Portrait von Norman Paech
Norman Paech
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Norman Paech zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Levent K. •

Frage an Norman Paech von Levent K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Professor Paech,

zunächst vielen Dank für die konstruktive und völkerrechtlich korrekte Position, die die Linksfraktion in ihrem Kaukasusantrag bezüglich des Karabach-Konflikts einnimmt. Ich nehme an, dass Sie persönlich als erfahrener Völkerrechtler ihre Fraktion dahingehend beraten haben, wie dieser Konflikt aus völkerrechtlicher Sicht zu lösen ist. Glauben Sie mir: die über eine Million Flüchtlinge, die als Folge der brutalen Aggression Armeniens ihre Heimat verloren haben, sind Ihnen sehr dankbar dafür, dass ihr Schicksal nicht ungehört bleibt! Ich habe folgende Nachfragen an Sie:

1.) Was muss ihrer Meinung nach die internationale Staatengemeinschaft tun, um Armenien zur Einhaltung der kürzlich verabschiedeteten UNO-Resolution (die die Zugehörigkeit Berg-Karabachs zu Aserbaidschan eindeutig bekräftigt) zu bewegen?

2.) Meinen Sie nicht auch, dass die internationale Diplomatie mehr Druck auf Armenien ausüben muss, dass seit nunmehr 14 Jahren die Friedensverhandlungen praktisch sabotiert?

3.) Sehen Sie Chancen, dass Aserbaidschan und Serbien (wegen Kosovo) mit einem abgestimmten Vorgehen auf diplomatischer Ebene ihre Position stärken könnten? Würde die Linksfraktion ein diesbezügliches gemeinsames Vorgehen beider Länder unterstützen?

Vielen Dank für Ihre Antwort

Mit freundlichen Grüssen

Levent Kaya

Portrait von Norman Paech
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Kaya,

der Karabach-Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan ist so kompliziert und vielschichtig, dass ich nicht sagen kann, Armenien allein muss sich bewegen, damit eine dauerhafte Friedenslösung möglich wird.

Ich möchte hier nicht in eine wissenschaftliche Diskussion über völkerrechtliche Aspekte dieses Konfliktes eintreten. Nur so viel: Auch unter deutschen Völkerrechtlern gibt es in der Karabach-Frage kontroverse Auffassungen, die sich um die alternativen Positionen gruppieren: Hier, im Falle Armeniens, das „Recht auf Selbstbestimmung“ eines Volkes, dort, im Falle Aserbaidschans, das „Recht auf territoriale Integrität“ eines Staates.
Das internationale Recht ist keineswegs frei von Einflüssen politischer und wirtschaftlicher Interessengruppen. Die Erdölreserven Aserbaidschans stellen ein schwergewichtiges Argument dar, das für die Position Aserbaidschan in die Waagschale gelegt werden konnte.

Dessen ungeachtet sind heute die am Konflikt beteiligten Parteien allesamt an UNO-Beschlüsse und UNO-Prinzipien gebunden. Armenien ebenso wie Aserbaidschan.
Armenien muss seine Truppen aus Karabach zurückziehen. Aserbaidschan muss auf Gewalt und die Androhung von Gewalt verzichten. Mir sind die Worte des aserbaidschanischen Diplomaten Vaqif Sadiqov noch in guter Erinnerung, der in einem Interview offen erklärte: „Wir sind voll entschlossen, unsere Gebiete wieder zu holen, wenn es nicht möglich ist, sich friedlich zu einigen.“

Beide Parteien müssen den festen Willen haben, eine friedliche und gerechte Lösung zu finden, die auch für die jeweils andere Seite tragbar ist. Ist dieser Wille nicht vorhanden, können externe Kräfte und Organisationen wenig bewirken. So können zum Beispiel UNO-Blauhelm-Soldaten zur Grenzsicherung beitragen, den Frieden können sie nicht schaffen. Eine serbisch-aserbaidschanische Allianz scheint mir derzeit kaum angebracht, da beide Fälle zu unterschiedlich sind.

Mit freundlichen Grüßen
Norman Paech