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Nikolaus Tschenk
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Frage von Tilman K. •

Frage an Nikolaus Tschenk von Tilman K. bezüglich Tourismus

Betr.: Ihre Antwort an Herrn Trabandt idF v. 16.9.2014

Guten Tag,

erlauben Sie mit bitte eine Nachfrage

Wenn ich den von Ihnen verwendeten Text nicht kennen würde (vgl. Homepage des Fachministeriums in Stuttgart http://mvi.baden-wuerttemberg.de/de/ministerium/presse/pressemitteilung/pid/fragen-und-antworten-zum-mountainbike-fahren-im-wald/ ), würde ich Sie fragen, wie Sie zu der Annahme "Anders als beispielsweise in Hessen müssen es Waldbesitzer – auch alle Privatwaldbesitzer – hinnehmen, dass Wege mit einer Breite von über zwei Metern von Radfahrern genutzt werden" kommen.

So aber frage ich Sie: Warum übernehmen Sie einen falschen Text unüberprüft?

Denn natürlich müssen es auch in Hessen Waldbesitzer hinnehmen, dass Wege mit einer Breite von über zwei Metern von Radfahrern genutzt werden. Sie müssen es im gegensatz zu Baden Württemberg sogar hinnehmen, daß auch Wege mit eienr Breite von unter 2m von Radfahrrn genutzt werden.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kluge,

sie haben vollkommen Recht vielen Dank für den Hinweis, den ich auch dem Ministerium weitergeben habe mit der Bitte, ihre Website dementsprechend zu aktualisieren.

Mit dem neuen Gesetz in Hessen hat sich die Formulierung geändert. In Hessen ist künftig das Radfahren, Reiten und Fahren mit Krankenfahrstühlen im Wald auf befestigten oder naturfesten Wegen gestattet, die von Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern oder mit deren Zustimmung angelegt wurden und auf denen unter gegenseitiger Rücksichtnahme gefahrloser Begegnungsverkehr möglich ist. Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Menschen, die auf einen Krankenfahrstuhl angewiesen sind, gebührt in der Regel Vorrang.

Das ist allerdings sehr wohl eine Einschränkung, doch eben eine nicht genau definierte. Das Gesetz in Baden-Württemberg hat mit der 2-Meter-Regelung hier dagegen eine Verbindlichkeit und damit Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Und auch die Wegbreite ist mitnichten willkürlich gewählt. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung besagt, dass gemeinsame Fuß- und Radwege außerorts mindestens 2,0 Meter breit sein müssen, innerorts sogar 2,5 Meter. Das liegt daran, dass ein gefahrloser Begegnungsverkehr zwischen Radfahrern und Fußgängern bei einer Breite unter 2 m nicht mehr gegeben ist. Das Fahren auf allen, noch so schmalen, Pfaden ist weder im Sinne der Mehrheit der Waldbenutzer noch des aktuellen Waldgesetzes. Gerade bei Waldwegen geringer Breite kommt zum unebenen Untergrund auch noch eingeschränkte Sicht hinzu. Für Fußgänger und besonders für Kinder sowie ältere Menschen stellt das Radfahren hier eine große Gefahrenquelle dar.

Auch in Bayern ist das Radfahren nur auf geeigneten Waldwegen zulässig, die Geeignetheit wird jedoch außerhalb des Gesetzes definiert. Schmale Fußpfade gelten hier beispielsweise auch als nicht geeignet. Für die Waldnutzenden bringen solche vagen Angaben aber nicht mehr, sondern weniger Klarheit. Die bayerische Forstverwaltung führt zudem Folgendes aus: "Nur bei ausreichender Breite eines Weges können Fußgänger (Wanderer) den ihnen nach Art. 23 Absatz 1 Satz 2 BayNatSchG gebührenden Vorrang auch tatsächlich gefahrlos wahrnehmen. Die jeweils als geeignet anzusehende Breite der Wege richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, z.B. der Häufigkeit der Benutzung durch Fahrradfahrer und Fußgänger, Fahrbahnbelag, Steigung, Kurven, Übersichtlichkeit. Der weit überwiegende Teil der forstwirtschaftlichen Wege in Bayern erfüllt die rechtlichen Voraussetzungen für das Fahrradfahren und steht damit zur Benutzung frei."(www.stmelf.bayern.de). Bezeichnenderweise werden dort nur forstwirtschaftliche Wege explizit als geeignet benannt, also solche, die deutlich mehr als zwei Meter breit sind! In der RLW für Rheinlandpfalz ist beispielsweise ein Radweg (außerhalb des Waldes) mit mindestens 2m Breite definiert, ein Wirtschaftsweg mit mindestens 3m und ein Waldweg mit 3 -3,50m. Alles was schmäler ist, ist ein Wanderweg oder ein Reitweg. Im Wald darf nur auf Wirtschaftswegen oder Waldwegen Rad gefahren werden, also auf Wegen mit mindestens 3 bzw. 3,50m Breite. Inhaltlich bzw. von der Absicht des Gesetzgebers unterscheiden sich die Regelungen in den meisten Bundesländern also kaum. Allerdings "verstecken" sich die vorher genannten Länder hinter reichlich unbestimmten Rechtsbegriffen, was mir wenig sinnvoll scheint.

Ich darf auch darauf verweisen, dass die DIMB hierzu erklärt: " Der Begriff ‚geeignet‘ ist - wie die DIMB schon Ende der 90er betonte - eher schwammig. Wir forderten damals eine höhere Rechtssicherheit für die Biker, leider ohne Erfolg. […] unseres Wissens nach gab es noch keine Urteile, die den Begriff eindeutig abgrenzen. Es gibt aber ein "internes" Papier, das den Begriff "geeignet" folgendermaßen umschreibt: […] Bei Wegen, die auch von Wanderern benutzt werden wird allgemein eine Breite von mindestens 2 m als erforderlich angesehen." Umso mehr scheint mir die Regelung in BW besser zu sein als die bayerische, weil sie, wie es der DIMB mal forderte, die gewünschte Rechtssicherheit schafft.

Mit freundlichen Grüßen,

Nikolaus Tschenk