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Stefan Kraxner
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Frage von Marie E. •

Frage an Stefan Kraxner von Marie E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kraxner,

ich verfolge seit einiger Zeit die Diskussion um das Feierabend-Parlament in den Medien. Hamburg ist das einzige Bundesland mit einem solchen Parlament.
Sind sie dafür oder dagegen?
Nennen Sie bitte Gründe!

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Marie Erdmann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Erdmann,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 30. Mai 2005.

Wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen weiß ich die Vorzüge unseres "Teilzeitparlaments" - die gängige Formulierung "Feierabendparlament" halte ich übrigens für zu kurz geraten - zu schätzen.

So bietet diese für Hamburg gewählte Regelung Gewähr für die berufliche und persönliche Unabhängigkeit eines Abgeordneten. Auch kommt die für Hamburg gewählte Lösung den ursprünglichen Vorstellungen der Väter unseres Grundgesetzes und unserer Landesverfassung am nächsten: Diese hatten das Mandat eines Abgeordneten als ein unbezahltes, mit gewissen Aufwandsentschädigungen und Boni (z.B. freie Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln) versehenes Ehrenamt vorgesehen. Dies hatte jedoch für das Vollzeitmandat zur Folge, dass in der Praxis nur solche Bürgerinnen und Bürger den Weg in das Parlament fanden, die im Rahmen ihrer Lebens- und
Berufsplanung entweder gewillt waren, starke finanzielle Einschränkungen hinzunehmen oder ohnehin so gut situiert waren, dass sie ihren Lebensunterhalt als Privatiers bestritten. Dass eine solche Regelung nicht geeignet war, das Parlament allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich zu machen, versteht sich von selbst.

Die daraufhin gewählte Lösung der Bezahlung von Abgeordneten eines Vollzeitparlamentes durch sog. Diäten steht seit deren Einführung regelmäßig in der Diskussion.

Dass wir in Hamburg diese Diskussionen nicht führen, hängt damit zusammen, dass hier der ursprüngliche Gedanke des Abgeordnetenmandats als Ehrenamt noch seine Ausprägung findet. Zwar erhalten die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft zwischenzeitlich auch ein Entgelt für die Mandatsausübung (Hintergrund: Wandel vom "Feierabendparlament" zum "Teilzeitparlament" und die damit einhergehende steigende zeitliche Inanspruchnahme des Abgeordneten). Jedoch handelt es sich dabei lediglich um eine Teilalimentation. Zur Sicherung seines Lebensunterhaltes muss ein Abgeordneter der Hamburgischen Bürgerschaft aber nach wie vor - und das zurecht - einem Haupterwerb nachgehen.

Diese Notwendigkeit der täglichen Berufsausübung (neben dem ausgeübten Mandat) stellt wiederum sicher, dass ein starker persönlicher Bezug zu dem gewöhnlichen Alltag besteht. Durch den regen und stetigen täglichen beruflichen Austausch mit Nichtparlamentariern und Nichtlobbyisten wird zudem verhindert, dass der Bezug zur Realität und zu den Wünschen, Ängsten
und Hoffnungen der Bürgerinnen und Bürger verloren geht. Insbesondere in einem Stadtstaat wie Hamburg ist es für einen Parlamentarier sehr wichtig, dass er den Realitäten des Alltags nicht entrückt. Nach meiner vollen Überzeugung kann er dies in unserem Land am besten in einem "Teilzeitparlament".

Wie die Entwicklung in Hamburg durch die Einführung von Wahlkreisen fortschreiten wird, vermag ich derzeit nicht einzuschätzen. Sicher erscheint jedoch, dass die zeitliche Inanspruchnahme und der "Arbeits"aufwand für das Wahlkreismandat eher größer denn geringer wird. Möglicherweise muss vor diesem Hintergrund dann auch darüber nachgedacht werden, ob man auch in Hamburg vom traditionellen Teilzeitparlament zum Vollzeitparlament überwechselt. Dieses würde - und das muss auch deutlich gesagt werden - notwendigerweise dann auch die Umstellung von Teilzeit- auf Vollalimentation bedeuten.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Kraxner