Jürgen Blumer
MLPD
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Frage von Klaus K. •

Frage an Jürgen Blumer von Klaus K. bezüglich Verbraucherschutz

Lieber Jürgen,

diesmal melde ich mich quasi amtlich bei Dir. Meine konkrete Frage:
Warum tut sich die MLPD so enorm schwer damit, sich entschieden von den zahlreichen Verbrechen Stalins, nicht zuletzt auch an vielen seiner eigenen Genossen, zu distanzieren?

Gruß Klaus

Antwort von
MLPD

Lieber Klaus,

zu Zeiten Stalins und in seiner Verantwortung sind Verbrechen passiert, von denen wir uns distanzieren und die wir verurteilen. Auch aufrechte Kommunisten sind durch falsche Anschuldigungen umgekommen. Dennoch hat die MLPD ein differenziertes Verhältnis zu Stalin, unterscheiden wir zwischen seinen Verdiensten und seinen Fehlern und Schwächen.

Stalins entscheidender Fehler im Aufbau des Sozialismus war sicherlich, dass er die kleinbürgerliche Bürokratie in der Staats- , Partei- und Wirtschaftsführung mit der Bürokratie selbst bekämpfte. Stalin erkannte wohl die Gefahr, die davon ausging dass diese Bürokraten begannen, sich über das Volk hinwegzusetzen, dass ihnen ihre „Machtposition“ zu Kopf stieg, dass sie sich persönliche Privilegien herausnahmen usw. Es war jedoch ein grundlegender Fehler, den Kampf gegen die Gefahr der Bürokratisierung mit einem selbst bürokratisierten Geheimdienst und einseitig mit administrativen Methoden von oben zu führen. Die entscheidende Schlussfolgerung wäre gewesen, die breite Masse der Bevölkerung selbst zum Kampf gegen die Gefahr der Bürokratisierung zu mobilisieren, wie dies Mao Tsetung später in der Kulturrevolution getan hat.

Man darf aber auch nicht außer Acht lassen, dass es bis dahin keinerlei historische Erfahrungen mit dem Aufbau des Sozialismus gab – der sich ja tatsächlich gegen eine Vielzahl äußerer wie innerer Feinde behaupten musste. Das entschuldigt weder Stalins Fehler noch die tatsächlichen Verbrechen, die zu seiner Zeit geschehen sind – aber es hilft, diese Situation auch historisch einzuordnen.

Es fällt übrigens auf, dass die ganze pauschale Verdammung Stalins, wie wir sie derzeit anlässlich des 70. Jahrestags des Überfalls Hitler-Deutschlands auf Polen erleben, geradezu davon lebt, die historischen Zusammenhänge zu verzerren oder auszublenden. Es waren die westlichen „Demokratien“, die Stalins Angebote einer Anti-Hitler-Koalition im Vorfeld des zweiten Weltkriegs ausschlugen und darauf setzten, dass Hitlerdeutschland gegen die Sowjetunion marschiert.

Zu einer Zeit, in der die kapitalistischen Staaten die tiefste Weltwirtschaftskrise durchschritten, mit Massenarbeitslosigkeit und Verelendung breiter Massen, mit der Errichtung faschistischer Diktaturen zur Verteidigung ihrer Macht, konnte in der Sowjetunion der Sozialismus aufgebaut und konnten enorme wirtschaftliche, soziale und kulturelle Fortschritte erkämpft werden. Übrigens haben auch westliche Zeitzeugen der damaligen Zeit dies mit großer Hochachtung anerkannt – heute, mit genügend zeitlichem Abstand, wird dies verschwiegen, verdreht – wie es übrigens Mao Tsetung und der Kulturrevolution auch geschieht.

Der Aufbau des Sozialismus und die Verdienste der Sowjetunion bei der Zerschlagung des Hitlerfaschismus bleiben Verdienste Stalins. Aus all diesen Gründen also hat die MLPD ein differenziertes Verhältnis zu Stalin.

Für viel wichtiger halte ich allerdings, dass die MLPD wie keine andere Partei Erfolge und den Fehler beim ersten historischen Versuch, den Sozialismus aufzubauen, aufgearbeitet und daraus Schlussfolgerungen gezogen hat. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass der Sozialismus zerstört wird, wenn bei den Verantwortlichen im Staat eine kleinbürgerlich-egoistische Denkweise vordringt und Überhand nimmt. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, dass die Werktätigen selbst den Sozialismus zu ihrer Sache machen, ihr Bewusstsein dafür schärfen, Verantwortung übernehmen, ihn verteidigen und aufbauen. Dazu gehört, dass sie die Kontrolle über die verantwortlichen Führer organisieren müssen, sich dazu die entsprechenden Instrumente schaffen. Die MLPD hat bereits heute daraus die Schlussfolgerung gezogen und ein System der Selbstkontrolle entwickelt, um mit dem (im Kapitalismus unvermeidlichen) Einfluss der kleinbürgerlichen Denkweise fertig zu werden. Denn das ist kein Problem „wenn Ihr mal dran seid“ (wie es oft als Argument kommt) – sondern eine grundlegende Frage. An der Entwicklung der Grünen von einer Protestpartei zur staatstragenden Regierungspartei kann man das ebenso nachvollziehen wie am „Abheben“ mancher Betriebsräte...