Laura von Schubert
FDP
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Frage von Henrik R. •

Frage an Laura von Schubert von Henrik R. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau von Schubert,

ich bin im letzten Jahr zum Studium nach Bielefeld gezogen und dementsprechend mit der hiesigen Landespolitik nur wenig vertraut. Mich würde interessieren, was Ihre Politik und die Politik Ihrer Partei im Hinblick auf die Hochschulen in NRW im Allgemeinen und die Hochschulen Bielefelds im Besonderen ist. Wie ist Ihre Einschätzung der Hochschullandschaft? Wo sehen sie qualitative Mängel, wo Strukturprobleme? Wie sehen Sie die Betreuungssituation durch Lehrende? Wie ist Ihre Einstellung zu Digitalisierung und Internationalisierung der Hochschulen? Wollen Sie benachteiligten Gruppen ("Arbeiterkinder", beeinträchtigte Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund) in Zukunft eher ein Studium ermöglichen? Wenn ja, wie? Sehen Sie Nachbesserungsbedarf bei den Möglichkeiten zur Studienfinanzierung? Und schließlich: Was ist Ihre Vision für die Zukunft der Hochschulen im Land?
Über Ihre Antworten würde ich mich sehr freuen. Ich danke Ihnen für Ihre Mühe.

Mit freundlichen Grüßen
H. R.
P.S.: Diese Fragen ergehen auch an die anderen Kandidaten des Wahlkreises Bielefeld I.

Antwort von
FDP

Wie ist Ihre Einschätzung der Hochschullandschaft?
Gerade beginnen an vielen Hochschulen des Landes wieder die Vorlesungen – oft unter schwierigen Bedingungen, denn unter der rot-grünen Landesregierung hat sich die Hochschulfinanzierung in den vergangenen sieben Jahren eklatant verschlechtert. Seit 2010 ist die Hochschulfinanzierung inflationsbereinigt nur um sechs Prozent gestiegen, die Zahl der Studierenden aber um 29 Prozent. Um beste Bildung zu erreichen, muss die Studienqualität an den NRW-Hochschulen in Zukunft wieder deutlich verbessert werden. NRW ist bei der Grundfinanzierung pro Student bundesweit vorletzter. NRW gibt 5.630 EUR je Student aus, Niedersachsen jedoch 9.120 EUR je Student. Außerdem versickern Hochschulpaktmittel und die Bafög-Mittel des Bundes zunehmend im Haushalt. 2010 betrug der Anteil des Bundes am Wissenschaftsetat 8%, nun sind es 17,3%.

Wo sehen sie qualitative Mängel, wo Strukturprobleme?
Die Hochschulen sollen wieder mehr Autonomie und mehr Gestaltungsfreiheiten erhalten. Die Beschlüsse von SPD und Grünen, Hochschulen wieder stärker zentral durch das Wissenschaftsministerium zu führen, lehnen wir ab. Hochschulen sollen ohne Gängelung eigene Profile bilden, die Personalhoheit haben, Drittmittel einwerben und mit Partnern aus der Wirtschaft kooperieren dürfen. Wir wollen das Hochschulfreiheitsgesetz, das in den Hochschulen enorme Kreativität und produktive Energie freigesetzt hat, wieder in Kraft setzen und weiterentwickeln.

Wir möchten erreichen, dass die Studienbedingungen für jeden einzelnen besser werden. Voraussetzung ist, dass die sächliche und personelle Ausstattung der Hochschulen einen Qualitätssprung erfährt. Die Hochschulen sollen in die Lage versetzt werden, in eigener Verantwortung die Studienbedingungen bezüglich akademischer Betreuungsrelation und die Ausstattung der Bibliotheken und Labore zu verbessern. Hierzu sind die Mittel des Hochschulpaktes treffsicher und zeitnah einzusetzen.

Wie sehen Sie die Betreuungssituation durch Lehrende?
Seit der Regierungsübernahme von SPD und Grünen hat sich das Betreuungsverhältnis in NRW in rasantem Tempo verschlechtert. Auf einen Uni-Professor kommen in Nordrhein-Westfalen mittlerweile 85,3. Studierende, im Jahr 2010 waren es noch 70,3. Damit ist das Land bundesweites Schlusslicht. 2010 hat ein wissenschaftlicher Mitarbeiter noch 18 Studierende betreut, 2015 bereits 22. Auch hier ist NRW nun bundesweites Schlusslicht. Für die Studienqualität an den NRW-Hochschulen ist das eine Katastrophe. Wir fordern deshalb eine bessere Grundfinanzierung der NRW-Hochschulen.

Wie ist Ihre Einstellung zu Digitalisierung und Internationalisierung der Hochschulen?
Wir wollen die Hochschulen insbesondere bei der Erstellung und Anwendung digitaler Lehrformate unterstützen. Unsere Hochschulen sollen gemeinsam mit Studierenden und Lehrenden die modernen Methoden digitaler Wissensvermittlung in der akademischen Lehre einbinden und die darin liegenden Chancen zur Internationalisierung, Individualisierung und Flexibilisierung stärker nutzen können.
Wir möchten, dass jeder Studierende die Chance zur Teilnahme an einem internationalen Austauschprogramm hat. Dazu müssen auch Stipendienprogramme weiter ausgebaut werden. Internationale Kooperationen und eine unbürokratische Anerkennung von im Ausland abgelegten Leistungen sollen unterstützt werden. Die Strategien im Kontext der Internationalisierung sollen die Hochschulen eigenverantwortlich vor Ort entwickeln.

Wollen Sie benachteiligten Gruppen in Zukunft eher ein Studium ermöglichen?
Wenn ja, wie?
Studierende sollen finanziell besser unterstützt werden. Das bisherige BAföG-System wollen wir durch einen elternunabhängigen Zuschuss für alle in Höhe von 300 Euro monatlich ersetzen. Diese Förderung fasst alle bisher an die Eltern gezahlten Leistungen und gewährten Vergünstigungen zusammen und kommt nunmehr direkt den Studierenden zu Gute. Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt gegenüber den Eltern in der Höhe entfällt im Gegenzug. Darüber hinaus sollen alle Studierenden Zugang zu einem zinsgünstigen und zinsstabilen Studiendarlehen in Höhe von bis zu 500 Euro monatlich erhalten, das im Lauf des Erwerbslebens unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zurückgezahlt wird.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist darüber hinaus die Entwicklung der Mietpreise in den Universitätsstädten. Gerade Studierende sind von den Mietpreissteigerungen überproportional betroffen. Dabei ist der Staat Kostentreiber Nummer eins. Bürokratie, Auflagen und Rekordsteuern bremsen private Investitionen in den Wohnungsbau und fehlende Wohnbauflächen verschärfen die Situation. Dabei ist klar, dass nur eine Vergrößerung des Angebots zu einer Entspannung auf dem Wohnungsmarkt beiträgt und für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgt.

Sehen Sie Nachbesserungsbedarf bei den Möglichkeiten zur Studienfinanzierung?
Für eine Verbesserung der Studienbedingungen schlagen wir ein Modell aus verbindlichen Studienverträgen und einem nachgelagerten Studienbeitrag vor. Die Hochschulen sollen selbst entscheiden, ob sie Beiträge in einer Höhe von maximal 500 Euro pro Semester erheben. Im Gegenzug verpflichten sich die Hochschulen zu bessere Studienbedingungen: Zusätzliche Übungen und Tutorien, digitale Lehrangebote, aktuelle Fachliteratur in den Bibliotheken, modernste Labore und Geräte wie 3D-Drucker, mehr Lernmöglichkeiten und vieles mehr. Während des Studiums sollen Studierende und ihre Familien keinen Cent zusätzlich zahlen. Unser Modell sieht ein Recht auf eine nachgelagerte Finanzierung der Beiträge vor. Zudem möchten wir, dass die Hochschulen Möglichkeiten einer einkommensabhängigen Rückzahlung eröffnen. Wer nach dem Studium nichts verdient, muss dann auch nichts zurückzahlen. Niemand muss also eine Überschuldung fürchten.

Was ist Ihre Vision für die Zukunft der Hochschulen im Land?
Studentinnen und Studenten sollen an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen exzellente Studienbedingungen vorfinden. Die Hochschulen in unserem Land sollen an die akademische Qualität der besten Hochschulen in der Welt heranrücken. Neue Ideen, weltverändernde Entdeckungen und revolutionäre Er findungen und Modelle entstehen nur dort, wo talentierte Köpfe frei denken können und darin bestärkt werden, ungewöhnliche Wege einzuschlagen statt ausgetretenen Pfaden zu folgen.
Beste Lernbedingungen für Studierende verlangen eine Abkehr von Massenvorlesungen in überfüllten Hörsälen und vergriffenen Fachbüchern in den Bibliotheken. Für ein erfolgreiches Studium müssen Studierende praktische Einblicke in Forschung und Anwendung bekommen, aber auch individuelle Betreuung und Kritik erfahren, um nicht nur Scheine zu sammeln, sondern Fortschritte zu machen.

Unsere Hochschulen brauchen außerdem wieder mehr Freiheit, bessere Rahmenbedingungen und eine verlässliche auskömmliche Finanzierung, damit sie für Spitzenforscher und akademische Lehrer aus der ganzen Welt an Attraktivität gewinnen. Wir sehen dabei die Autonomie der Hochschulen, die ihnen durch das liberale Hochschulfreiheitsgesetz gewährt worden ist und durch die rot-grüne Landesregierung wieder eingeschränkt wurde, als zentralen Baustein für die Hochschulen der Zukunft. Unabhängige Hochschulen bilden ihre eigenen Profile, bauen ihre Stärken aus und suchen sich Kooperationspartner.

Unsere konkrete Forderung für Bielefeld: Zur Bekämpfung des Ärztemangels auf dem Land und zur Stärkung des Wissenschaftsstandortes Ostwestfalen-Lippe wollen wir am Standort Bielefeld eine medizinische Fakultät errichten.