Portrait von Lutz Heilmann
Lutz Heilmann
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Lutz Heilmann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Philipp S. •

Frage an Lutz Heilmann von Philipp S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Heilmann,

wie ist Ihre Meinung zum sogenannten Bundestrojaner?

Mit freundlichen Grüßen,
Philipp Stern

Portrait von Lutz Heilmann
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Stern,

ich bitte Sie zunächst die verzögerte Antwort auf Ihre Frage zu entschuldigen.

Ihre Frage nach meiner Auffassung zu sogenannten Bundestrojanern, d.h. zu Online-Durchsuchungen beantworte ich wie folgt.

Die Online-Durchsuchung von Privatcomputern gleich auf welche Weise lehne ich ab. Nach meiner Auffassung verstößt dies in eklatanter Weise gegen Artikel 2 des Grundgesetzes - dem geschützten Recht auf Privatsphäre des Einzelnen. Die zum Teil nach meiner Meinung nach rechtswidrig durchgeführten Online-Durchsuchungen der letzten Jahre zeigen eine gefährliche Tendenz: die Bundesrepublik Deutschland entwickelt sich zu einem Überwachungsstaat. Ich möchte, auch aus meiner historischen Erfahrung, keine Zustände wie in George Orwells „1984“ oder auch in Huxleys „Schöne neue Welt“.

Besonders fragwürdig sind die sogenannten Bundestrojaner, die den Bürgerinnen und Bürgern vorgaukeln, sie sorgten für die Sicherheit ihrer auf dem Computer gespeicherten Daten. Dies erledigen die Bundestrojaner der deutschen Sicherheitsbehörden sozusagen als Serviceleistung für ihre Überwachung.

Wie die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage meiner Fraktion mitteilte, lassen sich aus der Online-Durchsuchung nicht mehr Erkenntnisse ziehen, wie aus einer so genannten "offenen Durchsuchung", d.h. der Dursuchung von Wohn- oder Geschäftsräumen. Damit ist meines Erachtens nach auch der Sinn einer solchen Maßnahme äußerst fragwürdig. Dieser liegt, wie ebenfalls aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht, einzig darin, dass die überwachten Personen nicht über die Maßnahme in Kenntnis gesetzt würden.

Als einen besonderen Verstoß gegen die demokratische Grundordnung sehe ich ebenso die Tatsache, dass durch den Einsatz der "Bundestrojaner" alle Bürgerinnen und Bürger unter eine Art "Generalverdacht" gestellt würden und den Ermittlungsbehörden jederzeit dass Recht und die Möglichkeit eingeräumt würde, verdeckte Durchsuchungen durchzuführen. Dabei erhielten die Behörden auch Zugriff auf Ihre intimsten Daten, vom harmlosen Urlaubsfoto bis hin zu sensiblen geschäftlichen Daten.

Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass durch das vorhandensein eines "staatlichen" Trojaners auf einem privaten PC die eigenen Sicherheitsmaßnahmen, z.b. durch eine Firewall, welche sie vor Hacker-Angriffen schützen soll, nicht mehr greifen. Es bestünde also nicht nur die Gefahr, dass die Behörden ihren privaten Rechner durchsuchen, sondern ebenso außenstehende Dritte, wenn diese z.b. Zugriff auf einen Client, dem "Empfänger" des Trojaners, bekommen würden.

Ich hoffe, Ihre Frage in ausreichendem Maß beantwortet zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Lutz Heilmann