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Marco Alexander Hosemann
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Frage von Anja T. •

Frage an Marco Alexander Hosemann von Anja T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hosemann,

auf der Tourismus-Homepage der Stadt Hamburg wird so die Herbertstraße beschrieben:
„Vor neugierigen Blicken geschützt, gibt es hier käufliche Liebe. Der Zutritt ist nur für Männer über 18 Jahren erlaubt: Die berühmt-berüchtigte Herbertstraße in Hamburg.
Die etwa 60 Meter lange Gasse, die vor den Blicken Neugieriger durch Tore geschützt wird, gehört zum alten Mythos St. Pauli. Hier gibt es die käufliche Liebe seit dem 19. Jahrhundert. Und nur Männern über 18 Jahren wird Zutritt gewährt. Frauen sollten es erst gar nicht wagen, dort hinein zu wollen - sie erwarten Beschimpfungen, faule Eier, kalte Duschen oder mit Urin gefüllte Eimer.“
https://www.hamburg-tourism.de/sehen-erleben/sehenswuerdigkeiten/herbertstrasse/
Halten Sie diese Werbung für angebracht und zeitgemäß?
Können sie mir sagen, wodurch es legitimiert ist, dass eine Straße der Stadt Hamburg ein jugendgefährdender Ort ist von dem auch Frauen ausgeschlossen sind?
Wurden die Tore und Beschilderungen, die „vor neugierigen Blicken schützten“, von der Stadt angebracht? Zum Schutz der Sexarbeiterinnen? Wenn ja, warum nur dort?
Im Wahlprogramm der Linken heißt es:
„…DIE LINKE versteht sich als Partei mit sozialistischem und feministischem Anspruch… Alle politischen Entscheidungen und Vorschläge müssen systematisch danach beurteilt werden, welche Auswirkungen sie auf Frauen und auf Männer haben…“
Gibt es außer der Herbertstraße weitere Straßen, die nicht an einer Stadtentwicklung, im Sinne ihres Wahlprogramms, teilhaben?
Wie stehen Sie zu den bisherigen Protesten von Anwohner*innen und Feminist*innen?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antworten
Anja Twest

Portrait von Marco Alexander Hosemann
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau T.,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Ich sehe die Werbung zur Herbertstraße kritisch. Sie spiegelt wieder, was die Stadt Hamburg in ihr sieht und wie sie von Außenstehenden gesehen wird bzw. gesehen werden will: eine Sehenswürdigkeit für Touristen, ein Ort mit romantischen Flair.

In der Herbertstraße bieten Prostituierte selbstbestimmt sexuelle Dienstleistungen an. Das machen sie in der Regel leicht bekleidet. Minderjährige sollen vor solchen Anblicken geschützt werden. Frauen wird der Zugang zum Schutze der Prostituierten bzw. zur Vermeidung von Konflikten verwehrt. Weil sie nicht die Herbertstraße besuchen würden, um eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, sondern um sich mal einen Eindruck von der Situation zu verschaffen. Dabei könnten sich die Prostituierten unwohl fühlen und es könnte geschäftsschädigend für sie sein.

1933 haben die Nazis ein Gesetz zum Verbot von Striptease und Prostitution erlassen. Weil sie dieses auf St. Pauli nicht durchsetzen konnten, wurden diese Tätigkeiten in der Herbertstraße geduldet und mit einen Sichtschutz an beiden Enden der Straße vor den Augen der breiten Öffentlichkeit versteckt. In den 1970er Jahren wurden von der Polizei "zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung" und auf Bitten von Prostituierten Schilder angebracht, die den Zutritt von Minderjährigen und Frauen verbieten.

DIE LINKE steht für eine sozialistische und feministische Politik im Sinne der Gleichberechtigung aller. Das ist unser politischer Kompass – der uns auch in Sachen Herbertstraße den Weg weist und weisen wird, auch wenn sie namentlich nicht in unserem Wahlprogramm genannt wurde.

Von Protesten durch Anwohner*innen habe ich bisher nichts mitbekommen. Die Aktionen von den "Femen"-Aktivist*innen begrüße ich sehr, weil sie darauf aufmerksam mach(t)en, wofür die Herbertstraße sinnbildlich steht und was wir als DIE LINKE überwinden wollen: das Patriarchat.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Marco Alexander Hosemann