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Patrick Döring
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Frage von Ulla S. •

Frage an Patrick Döring von Ulla S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Döring ,

Vor einiger Zeit mußte ich nach München umziehen. Ich habe meinen Arbeitsplatz in Tuttlingen gewechselt. Nach einiger Zeit hat mein Chef junge Polinnen eingestellt und da ich keinen Kündigungsschutz hatte, wurde ich "freigestellt " mit dem Hinweis, daß diese günstiger zu beschäftigen sind und jünger sind als ich.

Gerade Gutbetuchte verdrängen immer öfters einheimische Mieter. Das nennt man Gentrifizierung. Haben Sie das schon mal gehört und was tun Sie dagegen?

Meines Erachtens kommt es nicht so sehr auf die Einwanderungszahl an, aber es ist doch unstrittig, daß nicht nur Hochqualifizierte kommen, sondern auch Menschen die hier besser auszubeuten sind, weil sie nicht gewerkschaftlich organisiert sind, weil sie nach dem letzten Strohhalm greifen oder weil sie als Familiennachzügler kommen. Warum nimmt man nicht einfach nur Zuwanderer auf, die der Arbeitsmarkt auch wirklich braucht? Davon abgesehen: die Flüchtlinge tragen am wenigsten zur hohen Zuwanderung bei, da besonders Süd-und Osteuropäer zu uns strömen und da ist kein Krieg.

Die Politik weist zudem auf den demografischen Faktor hin. In diesem Link sehen Sie, dass es auch Artikel gibt, die das schönrechnen der Arbeitslosenstatitk kritisch unter die Lupe nehmen:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/beschaeftigung-3-2-millionen-arbeitslose-gelten-nicht-als-arbeitslos-1512738.html

Warum hat die FDP nicht ihre eigenen Worten Taten folgen lassen und die Arbeitslosenstatistik anders gestaltet, anstatt zu schönen?

Hinzu kommt, dass z.B. diese Woche in der ARD kam, dass 8 Mio. Menschen in Deutschland für weniger als 8 Euro/ Stunde arbeiten müßen, hinzu kommen lt. der Sendung 6,5 Mio. die nur einen Mini-Job haben. Und viele Hartz IV-Emfänger sind Aufstocker, 1 Euro-Jobber und Umschüler. Was wollen Sie für diese Personengruppe tun? Sie aufgeben?

Hochachtungsvoll

Ulla Schwarzer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Schwarzer,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Es tut mir leid zu hören, dass sie Ihre Stelle verloren haben. Ich hoffe, Sie finden bald eine neue Tätigkeit.

Städte sind seit jeher Zentren des Aufeinandertreffens ganz unterschiedlicher Men-schen – aus unterschiedlichen Regionen und aus unterschiedlichen Milieus. Die Stadtgesellschaft unterliegt ständigen Veränderungen und somit wird der gesell-schaftliche Zusammenhalt tagtäglich erneut auf die Probe gestellt. War Gentrifizierung vor wenigen Jahren nur ein Fachwort, ist es jetzt in aller Munde. Die Debatte, wie viel Zuwanderung unsere Städte benötigen oder vertragen und wie der Wohnungsmarkt Veränderungen aufnehmen kann – ohne neue soziale Probleme zu erzeugen, sind zwei Seiten derselben Medaille.
Integration und Inklusion sind jedoch nicht die einzigen aktuellen Themen. Gemeinsam mit den Herausforderungen des demografischen Wandels und des Klimaschutzes ergibt sich eine Querschnittsaufgabe, die eine Schlüsselposition für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung unseres Landes einnimmt. Denn in einigen Ballungsgebieten steigt die Nachfrage nach Wohnraum stark, was den Anstieg der Preise bewirkt. Statt staatlicher Reglementierung der Miethöhe bei Neu-vermietung, die ein Investitionshemmnis darstellt, kann solchen Engpässen auf regionalen Wohnungsmärkten nur mit gezielter Neubauförderung begegnet werden. Geeignete Maßnahmen sind unter anderem die haushaltsneutrale Umsteuerung der Wohnungsbauförderung mit stärkerem Fokus auf Neubau und die Zweckbindung der Bundeszuweisungen für den sozialen Wohnungsbau an die Länder. Um ein nachfragegerechtes Wohnraumangebot zu sichern, benötigen Mieter und Vermieter überdies Planungssicherheit. Diesen Anforderungen muss das Mietrecht insbesondere im Kontext mit der energetischen Gebäudesanierung Rechnung tragen und weiterhin investitionsfreundlich gestaltet bleiben. Nur so kann es auch zukünftig bedarfsgerechten und bezahlbaren Wohnraum geben.

In Ihrer Anfrage sprechen Sie außerdem die Zuwanderung von Fachkräften an. Die FDP setzt sich diesbezüglich für ein Einwanderungsrecht ein, das Fachkräften eine Chance am Arbeitsmarkt gibt. Deutschland muss offen sein für Talente aus aller Welt, eine Willkommenskultur etablieren und um kluge Köpfe konkret und aktiv werben. Die begonnene Liberalisierung bei der Einwanderung von Fachkräften und den Einstieg in ein modernes Einwanderungsrecht wollen wir fortsetzen.
Dazu streben wir die Weiterentwicklung des Arbeitssuchvisums zu einem klaren und vollständigen Punktesystem nach dem Vorbild von Kanada und Australien an.
Auf dem Weg dorthin wollen wir auch die bestehenden Gehaltsgrenzen für die Ein-wanderung weiter absenken und anfängliche Sprachbarrieren abbauen. Hierzu soll, unabhängig von der mittel- bis langfristigen Förderung von Deutsch als Fremdsprache, Englisch als ergänzende Verkehrs- und Arbeitssprache in Bereichen der öffentlichen Verwaltung gefördert und etabliert werden, die für die gezielte Zuwanderung relevant sind. Die Arbeitserlaubnispflicht soll zudem bei rechtmäßigem Aufenthalt entfallen. Analog zur Regelung für Studenten, die für ein Studium nach Deutschland kommen, sollen auch Auszubildende aus Drittstaaten, die eine Lehre in Deutschland absolvieren wollen, einen Aufenthaltstitel erhalten.
Zuwanderung ist ein weites und wichtiges Zukunftsfeld. Wir Liberale werden uns weiterhin allen Aspekten annehmen.

Zu Aussagen, die Arbeitslosenstatistik sei geschönt, möchte ich Ihnen sagen, dass solche Behauptungen leider oft zu hören sind – das macht sie aber nicht richtig. Wer als arbeitslos gilt, ist im Sozialgesetzbuch III (SGB III) klar normiert, und zwar seit Jahren unverändert. Die schwarz-gelbe Koalition hat an der Definition nichts verändert, die positive Entwicklung der letzten Jahre am Arbeitsmarkt ist also kein statistischer Trick, sondern real. Manche Irritationen über die Statistik entstehen dadurch, dass „arbeitslos“ im Sinne des Gesetzes etwas anderes bedeutet, als einfach „keinen Job zu haben“. So hat es beispielsweise keinen Sinn, jemanden gesetzlich und statistisch als arbeitslos einzustufen, der mit einer schweren Erkrankung über einen längeren Zeitraum im Krankenhaus liegt, weil er natürlich in diesem Moment gar keine Arbeit aufnehmen kann.
Neben den Arbeitslosenzahlen weist die Bundesagentur für Arbeit (BA) aber genau deshalb seit einigen Jahren mit jeder monatlichen Veröffentlichung der Arbeitslosenzahlen auch die sogenannte „Unterbeschäftigung“ aus. Diese weist alle Personen aus, die arbeiten oder auch nur mehr arbeiten würden, wenn sie könnten. Dazu gehört dann beispielsweise auch der oben genannte Krankheitsfall, jemand der in Kurzarbeit ist, sich in einer Weiterbildung oder anderen arbeitsmarktpolitischen Maßnahme befindet oder auch selbst die sogenannte „Stille Reserve“, also etwa eine Hausfrau oder ein Hausmann, die oder der sich vorstellen könnte, wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Wenn Sie dazu mehr wissen wollen, empfehle ich Ihnen die Homepage des BA unter

http://statistik.arbeitsagentur.de/nn_10260/Statischer-Content/Grundlagen/
Berechnung-Arbeitslosenquote/Berechnung-Arbeitslosenquote.html

Desweiteren ist die Aussage, dass 8 Mio. Menschen in Deutschland für weniger als 8 Euro pro Stunde arbeiten, nicht richtig. Was diesbezüglich zum Teil behauptet wird, ist abenteuerlich. Daher im Folgenden ein paar klare Zahlen: Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) geht davon aus, dass 5 Millionen Menschen für einen Bruttolohn von unter 8,50 Euro pro Stunde arbeiten. Laut des IAQ-Reports der Universität Duisburg Essen gibt es überdies 2,9 Millionen Minijobber. Darin inbegriffen sind auch Schüler-, Studenten- und Hilfsjobs und 1,8 Mio. Personen, die keine Ausbildung haben. Folglich haben Personen mit Ausbildung ein deutlich geringeres Risiko, einen Niedriglohn zu bekommen. Jährlich steigen 24,1 Prozent aller Geringverdiener in den Normalverdienerstatus auf. Heißt: der Niedriglohnsektor ist für viele auch der Einstieg in Arbeit und bietet den Aufstieg in höher bezahlte Beschäftigung.
Dennoch ist es so, dass es Menschen gibt, die von ihrer Arbeit nicht leben können – die sogenannten „Aufstocker“. Seitdem es die Statistik gibt, bewegt sich die Aufstockerzahl immer zwischen ca. 1,2 und 1,4 Mio. Menschen – ist also relativ konstant. Glücklicherweise nimmt die Zahl der Vollzeit-Aufstocker jedoch ab. Von ca. 1,3 Mio. Aufstockern sind heute nur noch rund 330.000 in Vollzeit beschäftigt, also nur rund 25 Prozent. Aufstockung bedeutet aber auch nicht immer niedriger Lohn. Von den 1,3 Mio. arbeiten rund 920.000 nur Teilzeit und ca. 125.000 sind selbstständig. Je nach Betrachtungsmethode (stichtagsbezogen oder über einen längeren Zeitraum) lässt sich nur bei rund 80.000 bzw. 10.000 Personen von der Aufstockung auf einen zu niedrigen Lohn schließen (Single & Vollzeit). Das sind weniger als 0,2 Prozent aller Erwerbstätigen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen und verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Patrick Döring, MdB