung zahlen. Die Grundsteuerbelastung richtet sich nach dem Wohnort. Diese Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen.

4. Was tut Ihre Partei eigentlich für untere Einkommensgruppen?

Die Steuerpolitik der FDP legt einen besonderen Fokus auf kleine und mittlere Einkommen. Die FDP will das Ehegattensplitting beibehalten. Die Steuerfreibeträge von Kindern sollen schrittweise auf das Niveau der Freibeträge von Erwachsenen angehoben werden. Die FDP will die Kalte Progression bekämpfen. Derzeit ist es so, dass die Menschen trotz Lohnerhöhungen unter Umständen weniger in der Tasche haben, weil das zusätzliche Einkommen durch automatische Steuererhöhung und die Inflation wieder aufgefressen wird. Wir wollen deshalb die Auswirkungen der Kalten Progression alle zwei Jahre prüfen und den Einkommensteuertarif anpassen, damit der Staat sich nicht auf Kosten der Bürger an der Inflation bereichert. • Im Jahr 2019 läuft der Solidaritätspakt aus. Bis zu diesem Zeitpunkt werden die Aufbauhilfen Ost schrittweise vollständig abgebaut. Wir wollen den Solidaritätszuschlag im Laufe dieser Legislaturperiode schrittweise vollständig abbauen.

5. Sind Sie auch damit einverstanden, dass mit den erhobenen Steuern Arbeitskräfte (Stw. Harz IV Aufstocker) von Unternehmen (z.B. Apple, Starbucks u.a.) mit bezahlt werden, die selbst durch ausgeklügelte Steuervermeidungsstrategien keine Steuern bezahlen ?

Die FDP verfolgt eine Steuerpolitik mit dem Ziel, die Wettbewerbsbedingungen für diejenigen Unternehmen zu verbessern, die ihre Gewinne in Deutschland voll versteuern. Für die FDP ein Erfolg, dass in der vergangenen Legislaturperiode 37 bilaterale Abkommen ratifiziert werden konnten, mit denen der OECD-Standard zu Transparenz und effektivem Informationsaustausch für Besteuerungszwecke umgesetzt wird.
Die FDP unterstützt international zu vereinbarende wirksame Maßnahmen gegen die Gewinnverlagerung und die Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und fordert, diese schnellstmöglich umzusetzen. Auch international operierende Unternehmen müssen ihren fairen Anteil an Steuern dort zahlen, wo die Wertschöpfung stattfindet und dürfen sich nicht mehr durch geschickte Steuergestaltung ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber klein- und mittelständischen Unternehmen, die national operieren.

6. Wenn nicht, WAS tut Ihre Partei KONKRET gegen solche Steuervermeidungsstrategien?

Siehe Antwort zu Frage 5. Die FDP unterstützt, dass sich der Bundesminister der Finanzen, Wolfgang Schäuble, gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Moscovici und dem britischen Schatzkanzler Osborne an die Spitze der internationalen Initiative gegen Steuerverlagerungen international tätiger Unternehmen in der G 20 und der OECD gesetzt hat. Die FDP begrüßt, dass es erste Ergebnisse gibt und erwartet deren Umsetzung.

7. Könnten Sie einem Gesetz zustimmen, welches regelt, dass jeder von einem Einkommen über 2000 €/Monat grundsätzlich erst einmal einen bestimmten Prozentsatz an Steuern bezahlt (z.B. 15-30%), und erst dann gegen weitere Prozente irgendwelche Abschreibungsmöglichkeiten auf z.B. Mietshäuser geltend machen kann, es also keine Millionäre mehr gibt, die gar keine Steuern zahlen?

Einem solchen Gesetz kann weder die FDP noch eine andere im Bundestag vertretene Partei zustimmen, weil ein solches Gesetz verfassungswidrig ist. Das Grundgesetz enthält als Ausfluss aus Art 3 GG das sog. Leistungsfähigkeitsprinzip. Als fundamentaler Grundsatz bestimmt es, jeder Steuerbürger nach Maßgabe seiner individuellen ökonomischen Leistungsfähigkeit zur Besteuerung herangezogen werden soll. Deshalb steht auch einer Familie mit einem Einkommen in Millionenhöhe der steuerfreie Grundfreibetrag zu. Auch den Kindern dieser Familie stehen Kinderfreibeträge zu.
Die Zahlen aus der Steuerstatistik sprechen im Übrigen eine andere Sprache, als es Ihre Frage nahelegt:
2007 gab es 16.681 Steuerpflichtige mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Mio. € oder mehr; 1980 waren es 3.398 Steuerpflichtige. Die -gemessen an der Höhe der Einkünfte -oberen 10 % der ESt-Pflichtigen zahlen 54,6 % des gesamten Lohn- und Einkommensteueraufkommens 2011.
(entnommen aus „Datensammlung zur Steuerpolitik – Ausgabe 2012“, Hrsg. Bundesministerium der Finanzen)

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Flach