Manfred Krönauer
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Frage von Thomas P. •

Frage an Manfred Krönauer von Thomas P. bezüglich Wirtschaft

Eine der lebhaftesten politischen Diskussionen der letzten 4 Jahre haben die Freihandelsabkommen ausgelöst. Im folgenden werde ich mich auf CETA konzentrieren.

Meiner Ansicht nach gab es einen eklatanten Unwillen der Verhandlungsträger, die Öffentlichkeit über den Stand der Verhandlungen zu informieren oder an der Willensbildung mitwirken zu lassen. So wurde z.B. der Versuch von über 300 NGOs (die 3,28 Mio. Unterschriften gesammelt hatten), eine Europ. Bürgerinitiative gegen CETA zu gründen, von der Europ. Kommission sabotiert. Der EuGH hat dieses Vorgehen im Nachhinein (und viel zu spät) als nicht rechtens verworfen.

Auch die Darstellung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen erschien mir nicht adäquat. So wurde suggeriert, dass es bei CETA hauptsächlich um die Senkung von Zöllen und die Vereinheitlichung von Normen gänge. Die Kritik der meisten NGOs richtete sich jedoch im wesentlichen auf ganz andere Punkte des Abkommens. Auch die Berichterstattung über eine der größten Demonstrationen der letzten Jahre (17.09.2016) war der Wichtigkeit des Themas nicht angemessen. (Nebenbei: Die Berichterstattung im (ebenfalls öffentlich-rechtlichen) DLF fand ich dagegen in Ordnung.)

Hier meine Fragen:

* War der Deutsche Bundestag ausreichend über den Fortgang der Verhandlungen informiert? War der Einfluß des Deutschen Bundestages angemessen?
* Wie soll die Öffentlichkeit in Zukunft an der politischen Willensbildung bei Freihandelsabkommen beteiligt werden?
* Wäre es nicht besser, bei solch weitreichenden Fragen die Wähler per Volksentscheid am Ende des Verhandlungsprozesses entscheiden zu lassen?
* Wie beurteilen Sie den derzeitigen Zuschnitt von Freihandelsabkommen? Warum wird nicht nur über Zölle und Normen verhandelt? Warum muss der Investorenschutz Teil eines solchen Abkommens sein? Warum gehören (einklagbare) Arbeitnehmen- und Umweltschutzrechte nicht in solches Abkommen?

Manfred Krönauer
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr P.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Wir Freie Demokraten wollen die Chancen des Freihandels nutzen. Wachsende Tendenzen des Protektionismus lehnen wir ab. Der Alltag ist vielfältig geworden: die Pasta aus Italien, die Jeans aus der Türkei und das Smartphone aus Korea oder China. All das ist Normalität und eine Bereicherung für unser Leben. Der Welthandel ist der größte Motor für Wohlstand und schafft die Grundlagen für Beschäftigung und Einkommen. Grenzüberschreitender Handel kann das Potenzial für inklusiven und nachhaltigen Wohlstand am ehesten entfalten, wenn rechtsverbindliche Regeln für globale Wertschöpfungsketten bestehen. Wir Freie Demokraten setzen uns daher für eine Stärkung der multilateralen, rechtebasierten Handelsbeziehungen ein. Wir wollen dazu die Welthandelsorganisation (WTO) als zentralen Ort zur Schaffung eines gerechten globalen Welthandelssystems stärken. Viele Menschen haben Angst, dass Freihandel den hierzulande hohen Verbraucher- und Arbeitsschutz gefährdet. Wenn wir aber Handelshemmnisse abbauen und gleichzeitig unsere hohen Standards bei Menschenrechten, Lebensmittel- und Umweltsicherheit als Rechtsgrundlage nehmen, haben wir die einmalige Chance, der Globalisierung gerechte Regeln zu geben. Freihandelsabkommen können den rechtlichen Rahmen festlegen, um diese hohen Nachhaltigkeitsstandards zur Grundlage unseres Handels zu machen. Deutschland ist die exportstärkste und gleichzeitig aber auch exportabhängigste Volkswirtschaft weltweit und braucht den auf Rechtsgrundlagen beruhenden freien Handel. Die Angst vor Freihandel muss daher Optimismus und der Hoffnung auf Fortschritt und Frieden weichen.

Zu Ihren Fragen Folgendes:

* War der Deutsche Bundestag ausreichend über den Fortgang der Verhandlungen informiert? War der Einfluß des Deutschen Bundestages angemessen?
Leider habe ich dem Deutschen Bundestag in der letzten Wahlperiode nicht angehört und kann diese Frage daher nicht beantworten. Grundsätzlich halte ich aber Transparenz und Aufklärung über Sachverhalte, über die es abzustimmen gilt, in einem Rechtsstaat für essentiell. Die Zivilgesellschaft wird vor und nach jeder Verhandlungsrunde eingehend von den Chefunterhändlern informiert und mit umfassender Dokumentation versorgt. Die Kommission hat auch eine Beratergruppe mit 15 Vertretern der Zivilgesellschaft eingesetzt. Inzwischen informiert die EU-Kommission auf vielen Kanälen: Den Verhandlungsfortschritt vor und nach jeder Runde gibt sie den Mitgliedstaaten sowie dem Handelsausschuss des EU-Parlaments bekannt. In einem Stakeholder-Forum haben Vertreter von NGOs, Verbänden, Forschungszentren und anderen Institutionen während der Verhandlungen die Möglichkeit, ihre Anliegen, Erwartungen und Positionen zu präsentieren. Darüber hinaus hat die EU-Kommission zahlreiche öffentliche Anhörungen organisiert und publiziert ihre Verhandlungspapiere recht umfassend online auf ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/

* Wie soll die Öffentlichkeit in Zukunft an der politischen Willensbildung bei Freihandelsabkommen beteiligt werden?
Die Öffentlichkeit soll durch eine frühzeitige Einbindung und Aufklärung über Inhalt und Auswirkungen sowie der Möglichkeit, sich aktiv ggf. über Verbände einzubringen, beteiligt werden.

* Wäre es nicht besser, bei solch weitreichenden Fragen die Wähler per Volksentscheid am Ende des Verhandlungsprozesses entscheiden zu lassen?
Darüber kann man diskutieren. Ich bin generell für mehr Bürgerbeteiligung auch durch Volksentscheide. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob gerade dieses sehr polarisierende und von viel Halbwissen und Angstmache begleiteten Thema geeignet ist, mittels Volksentscheid mit einer einfachen Frage JA oder NEIN zu klären.

* Wie beurteilen Sie den derzeitigen Zuschnitt von Freihandelsabkommen? Warum wird nicht nur über Zölle und Normen verhandelt? Warum muss der Investorenschutz Teil eines solchen Abkommens sein? Warum gehören (einklagbare) Arbeitnehmen- und Umweltschutzrechte nicht in solches Abkommen?
Die Liberalen sind überzeugt, dass die europäischen Bürger von einem offeneren US-Markt sehr profitieren würden. Gleiches gilt für die heimische Wirtschaft. Für die Verhandlungen mit den amerikanischen Partnern ist wichtig, dass die EU ihre Vorteile gut verkauft, darunter den Marktzugang zu 500 Millionen Verbraucher und verbesserten Zugang zu europäischen Qualitätsprodukten. Dieses Pfund muss Europa nutzen und auch Bürgerrechtsfragen bei den Verhandlungen zum Thema machen. Die FDP fordert, das Freihandelsabkommen mit einem transatlantischen Datenschutzabkommen zu verbinden. Deutschland hat über 130 solche Verträge abgeschlossen. Wer den Investitionsschutz abschaffen will, beschneidet auch die Rechte deutscher Unternehmen im Ausland. Ein Verzicht auf derartige Klauseln für die USA ist verständlicherweise auch nicht akzeptabel. Die materiellen Standards müssen daher so formuliert werden, dass das Recht auf Regulierung nicht angetastet wird – dann gibt es auch nichts zu befürchten.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meinen Standpunkt näher bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Krönauer