Direktkandidatin Ruth Fiedler
Ruth Fiedler
DIE LINKE
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Frage von Steinbach A. •

Frage an Ruth Fiedler von Steinbach A. bezüglich Politisches Leben, Parteien

Sehr geehrte Frau Fiedler,
Vor der Landtagswahl Sachsen-Anhalt am kommenden Wochenende bin ich noch unschlüssig, welchem Kandidaten ich meine Stimme geben möchte.
Ich habe mich mit den verschiedenen Parteiprogrammen beschäftigt.
Die „perfekte“ Partei, die alle meine politischen Interessen vertreten würde, gibt es natürlich nicht.
Zu einigen kontroversen Punkten würde ich gerne wissen, wo Sie politisch stehen?
1. Für welche politischen Bereiche würden Sie sich in Magdeburg engagieren, wenn Sie in den Landtag gewählt werden?

2. Familienpolitik
Wie würden Sie persönlich Kinder stärken?
Was ist für Sie das Wichtigste, was Kinder brauchen, um seelisch gesund aufzuwachsen?

3. Abtreibung
Haben Sie eine persönliche Meinung zu diesem Thema? Welche?

4. Flüchtlingspolitik:
Wie relevant ist dieses Thema für Sie persönlich?
Haben Sie persönlichen Kontakt zu Flüchtlingen?
Verfolgen Sie die Entscheidungen des BAMF und die kritisierte Abschiebepraxis z.B. nach Afghanistan?
Wissen Sie, wie Deutschland Arbeitserlaubnisse und Beschäftigungsverbote hantiert?

Mit freundlichen Grüßen

Direktkandidatin Ruth Fiedler
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau S.,

vielen Dank für Ihr Interesse an meinen Positionen. Sehr gerne gebe ich Ihnen Auskunft darüber.

Zur ersten Frage: Vorweggenommen: Als Landtagsabgeordnete in einer Fraktion bekommt man ja einen Aufgabenbereich zugeordnet und muss/darf darauf seinen Schwerpunkt legen. Dinge, für die ich persönlich brenne, sind aber soziale Gerechtigkeit, Antifaschismus und sozial-ökologischer Umbau.

In Bezug auf die soziale Gerechtigkeit liegt mir ganz besonders die Daseinsvorsorge am Herzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Gemeinwohl für die Zufriedenheit einer Gesellschaft elementar ist. Aufgrund falscher politischer Weichenstellung, die sich nur am Profit orientiert, wurde die öffentliche Daseinsvorsorge in allen Bereichen entweder kaputtgespart oder privatisiert. Exemplarisch stehen dafür die Bereiche Gesundheit, Bildung, öffentlicher Nahverkehr, Wasser und Strom. Aber natürlich gibt es noch viele weitere Bereiche, die für eine funktionierende Infrastruktur grundlegend sind.

Selbstverständlich hat ein armes Land Schwierigkeiten, diese Gemeingüter umfassend zur Verfügung zu stellen. Dass es aber in einem der reichsten Länder der Welt das Gemeinwohl nicht im Vordergrund steht und stattdessen die Interessen weniger Privilegierter bedient werden, ist und bleibt für mich einfach nicht akzeptabel.

Eines der wichtigsten meiner Ziele, aber auch der LINKEN Sachsen-Anhalt generell, ist die Sicherung der Krankenhausversorgung in öffentlicher Hand. Dabei sieht unser Konzept einen Klinikverbund in Landeshand vor, um die Hauptlast von den Kommunen zu nehmen. Gesundheitsversorgung ist Daseinsvorsorge, die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses darf nicht zu Lasten des Personals und der Patient:innen gehen. Wie genau das umgesetzt und finanziert werden soll können Sie im folgenden Link nachlesen:

https://www.dielinke-fraktion-lsa.de/fileadmin/user_upload/Plaedoyer_oeffentlicher_Klinikverbund_20201119.pdf

Auch Bildung ist uns LINKEN nicht nur vor Wahlen eine Herzensangelegenheit. DIE LINKE Sachsen-Anhalt setzte sich Hand in Hand mit verschiedenen Verbänden und Elterninitiativen als einzige Partei aktiv für das Volksbegehren gegen Lehrermangel ein. Das Ziel war, einen verbindlichen Schlüssel für Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiter:innen und Schulsozialarbeiter:innen gesetzlich festzulegen. Leider fiel der erste Lockdown genau in die Zeit der Unterschriftensammlung, so dass nicht genügend Unterschriften gesammelt werden konnten. Selbstverständlich werden wir aber weiterhin für ein gut ausgestattetes, kostenloses Bildungssystem, inklusive Kita und Hort, kämpfen, denn Bildung ist ein Grundrecht, das ebenfalls nicht Sparzwängen unterliegen darf.

Als Wernigeröder Stadträtin habe ich persönlich sehr dafür gekämpft, dass die fehlenden 90.000€ zum angemessenen Ausbau der Diesterwegschule freigemacht werden, anstatt das Geld für zusätzliche Schikanen der Touristenbelustigung auszugeben. Doch auch hier steht das Wohl der Einwohner:innen nur dann an vorderer Stelle, wenn es im Interesse des einflussreichen Stadtgeklüngels ist. Und dies deckt sich im seltensten Fall mit den Interessen des Großteils der Bevölkerung oder gar der finanziell benachteiligten Einwohner:innen.

Kurz gesagt: Ich möchte die Stimme der Vielen und die Stimme derer sein, die überhaupt keine Lobby haben. Das ist mein oberstes Ziel. Gerne bin ich bereit, auf Nachfragen dazu zu antworten.

2. Familienpolitik
Wie würden Sie persönlich Kinder stärken?
Was ist für Sie das Wichtigste, was Kinder brauchen, um seelisch gesund aufzuwachsen?

Jeder spricht zwar davon, dass Kinder unsere Zukunft sind, keiner schafft aber tatsächlich die Grundlagen dafür. Kinder brauchen in erster Linie ein glückliches Zuhause. Dieses Glück hängt viel von den staatlich zu schaffenden Rahmenbedingungen ab. Wie oben beschrieben muss das Gemeinwohl im Vordergrund stehen, so dass Daseinsvorsorge selbstverständlich ist und eine Teilhabe für Alle möglich ist. Das politische System muss sich dahingehend ändern, dass Familien und Alleinerziehende nicht mehr in die Armutsfalle geraten oder von Abstiegsängsten geplagt werden. Die auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich befeuert die Unzufriedenheit der Menschen, was sich auch im häuslichen Klima niederschlägt. Wir LINKEN fordern außerdem seit langem eine Kindergrundsicherung, die nicht nur mehr Kindergeld für jedes Kind fordert, sondern auch angemessene Zuschläge für Kinder aus finanziell klammen Familien.

Nichtsdestotrotz halte ich den Besuch von Kindertagesstätten für eine wichtige Ergänzung. Ich selbst bin mit fünf Geschwistern aufgewachsen, die Oma lebte im Haus und in der Nachbarschaft gab es jede Menge andere Kinder. Heute ist die Situation eine andere. Man lebt isolierter und hat weniger Kinder. Darum halte ich den Besuch von Kindertagesstätten für den Austausch mit anderen Kindern in der heutigen Zeit für unverzichtbar. Allerdings müssen natürlich auch hier die richtigen Voraussetzungen geschaffen sein. Nur mit einem ausreichenden Personalschlüssel, angemessen bezahlten Fachkräften und guter Ausstattung kann eine Kindereinrichtung ihrer Aufgabe gerecht werden. Die Erzieher:innen müssen die Möglichkeit haben, als Bezugsperson für die Kinder zu dienen, denn das sollten sie sein: eine Bezugsperson. Je nach dem Zuhause der Kinder ist eine unterschiedlich lange Verweildauer für das Kind von Vorteil. Ich halte nichts von begrenzten Zeitkontingenten, wenn das Kind im Kindergarten besser aufgehoben ist als Zuhause.

3. Abtreibung
Haben Sie eine persönliche Meinung zu diesem Thema? Welche?

Auch wenn ich jede einzelne Abtreibung bedaure halte ich die Selbstbestimmung der Frau hier für vorrangig. Dennoch ist ein verpflichtendes Gespräch mit einer sozialen Stelle wichtig, da somit manchen Schwangeren doch eine Alternative zur Abtreibung aufgezeigt werden kann.

4. Flüchtlingspolitik:
Wie relevant ist dieses Thema für Sie persönlich?
Haben Sie persönlichen Kontakt zu Flüchtlingen?
Verfolgen Sie die Entscheidungen des BAMF und die kritisierte Abschiebepraxis z.B. nach Afghanistan?
Wissen Sie, wie Deutschland Arbeitserlaubnisse und Beschäftigungsverbote hantiert?

Ich bin nicht persönlich in der Flüchtlingshilfe aktiv. Dennoch beschäftigt mich als Menschen, der alle Menschen als gleichwertig ansieht, das Thema sehr. So bin ich Fördermitglied von Seawatch und habe schon an mehreren Seebrückeaktionen teilgenommen. Ich gehöre zum dem Teil der LINKEN, der „offene Grenzen für Alle“ fordert. Ich bin der festen Überzeugung, dass kein Mensch freiwillig flüchtet, sondern immer aus Not. Diese ist hauptsächlich durch uns, die wohlhabenden Staaten, verursacht oder zumindest begünstigt. Egal ob Krieg (ich bin Pazifistin), Ausbeutung, oder aber Klimawandel, der globale Süden muss unseren Lebensstil ausbaden. Solange Menschen fliehen, müssen wir sie auch aufnehmen. Dass Menschen auf dem Weg zu uns sterben oder an der Grenze dahinvegetieren, ist untragbar, genauso wie das Aufwiegen unseres Lebensstandards mit dem Leben von Geflüchteten.

Abschiebungen nach Afghanistan lehne ich kategorisch ab.  

Mit den konkreten Formalitäten in Bezug auf Geflüchtete habe ich mich schon länger nicht mehr auseinandergesetzt. Aber mein aktiver Schwerpunkt liegt seit geraumer Zeit auf antifaschistischer und antirassistischer Arbeit. Ich bin hier im Harzkreis offene Gegnerin nationalistischer und rassistischer Positionen. Auch das Bündnis Bunter Harz, ein Bündnis für Zivilcourage und gegen rechte und menschenfeindliche Strukturen, entstand ursprünglich auf meine Initiative hin.

Ich grüße Sie herzlich und stehe, wie gesagt, gerne für Nachfragen zur Verfügung.

Ihre Ruth Fiedler