Hubert Mohs
BüSo
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Frage von Traugott K. •

Frage an Hubert Mohs von Traugott K. bezüglich Verkehr

Als Bahnkunde blicke ich besorgt auf das Projekt Stuttgart 21, dass einen leistungsfähigen Kopfbahnhof durch einen Tunnelbahnhof ersetzt, der theoretisch von genauso vielen Zügen genutzt werden kann, wie der Kopfbahnhof heute hat, aber die Züge in ein Fahrplankorset zwingt, das weder gute Anschlüsse ermöglicht noch bei Verspätungen die Ersatzfahrplantrassen zeitnah bieten kann, ohne andere Zugläufe massiv zu beeinträchtigen.

In der Schweiz in Zürich hat man ebenfalls einen Tunnelbahnhof gebaut, aber nicht um den Kopfbahnhof zu ersetzen, sondern um das Zugaufkommen noch bewältigen zu können. Eine Verkehrswende verlangt deutlich mehr Züge, als es diese heute gibt. Ist es da wirklich noch zeitgemäß, den Kopfbahnhof abzuschaffen und nur auf den Tunnel zu setzen oder wäre es nicht auch in Stuttgart geboten, den Kopfbahnhof zu erhalten, so wie es das Konzept Umstieg 21 vorsieht? ( http://www.umstieg-21.de )

Zwar sieht dieses Konzept einen Verzicht auf den Tunnel vor, aber der Kopfbahnhof von Umstieg 21 wäre auch mit einem Tunnelbahnhof darunter umsetzbar.

Angesichts der höhengleichen Gleiskreuzungen im Tunnel wäre es sinnvoll, diesen mit weniger Zügen zu belasten. Der Tunnelbahnhof könnte zugunsten größerer Bahnsteige und besserer Fluchtwege auf 6 oder 4 Gleise reduziert werden. Ein klares Votum für den Kopfbahnhof würde sofort das Investionsverhalten der Bahn ändern und würde helfen, dass Stuttgart ein guter Knoten in einem bundesweiten Deutschland-Takt wird. Werden Sie im Bundestag diese Idee unterstützen, damit die Züge so durch Stuttgart fahren können, wie dies der Deutschlandtakt fordert und der Fahrplan nicht von Tunnelengpässen bestimmt wird?

Antwort von
BüSo

Sehr geehrter Herr K.,

Ihrer Anfrage entnehme ich eine große Sorge bezüglich des Projekts Stuttgart 21 und auch ein konstruktives Denken im Blick auf einen möglichst leistungsfähigen künftigen Bahnhof in Stuttgart. Ähnliche Absichten sind in einer ganzen Reihe von Alternativinitiativen zu sehen. Eine solche Herangehensweise ist sicher außerordentlich nützlich bei Planungen solcher Bedeutung. Leider haben sich die Fronten im Kampf um dieses Projekt in den letzten knapp 10 Jahren in einem fast unerträglichen Maße verhärtet. Die Totalopposition gegen S21, bei der selbst massive Sabotageakte mit Millionenschäden von der großen Mehrheit der S21-Gegner leichtfertig und wohlwollend unterstützt wurden, hat bei der Deutschen Bahn als Bauherrin die Bereitschaft zum Eingehen auf Alternativkonzepte weit gehend reduziert. Das bedaure auch ich.

Politiker, die die Verantwortung für die Zukunft unseres Landes und seiner Menschen ernsthaft wahrnehmen, dürfen sich von den Grabenkämpfen in dieser Sache nicht bestimmen lassen. Die grundsätzliche Verweigerung von Großprojekten, die in der Gegnerschaft zu S21 vor allem anderen maßgebend war und ist, ist eine schlechte Grundlage für unsere Zukunftsgestaltung. Wir brauchen in Gesellschaft und Politik dringend einen Geist der Kreativität und der engagierten Gestaltung für die nächsten 50 bis 100 Jahre, wobei die besten Ideen verwirklicht und nicht durch vorgestrige Ideologien ausgebremst werden. Wir brauchen den Geist der Zuversicht und der selbstverständlichen Mitmenschlichkeit wie zu den Zeiten, als Deutschland innerhalb weniger Jahrzehnte aus einem armen Agrarland in ein führendes Industrieland verwandelt wurde durch politischen Weitblick und den Fleiß seiner Bürgerinnen und Bürger. Es geht darum, dass das Gemeinwohl wieder zur ersten Priorität in der Politik erhoben wird.

In solchem Selbstverständnis können Projekte wie die Neugestaltung des Stuttgarter Bahnhofs auf der Grundlage modernster technischer Verfahren auch im 21. Jahrhundert optimal durchgeführt werden, so wie dies schon am Anfang des 20. Jahrhunderts beim Bau des Kopfbahnhofs geschehen ist. Dann muss nicht gefeilscht werden darum, ob 1 Milliarde Euro mehr oder weniger ausgegeben werden dürfen. Schließlich geht es um Investitionen für viele Jahrzehnte. Technische Details müssen von wirklichen Fachleuten entworfen werden. Wenn dann die Entscheidungen über grundsätzliche Alternativen von den Politikern im Sinne des Gemeinwohls getroffen werden, dann werden sich die Kosten in der Zukunft vielfach bezahlt machen. Dann muss auch nicht befürchtet werden, dass die künftige Leistungsfähigkeit der großen Investition nicht ausreicht.