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Ulla Lötzer
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Frage von Dennis J. •

Frage an Ulla Lötzer von Dennis J. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Lötzer

Ich würde von ihnen gerne folgendes wissen. Wie steht die Partei Die Linke allgemein zu den Vereinten Nationen (UN), wie stehen sie im besonderen zu dieser Organisation?

Ich bin der Auffassung, dass eine UN Resolution für alle Staaten bindend sein sollte, dass die UN als einzige Institution über Krieg und Frieden entscheiden sollte und dass UN Resolutionen auch durch Zwang durchgesetzt werden müssen.
Im Rahmen von ISAF gilt, dass, wenn auch nicht durch die UN iniziiert, für diesen Natoeinsatz eine ganze Reihe von Resolutionen existieren (zuletzt die Resolution 1890), die den Einsatz aus meiner Sicht legitimieren und auf Grund dessen auch unser Land gefordert ist dem Afghanischen Volk bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen.

Ist es nur idealistischer Pazifismus ihrer Partei oder gibt es klare Argumente, warum NATO, UNO und schließlich die Bundesregierungen unter Schröder und Merkel bei ihrer Unterstützung des ISAF Mandats falsch liegen sollen?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr John,

gerade die Erfahrungen in Afghanistan zeigen, dass Terrorismus nicht mit Krieg bekämpft werden kann. Das Ergebnis von mehr als acht Jahren Krieg in Afghanistan ist verheerend. 2009 sind im Afghanistan-Krieg über 2400 Zivilisten getötet worden, so viele wie nie zuvor seit Kriegsbeginn. Mit jedem getöteten Zivilisten wächst die Gefahr, dass die Taliban neuen Zulauf bekommen. Die Armut wächst, Hunger bedroht große Teile der der afghanischen Bevölkerung. Frauen und Kinder leiden nach wie vor am stärksten unter dem Krieg. Die Intensität der Kriegshandlungen wächst - alles Hinweise für das Scheitern der NATO-Strategie.

Die Sicherheitsunterstützungstruppe ISAF übernimmt zunehmend die Aufgaben und die Art der Kriegsführung der Operation Enduring Freedom (OEF). Im Gegensatz zur ISAF besitzt die Operation Enduring Freeedom kein Mandat der UN und ist völkerrechtswidrig. Zur Kriegsführung der OEF gehören auch Menschenjagd und gezielte Tötungen. Welches menschenverachtende Ausmaß dies annehmen kann hat das Bombardement von zwei entführten Tanklastzügen im September 2009 gezeigt bei dem bis zu 140 Menschen getötet wurden.

Die Afghanistan-Politik muss komplett geändert werden, damit das Leiden der Bevölkerung abnehmen und der Wiederaufbau des Landes beginnen kann. Dazu gehört der Abzug der Bundeswehr ebenso wie die Stärkung der demokratischen Kräfte in Afghanistan und Hilfe für den zivilen Aufbau.

Ich trete ein für eine Stärkung der UNO, allerdings muss sie auch demokratisiert werden. Die Struktur des UNO-Sicherheitsrats als bedeutendstem Entscheidungsgremium spiegelt noch die Machtverhältnisse des Kalten Krieges wider.

Für die Bundesregierung ist zuallererst das Grundgesetz bindend. Unser Grundgesetz verbietet die Beteiligung an Kriegshandlungen, die nicht der Verteidigung Deutschlands dienen. Das strikte Friedensgebot des Grundgesetzes (Art. 26 GG) ist eine der wichtigsten Lehren aus den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts, für die das Kaiserreich und das faschistische Deutschland verantwortlich waren. Dass sich die Bundesregierung darum herumdrückt, zuzugeben, dass die Bundeswehr an einem Krieg teilnimmt, resultiert doch daraus, dass die engen Grenzen des Grundgesetzes längst überschritten sind.

Mit freundlichem Gruß
Ulla Lötzer