Ulrike Bürgel
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Robert S. •

Frage an Ulrike Bürgel von Robert S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Bürgel,

eine 100%ige Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen klingt sehr gut aber wie genau soll das realisiert werden? In einem kleinem Einfamilien-Haus ist das durchaus vorstellbar, die Industrie jedoch hat einen sehr viel größeren Bedarf.

Ich freue mich auf eine Antwort und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Robert Schellenberger

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schellenberger,

Sie stellen eine sehr berechtigte Frage, die ich Ihnen gerne wie folgt beantworten will:
Zunächst einmal wollen wir, dass auch die Unternehmen sich finanziell an der notwendigen Energiewende beteiligen. Das bedeutet, die von schwarz-gelb extrem ausgeweiteten Ausnahmeregelungen für die Industrie wollen wir eindämmen. So werden inzwischen Großabnehmer, Hähnchenschlachtereien und Futtermittelhersteller bei der EEG-Umlage um 7 Mrd. Euro entlastet. Das Geld müssen Privathaushalte und Mittelstand zusätzlich aufbringen. Und dabei hat sich unter der Merkel-Regierung die EEG-Umlage von 1,3 auf 5,3 ct/kWh fast vervierfacht. Und für das kommende Jahr droht ein erneuter Anstieg auf bis zu 6,5 Cent.

Wir haben ein Konzept mit dem wir die Stromkunden kurzfristig entlasten wollen.
Dazu reichen ein paar schnell umzusetzende Änderungen im EEG:
1. Industrieprivilegien auf den Stand von 2008 zurückführen
2. Mindestbeitrag der privilegierten Unternehmen erhöhen
3. Managementprämie abschaffen
4. Liquiditätsreserve der Netzbetreiber verringern

Zusätzlich wollen wir die von Schwarz-Gelb ausgeweiteten Begünstigungen der Industrie bei den Netzentgelten wieder auf den Stand von 2010 zurückführen.

Unterm Strich würden dadurch Privathaushalte und Mittelstand bei den Stromkosten um mindestens 4 Mrd. Euro entlastet trotz weiteren Zubaus von Ökostromanlagen.
Wir wollen zudem das EEG weiterentwickeln. Die Vergütungssätze und Boni stellen wir auf den Prüfstand, die Windkraftförderung wollen wir stärker auf den dezentralen Ausbau an Land ausrichten. Außerdem sollen steuerbare Erneuerbare wie Biomasse und Wasserkraft künftig vorrangig zum Ausgleich der schwankenden Wind- und Sonnenstromerzeugung genutzt und die technischen Anforderungen an die EEG-Anlagen erhöht werden, damit sie besser in die Netze integriert werden können. Eine solche Novelle wollen wir nach der Wahl schnell angehen und 2014 abschließen. Die Energiewende ist nur zu schaffen, wenn wir den unter der CDU-/FDP-Regierung neuerlich ausgelösten Kohleboom beenden. Der Klimakiller Braunkohle erzeugt heute so viel Strom wie seit 1990 nicht mehr: Selbst wenn kein Bedarf besteht, laufen die Kohlemeiler ungedrosselt weiter und überschwemmen den Strommarkt in Deutschland und Europa. - Durch die Festschreibung anspruchsvoller Effizienzvorgaben für neue und bestehende fossile Kraftwerke würde der Ausbau unterbunden und die ältesten und dreckigsten Kohleschleudern würden schon bald vom Netz gehen.

Schließlich wollen wir den Strommarkt dahingehend verändern, dass die Erneuerbaren mittelfristig auch ohne Förderung am Markt bestehen können. Um mit dem Ausbau der Erneuerbaren Schritt halten zu können, ist ein Um- und Ausbau der Stromnetze unabdingbar. Durch eine an den erneuerbaren Energien orientierte, naturverträgliche Netzplanung, vermehrte Erdverkabelung sowie frühzeitige und umfassende Bürgerbeteiligung schaffen wir Akzeptanz und Planungssicherheit für den notwendigen Netzausbau. Dabei wollen wir das NOVA-Prinzip (Netzoptimierung vor Verstärkung vor Ausbau) zugrunde legen. Mit der Gründung einer Deutschen Netzgesellschaft in öffentlicher Hand wollen wir den Netzausbau sichern, denn ein Scheitern an Finanzproblemen von privaten Investoren können wir uns nicht erlauben. Im Bereich der Speichertechnologien wollen wir sowohl Forschungsprogramme auflegen als auch die Markteinführung anreizen. Nur so kann sichergestellt werden, dass ab 2020, wenn zunehmend Speicherkapazität benötigt wird, tragfähige und bezahlbare technische Lösungen auch wirklich bereitstehen.

Der Netzausbau kommt daher auch der Industrie zu Gute und ist ein guter Weg eine 100%ige Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen für die Industrie zu ermöglichen und Strom aus Atom und Kohle komplett überflüssig zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Bürgel