Nils Naber
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Udo S. •

Frage an Nils Naber von Udo S. bezüglich Familie

Es besteht ein Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Wann gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Platz in der Tagespflege, um meine Pflegebedürftigen Eltern betreuen zu lassen?

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Sandow,

es gibt einen Anspruch auf Tagespflege für Pflegebedürftige, die zu Hause gepflegt werden. Unter § 41 SGB XI "Tages- und Nachtpflege" heißt es:
"(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf teilstationäre Pflege in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege, wenn häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann oder wenn dies zur Ergänzung oder Stärkung der häuslichen Pflege erforderlich ist. Die teilstationäre Pflege umfaßt auch die notwendige Beförderung des Pflegebedürftigen von der Wohnung zur Einrichtung der Tagespflege oder der Nachtpflege und zurück.
(2) Die Pflegekasse übernimmt im Rahmen der Leistungsbeträge nach Satz 2 die pflegebedingten Aufwendungen der teilstationären Pflege, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für die in der Einrichtung notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Der Anspruch auf teilstationäre Pflege umfasst je Kalendermonat
1. für Pflegebedürftige der Pflegestufe I einen Gesamtwert bis zu
a) 420 Euro ab 1. Juli 2008,
b) 440 Euro ab 1. Januar 2010,
c) 450 Euro ab 1. Januar 2012,
2. für Pflegebedürftige der Pflegestufe II einen Gesamtwert bis zu
a) 980 Euro ab 1. Juli 2008,
b) 1 040 Euro ab 1. Januar 2010,
c) 1 100 Euro ab 1. Januar 2012,
3. für Pflegebedürftige der Pflegestufe III einen Gesamtwert bis zu
a) 1 470 Euro ab 1. Juli 2008,
b) 1 510 Euro ab 1. Januar 2010,
c) 1 550 Euro ab 1. Januar 2012.
(3) Pflegebedürftige können nach näherer Bestimmung der Absätze 4 bis 6 die Ansprüche auf Tages- und Nachtpflege, Pflegegeld und Pflegesachleistung nach ihrer Wahl miteinander kombinieren. [...]"

Durch die Leistungen der Pflegeversicherung können die Kosten der Tagespflegeeinrichtung jedoch nicht vollständig bezahlt werden. Die Verpflegung muss selbst bezahlt werden. Das ist beim Anspruch auf einen Kitaplatz jedoch auch so. Auch besteht der Anspruch auf Tagespflege nicht bedingungslos - wie es bei der Kindertagespflege der Fall ist. Der Anspruch besteht nur, wenn die "häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann". Das ist in der Regel der Fall, wenn die pflegenden Angehörigen berufstätig sind.

Der Anspruch auf eine Kindertagesbetreuung für Kinder ab dem 1. Lebensjahr wurde unter der rot-grünen Bundesregierung eingeführt, mit dem Ziel, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Einen Anspruch ab dem 3. Lebensjahr gibt es schon etwas länger. Nun ist Kinderbetreuung natürlich etwas Anderes als Angehörigenpflege. Eltern sind gegenüber ihren minderjährigen Kindern nach § 1626 BGB fürsorgepflichtig:
"(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).
(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.
(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist." Umgekehrt gilt das nicht. Kinder können lediglich unter bestimmten Umständen (ab einer bestimmten Einkommenshöhe) zum Unterhalt ihrer pflegebedürftigen Eltern herangezogen werden. Menschen, die pflegebedürftig werden, können die Pflegeversicherung in Anspruch nehmen. Sie sind also selbst versichert und entsprechend auch selbst verantwortlich, wie sie ihre Pflege organisieren. Das ist in vielen Fällen ohne Hilfe nicht möglich, dennoch ist der Ansatz der der Selbstverantwortlichkeit. Selbst das Pflegegeld, das viele pflegende Angehörige als eine Art Bezahlung sehen, steht eigentlich dem Pflegebedürftigen zu, der entscheidet, was er damit macht.

Pflegende Angehörige zu entlasten, halten wir sehr wichtig - sei es, damit sie weiter berufstätig sein können, sei es, damit sie sich mal eine Auszeit gönnen können. Für solche Auszeiten gibt es die Verhinderungs- und die Kurzzeitpflege. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen sich auch zukünftig für die weitere Entlastung pflegender Angehöriger einsetzen. Pflegende Angehörige wollen wir besser beraten und unterstützen, indem wir ambulante Angebote wie Pflegestützpunkte, Tages- und Kurzzeitpflege verbessern und ausbauen. Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern, damit mehr Menschen die Chance haben in Teilzeit ihre Angehörigen zu pflegen und auch in den letzten Tagen und Stunden begleiten zu können. Unser Ziel sind fließende Übergänge zwischen ambulanter, teilstationärer und stationärer Versorgung. Diese Angebote berücksichtigen die Wünsche der Menschen nach Selbstbestimmung und Teilhabe auch bei Pflegebedürftigkeit. Die Qualität der Pflegedienste muss vergleichbar und bewertbar sein. Wir Grüne wollen deshalb klare Standards und Qualitätskontrollen etablieren, deren Ergebnisse öffentlich zugänglich sind.

Mit freundlichen Grüßen
Nils Naber