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Frage von Dr. Bruno K. •

Frage an Ulla Schmidt von Dr. Bruno K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Schmidt,

Sie verweisen in der Antwort auf meine Frage nach der rückständigen gesetzlichen Prostatakrebsfrüherkennung wieder auf den Gemeinsamen Ausschuss der Krankenkassen und der Ärzte. Als zuständige Ministerin finde ich es etwas einfach, wie Sie Ihre Verantwortung hier einfach weitergeben.

Bei der Hautkrebsvorsorge habe ich Ihnen ja schon geschrieben, dass die unterschiedlichen Einstiegsaltersgrenzen nicht vom Gemeinsamen Ausschuss vorgegeben wurden, sondern dass die politisch Verantwortlichen einfach nicht bereit sind die Einstiegsaltersgrenzen bei Männern unter 45 Jahre zu setzen.

Bei der veraltetetn Prostatakrebsvorsorge könnten Sie, wenn Sie an Männergesundheit interessiert wären, sich als Ministerin sehr wohl für die Förderung fortschrittlicher Methoden einsetzen, wie Sie es ja auch bei der Brustkrebsvorsorge getan haben. Im Gegensatz zur Bekämpfung von Brustkrebs ist die Bekämpfung von Prostatakrebs jedoch kein offizielles Gesundheitsziel. Hier messen Sie also mit zweierlei Maß.

Gender Mainstreaming ist also entgegen Ihrer Aussage noch nicht in Ihrem Ministerium angekommen, denn wenn es angekommen wäre, würden Sie bei einer um 6 Jahre niedrigeren Lebenserwartung männlicher Mitbürger im Gegensatz zu weiblichen Mitbürgern nicht auf Gesundheitsberichte, Gesundheitsdatenbanken oder moderner Krebsfrüherkennung verzichten.

Statt dessen haben Sie einmal in einer Rede gesagt, dass Gender Mainstreaming für Sie bedeutet, dass Sie ein frauenspezifische Gesundheitsförderung betreiben wollen. Wieso frage ich Sie, grenzen Sie bei Ihrer Interpretation von Gender Mainstreaming die gesundheitsliche Situation und die gesundheitlichen Probleme aus?

Diese Ambivalenz ist aus Ihren bisherigen Antworten nicht klar erkennbar.

MfG

Dr. Köhler

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Sehr geehrter Herr Köhler,

wie ich Ihnen bereits mitteilte, hat der Gesetzgeber die Ausgestaltung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen übertragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92 SGB V das Nähere zu den o. g. Maßnahmen und entscheidet u. a. auf der Grundlage von wissenschaftlichen Studien und Anhörungen von Experten darüber, auf welche Leistungen Versicherte einen Anspruch haben. Für ein Eingreifen des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung im Rahmen einer Ersatzvornahme in den von Ihnen genannten Fällen gibt es keine Anhaltspunkte.

Grundsätzlich ist zu bedenken, dass Früherkennungsuntersuchungen, die sich bevölkerungsweit an alle Personen ab einem bestimmten Lebensalter richten, ein besonders hohes Maß an Sicherheit und Trennschärfe haben müssen, um einerseits Gesunde durch unklare Untersuchungsbefunde, die sich bei weiterer Diagnostik als haltlos herausstellen, nicht unnötig zu belasten und andererseits bereits Erkrankte sicher in einem möglichst frühen Stadium der (Krebs)Erkrankung zu entdecken. Daraus ergibt sich, dass nicht jede Untersuchung, die eine frühe Diagnosestellung ermöglicht, als Früherkennungsangebot an alle Versicherten geeignet ist.

Auch die Einstiegsaltersgrenzen für Krebsfrüherkennungsmaßnahmen sind im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Krebsarten und auch den betroffenen Geschlechtern zu sehen. So liegt beispielsweise das mittlere Erkrankungsalter für Prostatakrebs bei 71 Jahren, somit 5 Jahre höher als für Krebs insgesamt. Erste Erkrankungen treten kaum vor dem 50. Lebensjahr auf. Insofern liegt das Einstiegsalter zur Prostatakrebsfrüherkennungsuntersuchung bei Männern bei 45 Jahren. Hingegen wird bei Frauen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren die Diagnose "Gebärmutterhalskrebs" deutlich häufiger gestellt als bei Frauen über 65 Jahren. Dieser Tatsache wird durch das Einstiegsalter von 20 Jahren zur Früherkennung auf Gebärmutterhalskrebs Rechnung getragen. Bei der Früherkennung auf Darmkrebs gibt es eine einheitliche Regelung für Frauen und Männer mit einem Einstiegsalter von 50 Jahren.

Was die Früherkennung von Hautkrebs betrifft, wurden aufgrund der Ergebnisse einer Ende 2004 abgeschlossenen Studie die Beratungen zur Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse durch den zuständigen Unterausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses bereits aufgenommen.

Hinsichtlich der Bekämpfung von Prostatakrebs als offizielles Gesundheitsziel der Bundesregierung ist festzustellen, dass es sich bei dem Projekt "gesundheitsziele.de" nicht um eine eigenständige Maßnahme der Bundesregierung handelt. Vielmehr wird "gesundheitsziele.de" von der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V. (GVG) koordiniert und steht in Kooperation mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung. Die GVG wird von einem Mitgliederkreis getragen, der nahezu alle Zweige der sozialen Sicherung institutionell und personell abbildet. In Arbeitsgruppen der GVG wurden auch die bisherigen Zielthemen für "gesundheitsziele.de" erarbeitet und beschlossen.

Abschließend versichere ich Ihnen, dass Gender Mainstreaming für mich nicht nur frauenspezifische Gesundheitsförderung bedeutet, wenngleich es in diesem Bereich - wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe - noch Defizite gibt, sondern es beinhaltet die geschlechterdifferenzierte Betrachtung gesundheitspolitisch relevanter Themen. Daher werden auch bei der Gesundheitsberichterstattung vorrangig geschlechtsspezifische Besonderheiten berücksichtigt.

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Schmidt