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Frage von Benno B. •

Frage an Jürgen Schüssler von Benno B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schüssler,

Sie haben gestern im Verfassungsausschuss bemerkt, dass Wahlen auch im bisherigen Verfahren z.B. mit einem magischen Stift manipuliert werden könnten. Sie sagten, dass allein der Einsatz eines verbindlich vorgegebenen Stiftes mehr Sicherheit schafft.

Diese Aussage kann ich nicht nachvollziehen. Bei der jetzigen Wahl kann ich meinen eigenen Stift benutzen, bei dem ich mir sicher bin, dass er nicht manipuliert ist. Wo ist da bei dem Digitalen Wahlstift mehr Sicherheit? Da weiß ich nicht, was damit passiert.

Mit freundlichen Grüßen

Benno Böhme

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Böhme,

meine Bemerkung zielte darauf ab, dass es auch im heutigen Wahlverfahren Manipulationen geben kann. Mein Beispiel: Ein übler Wicht tauscht den Stift in der Wahlkabine durch einen Stift mit "Zaubertinte" aus, den nachfolgende Wähler benutzen. Die Tinte ist nach einigen Minuten nicht mehr lesbar, wenn der Wahlzettel längst in der Urne steckt. Eine Wahlmanipulation, die auch in Deutschland schon vorgekommen ist und die bei der Präsidentenwahl in der Ukraine 2004 wohl gezielt eingesetzt wurde.

Siehe: http://www.stern.de/politik/ausland/533099.html?q=zaubertinte

Sie haben Recht, dass Sie diese Sicherheitslücke für Ihren eigenen Wahlentscheid ausschließen können, wenn Sie Ihren eigenen Stift verwenden. Das ändert aber nicht an der vorhandenen Sicherheitslücke, die ausgeschlossen werden könnte, wenn für alle verbindlich nur mit einem geprüften Stift gewählt werden muss.

Ebenso hingewiesen habe ich auf andere Sicherheitslücken im bisherigen Wahlverfahren, z.B. durch die Verwendung von nicht überprüften Standardprogrammen zur Auswertung der Stimmen, z.B. mit MS Excel.

Ich halte den eVoting-Ansatz des Digitalen Wahlstifts, der immer auch eine ´Hard Copy´ in Form eines papieren Stimmzettels liefert, grundsätzlich für viel versprechend. Jedenfalls besser als alle anderen Wahlmaschinen. Ich glaube, dass mit diesem System die oft unterschätzte Fehlerquote der manuellen Auszählung deutlich minimiert werden könnte und der Stift den ehrenamtlichen Wahlvorständen das mühevolle Auszählen erheblich erleichtern würde.

Ich gestehe gerne ein: Ich habe versucht, den Experten mit meinen Bemerkungen und Fragen Pro-Argumente zu entlocken. Dies ist mir leider nicht gelungen. Ich wollte von den Experten wissen, ob sie das bei der Prüfung des Digitalen Wahlstifts zugrunde gelegte Sicherheitsprofil auch auf das heutige Wahlverfahren anwenden können, um einen Vergleichbarkeit zu erhalten. Darum geht es doch: Ist die Wahl mit dem Digitalen Wahlstift mindestens so sicher wie unser bisheriges Wahlverfahren. Denn dann - und nur dann - kann man überhaupt über eine Einführung ernsthaft diskutieren.

Keiner der Experten konnte ein Argument nennen, das in mir ein hinreichendes Vertrauen in die Ausgereiftheit des Systems bilden konnte.

Eine absolute Sicherheit wird es mit oder ohne Digitalen Wahlstift nicht geben. Das Entscheidende ist, welches Vertrauen wir in ein Wahlsystem setzen können. Unser bisheriges Wahlsystem hat sich bewährt. Wir haben als Wähler Vertrauen in dieses System - trotz aller Mängel.

Die einzigen, die in meiner persönlichen Beurteilung unfreiwillig starke Argumente für den Digitalen Wahlstift geliefert haben, waren die Vertreter des Chaos Computer Clubs. Deren Auftritt und Ausführungen waren einfach nur peinlich. Zumal sie vorher den Mund ja ziemlich voll genommen haben.

Die Ausführungen von Herrn Moehl und Herrn Prof. Brunnstein fand ich überzeugend. Der Digitale Wahlstift ist noch nicht reif für den Einsatz. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er zur Bürgerschaftswahl verbindlich zum Einsatz kommt. Die Innenbehörde mit Senator Nagel und dem Landeswahlleiter haben es verpennt, für die notwendige Sicherheitszertifizierung zu sorgen.

Mit herzlichen Grüßen

Jürgen Schüssler